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Ortsbegehung in Findorff Neue Parkzonen in Bremen: Bewohner sind skeptisch

Bei einer Ortsbegehung in Findorff erläutern die Planer der Verkehrssenatorin, was sie mit der Bewohnerparkzone vorhaben und wollen Anregungen aufnehmen. Die Betroffenen zeigen sich prinzipiell skeptisch.
19.03.2022, 20:46 Uhr
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Neue Parkzonen in Bremen: Bewohner sind skeptisch
Von Timo Thalmann

Thomas Kirpal verspätet sich um ein paar Minuten. "Sie haben wohl keinen Parkplatz gefunden", begrüßt Peter Albrecht den Referenten für strategische Verkehrsplanung aus dem Haus der Verkehrssenatorin Maike Schäfer (Grüne). Und damit ist Albrecht auch direkt im Thema: Die geplante Bewohnerparkregelung in Findorff und das damit verbundene Ende der bislang häufig geduldeten, aber laut Straßenverkehrsordnung (STVO) rechtswidrigen Praxis des aufgesetzten Parkens.

Das Thema regt ihn auf, denn der 82-Jährige sieht seine Altersversorgung dadurch bedroht. "Ich habe hier ein Mehrfamilienhaus mit vier Mietparteien. Da hätten die Ersten schon angekündigt, wegzuziehen, wenn das so kommt", sagt er. Was da "so kommt" hat Kirpal in Form eines Stapels Papier untern Arm. Es ist das amtliche Planwerk zum Bewohnerparken in Findorff.  Die senatorische Behörde hat zur Ortsbegehung direkt in das betroffene Areal eingeladen. Nicht nur Kirpal geht mit den Anwohnern ins Gespräch, rund ein Dutzend weitere Kollegen stehen an diesen Sonnabend an verschiedenen Stellen bereit, um die Vorstellungen der Planer zum Bewohnerparken zu erläutern. Fast 200 Leute nutzen über den Tag die Gelegenheit.

Rund 4000 Haushalte betroffen

Es geht dabei um rund 4000 Haushalte zwischen Plantage, Findorffstraße, Eickedorfer Straße und Hemmstraße. Knapp 38 Hektar umfasst das Viereck. Doch gekommen sind auch Anlieger aus der Neustadt und Schwachhausen, denn Bewohnerparken ist in ganz Bremen ein Thema. Vor knapp zwei Jahren hat das Projekt Sunrise im Viertel den Startschuss der Entwicklung markiert, nun ist Findorff dran. Das Prinzip ist stets gleich: Wo eine Bewohnerparkregelung gilt, erhalten nur noch Anwohner gegen eine Jahresgebühr eine Parkberechtigung für ihren Wagen. Fremdparker müssen an aufgestellten Automaten ein Ticket ziehen. Statt aufgesetztem Parken in jeder Seitenstraße werden zudem offizielle Parkstreifen ausgewiesen.

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Das passt zu einem kürzlich ergangenen Urteil das Bremer Verwaltungsgerichts, das die Behörde verpflichtet, gegen das aufgesetzte Parken aktiver zu werden. Allerdings liegt die Sache jetzt bei der nächsten Instanz, weswegen ein Anwohner wissen will, auf welcher rechtlichen Grundlage Kirpal jetzt eigentlich gegen das aufgesetzte Parken plant. "Die Grundlage ist natürlich die vorhandene Straßenbreite" sagt der Experte.

Praktischerweise hat der Ortstermin die rund 30 Besucher gerade zur relativ schmalen Seeberger Straße geführt. Knapp fünf Meter Fahrbahn steht den Autos in dieser Einbahnstraße zur Verfügung, obwohl die Bürgersteige nicht mal durchgehend die geforderte Mindestbreite von 1,80 Meter haben. Aktuell verbleiben aber nur gut drei Meter zum Durchfahren, denn an beiden Seiten reihen sich die Autos auf, halb auf der Fahrbahn, halb auf dem Bürgersteig. "Die Bürgersteige blieben frei, auf einer Seite kann geparkt werden", sagt Kirpal.

Parkdruck durch auswärtige Pendler

Mit der Situation vor Augen wird die Konsequenz deutlich: Bislang tolerierter Parkraum verschwindet. In Findorff soll es am Ende noch 1300 Parkplätze geben. Angemeldet haben die 4000 Haushalte in dem Areal aber 1900 Fahrzeuge. "Das geht doch nicht auf, dafür kann man doch keine Gebühr verlangen", moniert ein Teilnehmer. Doch dass es beim Bewohnerparken weniger Plätze gibt, als Autos und die Gebühr zudem keine Garantie auf einen Parkplatz bedeute, sei deutschlandweit so, führt Kirpal aus. "Es gibt außerdem rund 200 private Garagen in diesem Gebiet, die offenbar nicht alle fürs Auto genutzt werden und es sind ja auch nie alle gleichzeitig da." Eine nächtliche Zählung habe in dem Gebiet mal 1700 abgestellte Fahrzeuge ergeben, wovon viele aber kein Bremer Kennzeichen trügen. "Die dürften dann später keinen Bewohnerparkschein haben."

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Jens Tittmann, Sprecher der Umweltsenatorin, bewertet diese Parkenden von auswärts sogar als zentrales Problem. "Das betrifft alle innenstadtnahen Wohnquartiere", sagt er. In zahlreichen Bestandsaufnahmen habe sich dieses wiederkehrende Bild gezeigt: Auto-Einpendler nutzten die Quartiere als kostenlose Parkzone, um von dort per Kurzstreckenticket ihren Arbeitsplatz in der Innenstadt zu erreichen. "Das Bewohnerparken verhindert genau das", sagt Tittmann. In der Neustadt wird Bewohnerparken deswegen vom Beirat gefordert. Tittman führt außerdem das Gebiet um die Wachmannstraße als gelungenes Beispiel an. Weder Gewerbe noch Handel und Dienstleister seien verschwunden, seitdem das Areal schon vor Jahren zur Bewohnerparkzone wurde. "Dafür aber die auswärtigen Parker."

Quartiersgarage wird schwierig

Die Findorffer bei der Ortsbegehung sehen das skeptisch. Auswärtige Kennzeichen, das seien ja häufig Firmenfahrzeuge, wo die Fahrer trotzdem hier wohnten, ist ein wiederkehrender Einwand. Auch vor Ort wohnende Studenten, deren Auto auf die auswärts lebenden Eltern angemeldet seien, werden angeführt.

"Was ist eigentlich mit diesen Quartiergaragen? Wird da was passieren?", will schließlich jemand wissen. Kirpal erläutert die Schwierigkeiten, geeignete Plätze und Investoren zu finden. Man führe Gespräche über eine Möglichkeit in der Plantage, ganz am Rand des Gebiets. Aber er warnt vor Illusionen hinsichtlich der Kosten. "Da bedeutet ein Stellplatz schnell Gebühren von 600 bis 1000 Euro pro Jahr gegenüber aktuell 30 Euro fürs Bewohnerparken." Dafür sei der Parkplatz dann natürlich sicher vorhanden. "Aber zu weit weg",  erregt sich eine Dame. Das sei ja eine Viertelstunde Fußweg nach Hause. "Nachts, allein, als Frau, das ist ja unzumutbar."

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