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Saisonstart an Badeseen Achtung Abbruchkante: Die unterschätzte Gefahr

Nicht einmal mehr die Hälfte aller Kinder und Jugendlichen gelten als sichere Schwimmer. Was das zum Start der Saison an den Badeseen heißt, hat uns ein Rettungsschwimmer erzählt.
20.05.2022, 08:00 Uhr
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Achtung Abbruchkante: Die unterschätzte Gefahr
Von Marc Hagedorn

Auf die Kinder, sagt Philipp Postulka, vor allem auf die Kinder und auf die Jugendlichen würden sie schauen. Denn immer weniger von ihnen können heute sicher schwimmen, und das kann gefährlich werden dort, wo Postulka und seine Mitstreiter im Einsatz sind. Der 28-Jährige arbeitet seit 13 Jahren für die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft, die DLRG. Jede Saison tun er und Dutzende von ehrenamtlichen Helfern von Mitte Mai bis Mitte September Dienst auf den Rettungswachen an den Bremer Badeseen. Und es ist immer was zu tun. Es vergeht keine Saison ohne Unfall. Im vergangenen Jahr starben drei Menschen in Bremer Badeseen.

„Ein See ist kein Freibad, sondern ein Naturgewässer“, sagt Postulka. Soll heißen: Ein See hält Gefahren bereit, die es im Freibad nicht gibt. Zum Beispiel Abbruchkanten unter Wasser. „Jeder Badesee in Bremen hat sie“, sagt Postulka. Mehrere Meter weit können die Menschen ins Wasser hineingehen, bis zur Hüfte reicht ihnen das Wasser. Und dann plötzlich: kommt die Abbruchkante. „Dann geht es von einem Schritt auf den nächsten sechs, sieben, acht Meter nach unten in die Tiefe“, sagt Postulka. Für Nichtschwimmer eine tödliche Gefahr.

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Ebenfalls nicht zu unterschätzen: wenn Schwimmer sich überschätzen. Vor allem wenn Jugendliche in Gruppen unterwegs seien, komme dies immer wieder vor. „Dann will man zeigen, dass man mutig ist“, sagt Postulka, „mag nicht zugeben, dass man nicht gut schwimmen kann, schwimmt aber trotzdem raus auf den See zur Badeplattform. Und schneller als man denkt, ist man erschöpft.“

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Postulka erzählt das alles nicht, weil er den Menschen den Spaß am Baden im See nehmen will. Im Gegenteil: Er und die rund 300 ehrenamtlichen Mitarbeiter der DLRG wollen dafür sorgen, dass der Badespaß ein sicheres Vergnügen wird. Dafür opfern sie ihre Freizeit. Aber zur Wahrheit gehört eben auch, dass nach Experteneinschätzung nicht einmal mehr jedes zweite Kind heute sicher schwimmen kann. Und dafür ist mehr als das Seepferdchen nötig, das Postulka ein „Wassergewöhnungsabzeichen“ nennt. Ziel sollte für jeden Menschen der Freischwimmer sein.

Corona hat es den Rettungsschwimmern nicht leichter gemacht. In den Schulen fiel wochenlang der Sportunterricht aus, Bäder blieben monatelang geschlossen, Schwimmkurse fanden nicht statt. Die Bremer DLRG, sagt Postulka, sei vergleichsweise gut durch die Pandemie gekommen. Die Zahl der aktiven Mitglieder ist konstant geblieben. „Wir sind vorbereitet auf den Saisonstart“, sagt Postulka. Er hofft, dass dies auch für die Badegäste gilt. Die Nichtschwimmer-Ausbildung habe die DLRG jedenfalls forciert und so viele Seepferdchen- und Bronze-Kurse wie möglich angeboten.

Klar ist für Postulka aber auch: „Schwimmen zu lernen, ist ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag.“ Vor allem die Eltern sieht er in der Pflicht. Das gilt auch beim Besuch am Badesee. Er erlebt das Saison für Saison: Eltern suchen ihre Kinder, Kinder suchen ihre Eltern. In der Regel geht es gut aus. Trotzdem appelliert Postulka: „Liebe Eltern, passen Sie auf Ihre Kinder auf.“

Zur Sache

Spielverderber Blaualgen

Sie trüben buchstäblich das Badevergnügen: Blaualgen. Es gab sie in der Vergangenheit schon im Mahndorfer See, im Waller Feldmarksee oder dem Sodenmattsee. Im Stadtwaldsee, auch Unisee genannt, sprach das Umweltressort 2020 für fast die komplette Badesaison eine Warnung aus, und auch 2021 hatte der Unisee mit Blaualgen zu kämpfen. Das Projekt Stadtwaldsee geht dem Phänomen jetzt nach. Ende 2022/Anfang 2023 soll ein aussagekräftiges Gutachten vorliegen.

Für die jetzt beginnende Saison sieht es recht gut aus. Derzeit sind im Unisee noch keine Blaualgen nachgewiesen worden. Allerdings ist – genau wie im Mahndorfer See – bei den ersten Messungen dieses Jahres ein erhöhter pH-Wert festgestellt worden. „Erhöhte pH-Werte treten meist mit massiven Algenblüten auf“, heißt es aus dem Umweltressort, „bei Personen mit empfindlicher Haut könnte es vereinzelt zu Hautreizungen kommen.“ Ein Badeverbot ist das zwar nicht, aber ein ernst zu nehmender Hinweis.

Bis Saisonende im September wird die Wasserqualität in allen Bremer Seen im monatlichen Rhythmus überprüft. Die Wassertemperatur wird wöchentlich gemessen. Im Grambker Seebad waren zunächst Blaualgen nachgewiesen worden, bei einer erneuten Probe Anfang der Woche aber nicht mehr.

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