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Rolle der Privaten beim Betreuungsausbau Unternehmer bauen jede zweite Kita in Bremen

Zunächst gab es durchaus Skepsis in Bremen, ob es der richtige Weg sei, dass private Bauherren Kitas errichten. Inzwischen ist das gängiger Alltag in der Stadt. Er bietet offenbar Vorteile für beide Seiten.
18.02.2020, 06:20 Uhr
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Unternehmer bauen jede zweite Kita in Bremen
Von Sara Sundermann

Anfangs war das Thema auch in der Bremer Landesregierung nicht unumstritten: Sollen Investoren Kitas für die Stadt bauen und diese von freien Trägern betreiben lassen? Und wenn ja, in welchem Umfang? Inzwischen gibt es eine beträchtliche Anzahl von Kitas, die von Unternehmern errichtet wurden. Von 31 Krippen und Kindergärten, die seit Mitte 2016 in Bremen entstanden seien, sei etwa die Hälfte von Investoren gebaut worden und die andere Hälfte von der Stadt, sagt Annette Kemp, Sprecherin der Bildungsbehörde.

Weitere 55 neue Kitas sind der Behörde zufolge in Bremen insgesamt bereits in Planung oder im Bau. Und auch von diesen Einrichtungen werde etwa jede zweite von einem privaten Investor gebaut. Zuletzt sind der Behörde zufolge zwölf von Investoren realisierte Standorte in Betrieb gegangen, dazu gehören zum Beispiel die Kitas Hafenpassage, Blauhaus, Pusteblume und Glühwürmchen.

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„Insgesamt steht der Kita-Ausbau damit auf zwei großen Säulen“, sagt Kemp, „den städtischen Eigenbauten sowie den Investorenmodellen.“ Im Bildungsressort betrachte man die Kooperation mit Unternehmern insgesamt als „ein Erfolgsmodell“, weil dadurch viele Kitas entstanden seien, so die Sprecherin. Und dennoch sind es noch immer nicht genug – zuletzt fehlten mindestens 1060 Betreuungsplätze.

Ein Flyer für die Unternehmer

2016 wurde von Bremen ein Verfahren entwickelt, wie Unternehmer die Stadt beim Ausbau unterstützen können. Inzwischen wirbt Behörde schon länger auf einem Flyer um Investoren und informiert, wie Unternehmer sich einbringen können: Indem sie ein privates Grundstück für den Bau einer Kita anbieten, bestehende Gebäude für die Kinderbetreuung zur Verfügung stellen oder indem sie – gemeinsam mit einem Träger – der Stadt vorschlagen, eine Kita zu bauen.

Die letzte der drei Varianten wurde am häufigsten umgesetzt. Dieses Modell, das auch als Investorenmodell bezeichnet wird, bietet für beide Seiten potenziell Vorteile: „Für uns ist das attraktiv, weil die Stadt nicht alle Kitas selber bauen muss“, sagt Behördensprecherin Kemp. Ohne von privaten Bauherren errichtete Kitas müsste Bremen noch viel mehr Baustellen gleichzeitig vorantreiben – und auch so schon kam Immobilien Bremen in der Vergangenheit kaum hinterher. Ein möglicher Nachteil für die Stadt ist dagegen: Wenn Bremen auf Kitas von privaten Eigentümern setzt, muss die Stadt dauerhaft Miete zahlen: „Das ist auf lange Sicht finanziell nicht ganz so günstig“, sagt Kemp. In den einzelnen Jahren sei es für Bremen aber vorteilhaft, dass nur Mietkosten und nicht auf einen Schlag hohe Baukosten anfallen und den knappen Bremer Haushalt noch mehr belasten.

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Für Unternehmer dagegen ist der Bau von Kitas interessant, weil sie in der Regel sehr zuverlässige Mieter bekommen. Der Kita-Träger mietet die Gebäude, die Stadt kommt für die Mietkosten auf, die laut Bildungsressort meist je nach Lage der Kita im Stadtgebiet zwischen elf und 16 Euro pro Quadratmeter liegen. Hinzu kommen langfristige Mietverträge: Gemietet werden Kita-Gebäude in Bremen in der Regel für 15 bis 20 Jahre – für Vermieter eine sichere, langfristige Investition.

Der Kita-Ausbau wurde in Bremen zuletzt nicht nur von einigen wenigen Unternehmern, sondern von einer ganzen Reihe von Firmen geschultert: Lokale Bauunternehmen und überregionale Investoren beteiligten sich daran. Das Spektrum reicht von Justus Grosse über die Rhein Group bis zu Kidinvest. Eine Firma, die zuletzt gleich vier Kitas hochzog und den Bau einer weiteren plant, ist das Bremer Familienunternehmen Dawedeit Immobilien. „Es ist gut, als Mieter nur einen festen Ansprechpartner zu haben, nämlich den Kita-Träger“, beschreibt Marius Dawedeit die Motivation, verstärkt Kitas zu bauen. Mit der Zusammenarbeit mit den Bremer Behörden ist er relativ zufrieden: „Die Ansprechpartner bei der Stadt sind verlässliche Ansprechpartner, das geht ganz gut. Allerdings braucht es beim Bau von Kitas Zeit, bis alles genehmigt ist.“ Von der ersten Idee bis zum Baubeginn könne schon mal ein halbes bis dreiviertel Jahr vergehen.

