Das zunehmende Leid der Tiere macht auch den Beschäftigten des Lebensmittelüberwachungs-, Tierschutz- und Veterinärdienstes des Landes (LMTVET) zu schaffen. Und immer häufiger werden sie von aggressiven Haltern oder Halterinnen angegangen. Das geht aus dem Jahresbericht 2023 der Senatorin für Verbraucherschutz hervor, der an diesem Dienstag in der Deputation vorgestellt werden soll. Dass sich die personelle Situation seit Jahren „nicht wesentlich verändert“ habe und das Budget „nicht auskömmlich“ sei, sorge zusätzlich für „große Frustration“.
Dabei ist der Dienst Opfer seiner erfolgreichen Arbeit: „Mit einer größeren Bekanntheit der Dienststelle in der Bevölkerung und nicht zuletzt einer vermehrten Tierhaltung“ sei zu erkennen, dass auch die „daraus resultierenden Kontrollen und Maßnahmen zunehmen“, steht im Kapitel „Tierschutz im Heimtierbereich und in landwirtschaftlichen Betrieben“. Der Bereich privater Tierhaltungen bildete 2023 wie in den Vorjahren den Großteil der „Tierschutzarbeit“ im LMTVET.
Während die Kontrollen nicht beziffert werden, sind die Sanktionen aufgezählt: 31 Katzen, 24 Hunde, drei Kaninchen und 17 Vögel, insgesamt 75 Tiere, wurden ihren Halterinnen und Haltern wegen nicht artgerechter Haltung fortgenommen, im Jahr waren es 22 Fälle. In 16 Fällen (13 im Jahr zuvor) wurden demnach Tierhaltungs- und Betreuungsverbote ausgesprochen, „die diverse Tierarten betrafen“. 79 Ordnungswidrigkeitenverfahren (53) und 59 (25) Strafverfahren wurden eingeleitet.
Keine Besserung in Sicht
Als „beispielhafte Eindrücke“ enthält der Bericht Fotos von verdreckten Wohnungen mit Katzen und von viel zu engen Sittich- und Hühnerkäfigen. Dabei will die Behörde sich nicht in Details ergehen. Viele Fälle glichen denen von vor zehn Jahren: „Tatsächlich wiederholen sich die vorgefundenen tierschutzwidrigen Umstände, ohne dass eine grundsätzliche Verbesserung erkennbar wäre.“ Der Bericht vergleicht die Arbeit des LMTVET mit Feuerwehr- und Polizeieinsätzen: Sobald ein tierschutzrelevanter Hinweis eingehe, werde dem ausnahmslos nachgegangen. Das bedeute Außendienst, bei dem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Tiere in Not und Menschen in sozialen Krisen erleben. All das sei sehr belastend.
Als „Vollzugsbehörde zur Durchsetzung des Tierschutzrechts“ kontrolliert die Behörde unter anderem Tierzuchten, Zoofachgeschäfte, Reitbetriebe und in Privathaushalten anlassbezogen. Außerdem werden zum Beispiel Tiertransporte, Versuchstiereinrichtungen und die Betäubung der Tiere vor ihrer Schlachtung überprüft. „Generell stellen wir bei unseren Kontrollen eine zunehmende Konflikt- und Gewaltbereitschaft fest“, sagt die Amtsleiterin des LMTVET, Kirstin Haunhorst. Wenn etwa der Tierschutzdienst Tiere in Obhut nehmen müsse, „werden wir in einigen Fällen von der Polizei begleitet, da Handgreiflichkeiten nicht auszuschließen sind“.
Sibylle Wenzel, Bremens Landestierschutzbeauftragte, begrüßt, wenn die Sicherheit bei Kontrollen erhöht wird: „Statistiken zeigen, dass eine selektive Gewaltbereitschaft eher selten ist. Ich möchte mir nicht ausmalen, welches Maß an Gewalt dann hinter verschlossenen Türen herrscht – im Zweifel gegenüber allen, die schwächer sind.“ Wenzels Aufgabe besteht darin, tierschutzpolitische Themen auf Landes- und Bundesebene zu bearbeiten und die Senatsverwaltung sowie das LMTVET zu beraten.
Schon zum Tierschutzbericht 2022 hatte Sibylle Wenzel klargemacht, dass es aus ihrer Sicht „kein Grundrecht auf Tierhaltung“ gebe. Der LMTVET bezieht in seinem aktuellen Report ebenfalls klare Position: Es bedürfe „dringend einer anderen Zugangsregelung von Menschen zu Tieren“, heißt es dort. „Es darf nicht mehr möglich sein, sich ein Lebewesen wie andere Gegenstände einfach anzuschaffen.“ Es sei wichtig zu wissen, wie ein Tier gehalten und versorgt werden müsse.
Die beiden Tierheime im Lande seien „ständig ausgelastet, weil die von ihren Besitzern leichtfertig angeschafften und nun nicht mehr gewollten Tiere abgegeben, ausgesetzt“ oder als vermeintliche Fundtiere dort vorgestellt würden. Bei amtlichen Fortnahmen von Tieren sei das LMTVET auf Tierheimplätze als Unterkünfte angewiesen. Dass diese Möglichkeit früher eher bestand, habe auch am guten Willen der Einrichtungsleitungen gelegen. Unterbringungsverträge gebe es derzeit nicht – aufgrund zu geringen Budgets sei das „auch nicht ohne Weiteres möglich“. Auch das belastet die Beschäftigten der Dienststelle: Tiere, die Schutz brauchen, finden so leicht keine Bleibe.