Die Universität Bremen hat ein neues Strategiekonzept für die kommenden zehn Jahre verabschiedet. In dem knapp 40-Seiten-starken-Papier beschreibt die Uni zahlreiche Vorhaben, um in Europa eine führende Forschungseinrichtung zu werden. Unter anderem sollen dafür in der nächsten Dekade mehr internationale Studierende an Bremen gebunden und die Perspektiven für Wissenschaftler verbessert werden. Außerdem werden Gebäude der Universität aufwendig saniert und erweitert, kündigt Uni-Rektor Bernd Scholz-Reiter im Interview mit dem WESER-KURIER an.
Für die Universität ist das Papier in der Geschichte der Bildungseinrichtung einmalig. Bisher hätte jeder Fachbereich Strategien für einzelne Themenschwerpunkte entwickelt. "Wir wollten das Ganze nun in einen größeren Zusammenhang stellen", sagt Scholz-Reiter. Dem neuen Maßnahmenpaket ging ein eineinhalbjähriger Entwicklungsprozess voraus. Im Sommer 2017 waren alle etwa 20 000 Studierenden und 3500 Beschäftigten dazu aufgerufen, den Entwurf online zu kommentieren. Der Akademische Senat der Universität hat die Strategie im Dezember 2017 verabschiedet.
Einige Maßnahmen sind bereits beschlossene Sache, andere sollen in den kommenden Monaten auf den Weg gebracht werden. So werden demnächst mehrere Juniorprofessuren ausgeschrieben. Langfristig will die Universität den Anteil an internationalen Studierenden ausbauen, um Fachkräfte für Bremen zu gewinnen. Um ihnen den Start zu erleichtern, sollen mehrere Bachelorstudiengänge in den ersten Semestern komplett auf Englisch umgestellt werden.
Mit dem Papier will die Universität auch eine künftige Argumentationsgrundlage gegenüber der Stadt haben, kündigt Scholz-Reiter an. Teil der Strategie sei es unter anderem, sich in sieben Jahren um den verlorenen Exzellenztitel zu bewerben. Dafür wird die Universität vor allem an Struktur- und Finanzfragen arbeiten müssen. Inhaltlich habe die Deutsche Forschungsgesellschaft laut Rektor nur wenig an den eingereichten Anträgen zu bemängeln gehabt. Wie berichtet, dürften die Meinungen der Stadt und der Universität in der Finanzierungsfrage allerdings auseinander gehen.
Universität will sich zur Innenstadt hin öffnen
Das Rektorat hatte mehr als 20 Millionen Euro pro Jahr verlangt. "Details dazu werden wir in einigen Wochen im Wissenschaftsausschuss besprechen", sagt Scholz-Reiter. Wie wichtig der Exzellenztitel für die Universität ist, macht auch die Handelskammer deutlich. "Es gilt dabei nach vorne zu sehen und die erfolgversprechenden Schwerpunktcluster weiter zu entwickeln – etwa im Bereich der Material- und Ingenieurwissenschaften, Informatik oder auch Sozialwissenschaften", sagt Frank Thoss, der bei der Handelskammer den Bereich Innovation verantwortet.
Trotz der gescheiterten Exzellenz stehe die Universität aktuell so gut wie noch nie da, so der Rektor. Nur die vorhandenen Räume werden immer knapper. "Die Mietkosten gehen auf Kosten der Lehre und der Forschung", sagt Scholz-Reiter. Langfristig wolle man deshalb bestehende Gebäude sanieren und erweitern. Im Zuge der von Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) einberufenen Zukunftskommission spiele man zudem mit dem Gedanken, die Uni in Richtung Innenstadt zu öffnen.
Auch das Thema Digitalisierung wird im Zukunftsprozess eine Rolle spielen. Dabei wird es unter anderem um neuartige Prüfungsformen und Vorlesungen am Computer gehen. "Wenn wir das umsetzen wollen, dann müssen gewisse Voraussetzungen und Ressourcen geschaffen werden", so Scholz-Reiter weiter. Wissenschaftssenatorin Eva Quante-Brandt (SPD) gibt sich optimistisch: "Das ist auch dem Land ein wichtiges Anliegen. Wir wollen das durch unsere Wissenschaftsplanung 2025, aber auch im Rahmen von Bund-Länder-Programmen voranbringen."
Neben der Handelskammer begrüßt auch die Bremer Arbeitnehmerkammer die Zukunftsbemühungen der Universität: "Von den Universitäten und Hochschulen gehen entscheidende Impulse für die regionale Wirtschaft aus. Eine zukunftsfähige Wirtschaft wird mehr und mehr auf benachbarte Forschung angewiesen sein – das zeigen schon heute die für Bremen wichtigen Branchen der Informationstechnologie, der Logistik oder der Luft- und Raumfahrt", sagt Hauptgeschäftsführer Ingo Schierenbeck. Auch der Verein der Unifreunde unterstützt die Bestrebungen: "Die Wissenschaft wird für Bremens Zukunft immer wichtiger. Dementsprechend muss sie auch unterstützt werden", so der Vorsitzende, Bengt Beutler.