Herr Kellner, Ihre Initiative nennt sich „Mobilitätsfrieden für alle Autofahrer, Fußgänger und Radfahrer“. Sind die drei Genannten denn im Krieg?
Klaus Kellner: Den Konflikt forciert eher die grüne Verkehrssenatorin gegen die Autobesitzer mit ihren Versuchen, von jetzt auf gleich mittels Zwangsmaßnahmen die Zahl der Parkplätze in den Wohnquartieren zu reduzieren. Vor allem, dass nun jeder, der aufgesetzt parkt, plötzlich illegal handeln soll, betrachten wir als unverhältnismäßig. Wo sollen die Leute denn parken? Wenn man das abschaffen möchte, muss man meines Erachtens auch Alternativen anbieten. Dafür zu sorgen, wäre die Aufgabe der Verkehrsbehörde, was aber konsequent ignoriert wird. Stattdessen gibt es die Botschaft der Grünen, man solle sein Auto abschaffen. Wir nennen das kalte Enteignung.
Aufgesetztes Parken verstieß an vielen Stellen schon immer gegen die Straßenverkehrsordnung. Das ist nicht plötzlich illegal geworden. Warum ist das so ein großes Problem?
Das aufgesetzte Parken wurde in der Vergangenheit nicht nur billigend toleriert, sondern durch die Art der Randbepflasterung der Bürgersteige sogar gefördert. Das plötzlich durch Verbote und die Mogelpackung Bewohnerparken zu verbieten, ist nicht klug gehandelt. Wir sagen ja gar nicht, dass man es nicht ändern kann, aber es muss eine jahrelange Übergangszeit geben, solange noch nicht genügend Alternativen vorhanden sind.
Was sind denn aus Ihrer Sicht mögliche Alternativen?
Mit dem entsprechenden Verkehrszeichen kann die Behörde das aufgesetzte Parken überall dort legalisieren, wo die Straßen breit genug sind. Wir halten außerdem Quartiersgaragen für eine gute Sache. Die Senatorin und Funktionäre aller Parteien sprechen viel über die Hürden für solche Garagen, hinsichtlich der Standorte und Investoren. Ich halte das für vorgeschoben. Es gibt Metallgaragen, die sich ohne großen Aufwand vergleichsweise schnell errichten lassen. Und wir haben doch einen Investor dafür: Die Brepark als städtische Gesellschaft. Dort ist die Verkehrssenatorin über ihren Staatsrat sogar im Vorsitz des Aufsichtsrats vertreten. Wenn man das wirklich will, kann man damit Lösungen für die Quartiere aufbauen. Am Dobben zwischen Ernst-Glässel-Straße und Eduard-Grunow-Straße gibt es sogar eine große städtische Fläche, auf der Platz für eine solche Hochgarage für den Bereich Mitte und der Östlichen Vorstadt wäre. Unten könnten Lasten- und normale Fahrräder abgestellt werden.
Es gibt viele Autofahrer, denen die Wege zwischen Quartiersgarage und der eigenen Wohnung zu weit sind. Würden diese Garagen ausreichend genutzt?
Ich meine, es ist eine üble Unterstellung, ständig zu behaupten, die Probleme rührten daher, weil jeder vor seiner Haustür parken will. Natürlich würde man das gerne, aber das funktioniert seit vielen Jahren nicht mehr. Ein paar Hundert Meter zwischen Wohnung und Parkplatz sind doch Alltag, schon ohne die Quartiersgaragen. Das wird man hinnehmen müssen, am Ende leben wir eben in der Stadt.
Ein Ziel des Senats ist eine autofreie Innenstadt und insgesamt weniger Raum für das Auto, ob nun fahrend oder stehend. Daraus resultieren ja die von Ihnen kritisierten Vorhaben. Stimmen Sie prinzipiell mit diesem Ziel überein und finden nur die gewählten Mittel falsch oder lehnen Sie das Ziel grundsätzlich ab?
Wir positionieren uns als Bürgerinitiative nicht zu diesem Thema. Es gibt von uns keine Stellungnahme zur autoarmen Innenstadt. Wir befassen uns derzeit punktuell mit der Frage, wo wir künftig etwa im Viertel, in Findorff oder in der Neustadt noch parken können. Dafür fordern wir Lösungen, die übrigens auch sozialverträglich sein müssen. Denn Quartiersgaragen werden den Menschen mit kleineren Einkommen nichts nützen, wenn ein Stellplatz dort über 50 Euro pro Monat kosten sollte. Daher auch die Forderung, dass hier kein privater Investor zum Zuge kommt, sondern die städtische Brepark.
Wer ist eigentlich „wir“ bei ihrer Initiative Mobilitätsfrieden?
Entstanden ist das Anfang 2020 aus der Facebook-Gruppe „Mobilitätsfrieden in Bremen“, die es weiterhin gibt. So haben sich Menschen zusammengefunden, die sich mit unterschiedlichen örtlichen Schwerpunkten in der Stadt parallel engagieren. Die Initiative “Mobilitätsfrieden für alle Autofahrer, Fußgänger und Radfahrer“ hat den Fokus auch auf die übrigen Verkehrsteilnehmer erweitert. Insgesamt erreichen wir ein Netzwerk von rund 2000 Personen.
Und daraus finden sich dann auch die Mitstreiter, die zum Beispiel Ihre Flugblätter verteilen?
Für die Verteilung in die Briefkästen im Frühsommer 2021 haben Mitstreiter und ergänzend eine Firma gesorgt. Die Flyer „Wo sollen wir parken?“ habe ich im Februar 2022 selber unter die Scheibenwischer Tausender Autos in der Östlichen Vorstadt geklemmt.
Und wer bezahlt das?
Druck und Verteilung habe ich privat finanziert. Anders als zum Beispiel der Verein Autofreier Stadtraum des grünen Bürgerschaftsabgeordneten Ralph Saxe, der 180.000 Euro als Spende von einer Stiftung erhalten hat.
Was fordern Sie denn konkret für Radfahrer und Fußgänger?
Es gibt Beispiele extrem schlechter Radwege in Bremen, denken Sie etwa an die Schubertstraße zwischen Wachmann- und Georg-Gröning-Straße in Schwachhausen. Ein Beispiel gefährlicher Verkehrslenkung zu Ungunsten der Radler ist die Horner Straße zwischen Bismarck- und Feldstraße. Dort geraten Auto- und Radfahrer stetig in Konflikte, sobald sie sich begegnen. Das haben die vorherigen Senatoren baulich verursacht, aber Frau Schaefer tut nichts dagegen. Wir sprechen uns außerdem für intelligent platzierte Radständer in engen Straßeneinmündungen aus, die das Parken verhindern, sodass Müllfahrzeuge oder Feuerwehren in den Wohnstraßen problemlos um die Ecken kommen.