Veränderte Haltung

Auch Arnold Knigge, Sprecher einer Bremer Arbeitsgemeinschaft mehrerer großer Wohlfahrtsverbände, äußert sich inzwischen positiv über die Beteiligung von Privaten am Kita-Ausbau. Knigge hatte in der Vergangenheit immer wieder die Behörde bei diesem Thema kritisiert. „Die Haltung in der Bremer Politik zur Kooperation mit Unternehmern hat sich stark verändert, anfangs waren da einige sehr skeptisch“, sagt Knigge. „Aber die Bildungssenatorin und der Bürgermeister unterstützen diese Modelle voll, inzwischen ist es so, dass wir regelrecht gedrängt und gebeten werden, noch mehr Kitas zu bauen.“ Bremen habe offenbar gelernt, dass man so schneller beim Ausbau vorankomme.

Knigge war 2015 mit den Wohlfahrtsverbänden und dem Bremer Bau-Unternehmer Klaus Hübotter an die Presse getreten und hatte sich für das Investorenmodell eingesetzt. Damals kündigte Hübotter an, er wolle der Stadt Bremen 20 Kitas bauen. Doch dazu kam es nicht. Heute, fünf Jahre später, sind nur zwei Bremer Kitas von der Hübotter Group gebaut worden, eine dritte könnte in Gröpelingen entstehen. Drei statt 20 – was wurde aus den großen Plänen? Das Problem sei gewesen, dass Hübotter Kitas auf Grundstücken bauen wollte, die ihm von der Stadt zugewiesen werden, sagt Knigge. Doch die Prüfung solcher Flächen durch die Stadt sei nur langsam vorangekommen, es habe an Grundstücken gemangelt. Andere Unternehmer, die mit eigenen Flächen an die Behörde herantraten, seien eher zum Zug gekommen, so Knigge.

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Das bestätigt Reiner Schümer, Geschäftsführer der Hübotter-Gruppe, im Grundsatz: „Das Problem ist, dass der Grundstücksmarkt sehr angespannt ist; es ist schwer, ein ausreichend großes Grundstück für den Bau einer Kita zu finden“, sagt er. Schümer zeigt sich nicht enttäuscht, dass seine Firma deutlich weniger Kitas baute als erhofft: „Wir haben gut zu tun, es wird derzeit generell viel gebaut, da muss man aufpassen, dass man nicht zu viel macht.“ Die Hübotter-Gruppe baut Schümer zufolge derzeit zum Beispiel drei Werkhallen für die Hochschule für Künste, arbeitet an einer Hotelerweiterung und baut ein altes Gutshaus um.

Schümer beschreibt aber auch, dass es bei der Zusammenarbeit mit der Stadt in der Vergangenheit Probleme gab – jedenfalls, als die Hübotter-Gruppe sich darum beworben habe, eine Kita auf einem von der Stadt ausgewiesenen Grundstück zu bauen. „Die Rahmenbedingungen der Stadt waren nicht klar, uns fehlten zum Beispiel Informationen zum Baugrund und dazu, welche Energiestandards die Stadt für die Kita-Gebäude will“, beschreibt Schümer. Danach habe die Hübotter-Gruppe entschieden, sich nicht mehr auf Ausschreibungen für Kitas auf öffentlichem Grund zu bewerben. Selbst geeignete Flächen zu erwerben, sei schwierig gewesen, sagt Schümer: „Bei Innenstadtlagen drückt der Wohnungsmarkt sehr stark.“

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Private Brandwache für Kita

Die Eröffnung der privaten Kita „Walljunioren“ wäre fast am Brandschutz gescheitert: Weil es Lieferengpässe bei den Feuertüren für die Gruppenräume gab, musste der Träger PME-Familienservice eine private Brandschutzfirma beauftragen, um die Sicherheit der ersten Betreuungsgruppe im Januar zu gewährleisten. Der Einsatz von zwei Feuerwehrfachkräften von Mitte Dezember bis Ende Januar kostete knapp 5300 Euro. Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD) hatte im WESER-KURIER-Interview erklärt, dass ihre Behörde diese Kosten nicht trage. Laut Sprecherin Annette Kemp ist der Investor in der Verantwortung. Der Träger sieht Beratungsbedarf: „Wir erachten das als Teil der Baumaßnahme“, erklärte PME-Sprecher Nils Hofer auf Anfrage.

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