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Ukraine-Flüchtlinge Prognosen für Bremen bereits erreicht

Über 3500 Flüchtlinge aus der Ukraine sind in Bremen eingetroffen und der Zuzug dürfte anhalten. Das Sozialressort kalkuliert wie 2015 wieder mit Unterbringungen in Turnhallen und Festzelten.
17.03.2022, 19:07 Uhr
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Prognosen für Bremen bereits erreicht
Von Timo Thalmann

Es ist nur ein Detail, aber es illustriert die aktuellen Herausforderungen: Um den zahlreichen Flüchtlingen aus der Ukraine medizinische Behandlung zukommen zu lassen, gibt die Sozialbehörde derzeit Notfall-Krankenscheine aus. Möglichst schnell soll ihnen aber auch eine Gesundheitskarte ausgestellt werden. Dabei allerdings haben die Krankenkassen ein praktisches Problem signalisiert: Mutmaßlich ab Mai dürften ihnen angesichts der hohen Nachfrage die Chips für die Karten ausgehen. Und weiterer Nachschub ist derzeit fraglich.

"Das werden wir demnächst noch an vielen Stellen erleben", kommentierte Senatorin Anja Stahmann (Grüne) diesen Umstand in der jüngsten Sitzung der Sozialdeputation. "Auch Matratzen, Dixi-Klos und vieles andere wird alsbald wieder Mangelware", schätzt sie. Der Flüchtlingsstrom aus der Ukraine ins übrige Europa befördert die Nachfrage solcher Güter, der Krieg schlägt zugleich Lücken in die europäische Versorgung insgesamt. "Die Ukraine war ein wichtiger Produzent für viele Waren und viele Ukrainer haben als Lkw-Fahrer und Seeleute in ganz Europa für den Warentransport gesorgt."

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Bislang sind nach der neuesten Bestandsaufnahme des Sozialressorts mehr als 3500 Menschen aus der Ukraine nach Bremen geflüchtet, davon etwa 700 nach Bremerhaven. Ein Ende sei nicht abzusehen. Die anfängliche Prognose von 3800 für das Land Bremen dürfte damit bereits kommende Woche übertroffen werden. Fast 1400 Flüchtlinge sind in den Messehallen 6 und 7 in der Bürgerweide sowie in den Gemeinschaftsunterkünften der zentralen Landesaufnahmestelle untergebracht, davon knapp 40 Prozent Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Zu zwei Dritteln sind es Frauen und Mädchen.

Bremen erweist sich laut Stahmann als beliebter Anlaufpunkt für die Flüchtlinge. Laut ihr dürfte das unter anderem an der großen Gemeinde von etwa 2600 ukrainischen Staatsangehörigen liegen, die sich dauerhaft in Bremen niedergelassen haben. Auch die anderen beiden Stadtstaaten, Berlin und Hamburg, erlebten überdurchschnittlich hohe Zahlen. "Wir drängen gemeinsam natürlich darauf, dass der Bund eine Verteilung organisiert, die die Flächenländer ebenfalls in die Pflicht nimmt." 

Stahmann geht gleichwohl von einem weiteren stetigen Zuzug nach Bremen aus, der ihr Ressort wie zuletzt 2015 vor erhebliche Herausforderungen stelle, zumal nicht damit zu rechnen sei, dass die Geflüchteten schnell wieder in ihre Heimat zurückkehren können. 

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Ihr Bericht in der Sozialdeputation machte deutlich, dass demnächst zumindest zeitweise auch wieder mit Unterbringungen in Turn- und Leichtbauhallen zu rechnen sei. "Wir führen derzeit die Gespräche mit den Schulträgern und den Sportvereinen sowie mit Schaustellern über die Umwidmung von Festzelten." Die Wohnraumvermittlung der Arbeiterwohlfahrt sei ebenfalls personell aufgestockt worden.

Als erleichternden Umstand verbucht die Senatorin den Rechtsrahmen für die Ukraine-Flüchtlinge: Sie müssen nicht in ein Asylverfahren. Das dürfte eine schnelle Integration erleichtern. "Wir wollen ja, dass die Menschen schnell in die Lage kommen, sich selbst zu versorgen, eine Wohnung und eine Arbeit zu finden." Die Erfahrungen von 2015 seien ebenfalls nützlich. "Wir wissen von Anfang an, wie wichtig eine gute Verknüpfung von behördlicher Arbeit mit dem breiten zivilgesellschaftlichem Engagement ist." Zu den Erschwernissen dieser Flüchtlingswelle zählte sie, dass die Bundeswehr aufgrund der Sicherheitslage diesmal keine Amtshilfe leisten könne.

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