Seit Wochen findet in unserer Stadt eine intensive, manchmal mit selbstquälerischem Unterton geführte Diskussion darüber statt, ob Bremen eine graue Maus sei. Wir schaffen es immer wieder, die vielen positiven Aspekte unserer lebens- und liebenswerten Stadt auszublenden und uns auf alles Negative zu stürzen, was uns gerade einfällt. Bremen ist nicht grau, es ist vielfältig und bunt.
Ein konkretes Beispiel ist der kritische Umgang mit der Jacobs University (JUB) in Bremen Nord, die seit fast 20 Jahren wissenschaftliche Leistungen auf hohem Niveau abliefert. Längst ist die JUB neben der Universität und den Hochschulen zum festen Bestandteil bremischer Wissenschaftslandschaft geworden. So wird das zumindest national und international wahrgenommen. Leider nicht immer auch in Bremen, wo allzu häufig nur über die öffentlichen Zuschüsse, nicht aber über die herausragenden Leistungen dieser wissenschaftlichen Einrichtung gesprochen wird.
Einige Fakten: Mehr als 4000 Studenten aus mehr als 100 Ländern haben an der JUB studiert und ihr Studium zum Abschluss gebracht. Bessere Botschafter in aller Welt und hervorragend ausgebildete Hochschulabsolventen kann sich Bremen nicht wünschen; in nationalen Hochschul-Rankings konnte die JUB immer wieder vordere Plätze erobern; mehr als 400 Männer und Frauen haben an der JUB einen Arbeitsplatz gefunden. Viele von ihnen zahlen Steuern in Bremen; 1400 Studenten steigern als Bremer Bürger unsere Einkünfte aus dem Länderfinanzausgleich erheblich; nicht zuletzt und fast einmalig in Deutschland ist das herausragende finanzielle Engagement der Familie Jacobs bzw. der Jacobs Stiftung für die JUB.
Investition in Bildung
Richtig ist aber auch: Die Erwartungen, die mit der Gründung dieser damals in Deutschland einzigartigen Hochschule an das private Mäzenatentum verbunden waren, haben sich nur teilweise erfüllt. Bei der Gründung der JUB war man zuversichtlich, dass genügend privates Kapital zusammenkommen würde, das der Uni nach einer nicht unerheblichen Starthilfe durch die öffentliche Hand ein eigenständiges Arbeiten ermöglichen könnte. Das hat sich – aus welchen Gründen auch immer – bisher nicht realisieren lassen.
In dieser Situation kann man aber nicht einfach sagen: Dumm gelaufen, dann machen wir den Campus in Bremen-Nord eben wieder dicht und schicken die Leute nach Hause. Mal abgesehen davon, dass bei einer Insolvenz der JUB auch die öffentliche Hand mit einem dreistelligen Millionenbetrag zur Kasse gebeten würde, wäre der Verlust dieser weltweit renommierten Wissenschaftseinrichtung ein Desaster für die bremische Hochschullandschaft.
Seit Langem ist einhelliger Konsens, dass sich kaum ein finanzielles Engagement so positiv rechnet wie Investitionen in Bildung. Das ist nicht nur für Deutschland, sondern auch international völlig unstrittig. Ich begrüße daher die von Matthias Kleiner, dem Präsidenten der Leibniz-Gemeinschaft, angestoßene Debatte, die JUB in die Universität Bremen einzugliedern und dort mit einem speziellen Status zu versehen. Es ist ein interessanter Vorschlag.
Willi Lemke (71) schreibt jeden Sonnabend im WESER-KURIER über seine Heimatstadt und was ihn in dieser Woche in Bremen bewegt hat.