Ein Kurzfilm für das Straßenmagazin soll über die Lebensrealitäten von Obdachlosen aufklären und zudem Werbung für die Bremer Zeitschrift machen. Der einminütige Spot ist auf der Homepage der "Zeitschrift der Straße" sowie in den sozialen Medien zu sehen. Studierende der Hochschule Bremerhaven haben den Spot in Eigenarbeit produziert.
An dem Projekt des Bachelor-Studiengangs Digitale Medienproduktion waren fünf Studierende beteiligt. Der Film entstand im Rahmen eines sozialen Projekts, das alle Studierende des Faches während ihres Studiums umsetzen müssen. Die fünf sind alle im dritten Semester und wollen sich auf Filme spezialisieren. "Die Teamarbeit war ziemlich entspannt. Wir haben alle zusammen die Story ausgearbeitet und waren auch alle beim Dreh mit dabei", sagt Felix Schulke, der zusammen mit Darlien Schürmann, Sebastian Mannchen, Leroy Bentley und Lennard Schmidt den Film produziert hat. "Wir haben das alles selbstständig durchgezogen: ein Konzept ausgearbeitet, professionelle Schauspieler organisiert, den Film produziert."
"Zeitung der Straße" als Auftragsgeber
"Die Zeitschrift der Straße" beauftragte die Studierenden mit dem Vorhaben und stellte ihnen ein Budget zur Verfügung. "Das war das erste Mal, dass ich einen ganzen Film selbst planen konnte, mit verhältnismäßig viel Geld. Und auch für einen Kunden zu arbeiten, der nicht die Hochschule direkt ist", freut sich Schulke über das entgegengebrachte Vertrauen. Dementsprechend motiviert gingen die Studierenden zu Werke. "Wir hatten viel, viel Arbeit vor dem Dreh. Für die Story sind schon viele Nachmittage draufgegangen."
Der Film wurde bereits im vorigen Winter innerhalb von über drei Monaten fertiggestellt. "Wir haben mit der Veröffentlichung ein dreiviertel Jahr gewartet wegen der Jahreszeit. Im Spot sind Winteraufnahmen zu sehen", erklärt Michael Vogel, Professor an der Hochschule Bremenhaven und Mitbegründer sowie Co-Leiter des Straßenmagazins. "Jedes Jahr gibt es einen Spot von uns, um mehr Leute zu erreichen."
Der Spot wird im Internet auch mit dem Ziel verbreitet, Menschen auf die Homepage der Obdachlosenzeitschrift aufmerksam zu machen. Seit 2011 wird die Zeitschrift auf Bremens Straßen von registrierten Straßenverkäufern verkauft. 2017 wurde sie mit dem Deutschen Bürgerpreis ausgezeichnet.
Spot sollte in Kinos gezeigt werden
Ursprünglich war angedacht, den Spot in die Kinos zu bringen. Dies scheiterte allerdings daran, dass ein Bremer Kino in dem Spot zu sehen ist und andere Kinos daraufhin einen Rückzieher machten. "Das war ein großes Problem während der Produktion. Da gab es Kommunikationsprobleme", sagt Schulke.
Für ihr Werk erhielten die Studierenden viele positiven Rückmeldungen von Dozierenden und der Zeitschrift. In dem Spot zieht ein Mann durch eine kalte und heruntergekommene Stadt. Es ist für ihn ein Kampf ums Überleben. Er irrt umher, um existenzielle Bedürfnisse zu stillen wie etwas zu Essen zu bekommen oder einen Schlafplatz zu finden. Am Ende stellt sich heraus, dass es sich dabei um einen Kinofilm handelt. Als die Besucher das Kino verlassen, steht derselbe Mann in der Nähe des Kinos und verkauft Exemplare der "Zeitschrift der Straße". Die Besucher des Films erkennen ihn nicht.
Führungen durchs Bremer Bahnhofviertel
Mit dem Spot will die Zeitschrift die Zuschauer dazu bringen, sich selbst in die Situation von Obdachlosen hineinzuversetzen. Zu diesem Zweck bietet das Obdachlosenmagazin seit Anfang 2017 auch Führungen durch das Bremer Bahnhofsviertel an. Die Gegend gilt als einer der Hotspots für Obdachlose in Bremen. Es gibt hier viele Treffpunkte und zudem zahlreiche Hilfsangebote. "Da ist Bremen vergleichsweise gut ausgestattet", meint Hochschulprofessor Vogel.
Die Führungen werden von jeweils einer ehrenamtlichen Person der Zeitschrift und einer ehemals wohnungslosen Person geleitet. "Die ehemaligen Wohnungslosen arbeiten inzwischen teilweise als Streetworker oder Hilfssozialarbeiter", erklärt Vogel.
Wichtig sei zu wissen, Wohnungslosigkeit und Obdachlosigkeit sind nicht das Gleiche. "Wohnungslose haben keinen festen Wohnsitz, wohnen aber trotzdem nicht ständig draußen." Einmal wurde eine Führung von angehenden Polizisten besucht. "Das ist natürlich toll, wenn zukünftige Polizisten diese Perspektiven einmal einnehmen", sagt Vogel. Ältere Menschen, die die ersten Führungen besuchten, taten sich zum Teil schwer, sich auf die neue Perspektive einzulassen und störten die Veranstaltungen. Nun werden die Führungen nur noch für Schüler- oder Studierendengruppen angeboten.
(Anmerkung der Redaktion: In einer frühen Version war Herr Vogel der Hochschule Bremen zugeordnet, das ist falsch. Er lehrt an der Hochschule Bremerhaven. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.)