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Geimpft, genesen, getestet Verschärfte Corona-Regeln an Bremer Hochschulen

Erheblicher Kontroll- und Testaufwand: Ein Dozent der Bremer Universität kritisiert die verschärften Corona-Regeln an den Hochschulen des Landes.
02.08.2021, 20:29 Uhr
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Verschärfte Corona-Regeln an Bremer Hochschulen
Von Kristin Hermann

Geimpft, genesen, getestet: Das sogenannte 3G-Prinzip soll für das kommende Wintersemester größtmögliche Sicherheit bringen, um Studierenden und Beschäftigten der Bremer Hochschulen mehr Präsenzzeit zu ermöglichen. Seit Montag gilt die 28. Corona-Verordnung, die den Zutritt zu den Campus-Gebäuden nur noch mit einem der entsprechenden Nachweise erlaubt. In der Praxis bedeutet das für nicht vollständig Geimpfte oder Ungeimpfte, dass sie täglich einen Schnell- oder PCR-Test vorweisen müssen, der nicht älter als 24 Stunden ist – Selbsttests reichen nicht aus.

Mit der neuen Regelung geht für die Hochschulen ein enormer Organisations- und Kontrollaufwand einher, der bei einigen Mitarbeitern der Universität für Unmut sorgt. Integrationsforscher Stefan Luft hat deshalb eine Beschwerde-Mail an die Uni-Kanzlerin, seine Dekanin und den Personalrat der Universität geschickt. Der Dozent hält die unterschiedlichen Testanforderungen in öffentlichen Einrichtungen für nicht gerechtfertigt: Die senatorischen Behörden etwa beließen es bei der Empfehlung, sich zweimal die Woche zu testen, Test-Kits für zu Hause würden den Mitarbeitern bei Bedarf gestellt. Gesondert kontrolliert wird nach Angaben der Senatskanzlei nicht.

„Was ist der Grund für diese Ungleichbehandlung? Muss man ein Misstrauen gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Universität annehmen? Dieses mangelnde Grundvertrauen in die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit wäre durch nichts gerechtfertigt“, schreibt Luft in einer Mail, die dem WESER-KURIER vorliegt. Der Politikwissenschaftler bezweifelt, dass sich durch die Maßnahmen die Lage für die Beschäftigten verbessert: „Das ist das Ergebnis einer Politik, die immer wieder herausstellen möchte, dass von der Universität kein Infektionsgeschehen oder Risiko ausgeht. Wenn man diesem Gedanken alles unterordnet, wird man wohl noch einige Semester unter den erschwerten Bedingungen arbeiten müssen, die meines Erachtens ein sinnvolles Studium nicht ermöglichen.“

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Laut Luft wird durch das verschärfte 3G-Konzept der Druck auf die Menschen erhöht und ein faktischer Impfzwang ausgeübt. „Es gilt aber nach wie vor der Grundsatz, dass die Impfung eine freie, individuelle Entscheidung ist, zu der man vom Staat nicht gezwungen werden darf“, sagt er.

Der Personalrat der Uni bestätigt, dass mehrere Kollegen von der Information am vergangenen Donnerstag überrascht worden seien. „Es gibt Mitarbeiter, teilweise mit Vorerkrankungen, die sich aus ganz bestimmten Gründen nicht impfen lassen. Für sie bedeutet die Umstellung auf die tägliche Testung natürlich Mehraufwand“, sagt Holger Ruge, Personalratsvorsitzender der Universität. Viele Fragen seien zudem noch nicht abschließend geklärt, etwa, ob die Testpflicht auch für Bau- und Reinigungspersonal gelte – und ob das tägliche Warten auf das Ergebnis als Arbeitszeit angerechnet werde. „Es wurde alles sehr schnell umgesetzt, obwohl durch die vorlesungsfreie Zeit kaum noch Studierende an der Uni sind“, so Ruge weiter.

Die Universität will mit der neuen Regelung dem Wunsch vieler Studierenden nachkommen, endlich wieder zurück in den Vorlesungssaal zu dürfen. „Der direkte Kontakt und Austausch untereinander fehlt den Studierenden. Vielen setzt die Isolation zu, das sehen wir auch an dem gestiegenen Bedarf nach psychosozialer Beratung“, sagt Uni-Sprecherin Kristina Logemann.

In einer Cafeteria ist ein Testzentrum eingerichtet worden, in dem sich die Studierenden und das Personal direkt auf dem Campus testen lassen können, die Zeiten sollen zum Wintersemester ausgeweitet werden. Kontrolliert werden die Nachweise jeweils an den Eingängen der Gebäude. „Niemand patrouilliert über das Gelände und überprüft den Status von Personen“, sagt Logemann.

Die wenigen Studierenden, die sich momentan auf dem Campus aufhalten, um etwa Hausarbeiten in der Bibliothek zu schreiben oder für Prüfungen zu lernen, setzen viel Hoffnung in das 3G-Prinzip. Lena Stemmler und Alina Reinecke studieren Grundschullehramt und sind bereits vollständig geimpft. „Für mehr Präsenzlehre erscheinen uns die Maßnahmen sinnvoll“, sagen sie. Es gibt aber auch Studierende, die die neuen Regelungen etwas zu strikt finden, wie der 21-jährige Jan-Richard Meyer. Er sei am Montag an der Tür abgewiesen worden, weil er nicht getestet war. „Wir wären zu zweit in einem leeren Veranstaltungsraum gewesen, um eine Projektarbeit fertigzustellen. Da kann man auch ohne Test ausreichend Abstand halten“, sagt er.

Auch an der Hochschule Bremen gelten seit Montag die verschärften Regeln. Allerdings wird dort bisher nicht durch Wachpersonal kontrolliert, da sowieso nur angemeldete Studierende und Personal Zutritt zu den Gebäuden erhalten. „Die Vorgesetzten sind angehalten, die Nachweise zu überprüfen“, sagt Hochschulsprecher Ulrich Berlin. Die Begeisterung der Mitarbeiter halte sich in Grenzen. „Es kommen aktuell vor allem noch Nachfragen zur konkreten Umsetzung“, sagt er. Weitere Maßnahmen zur Zutrittskontrolle und der Kontaktverfolgung entsprechend der neuen Verordnung würden aktuell ausgearbeitet.

Anders als an der Universität ist man an der Hochschule mit Prognosen zum Wintersemester generell etwas vorsichtiger. „Natürlich wünschen sich alle Beteiligten, möglichst viel in Präsenz stattfinden zu lassen. Es gibt Studierende, die die Hochschule noch nicht einmal von innen gesehen haben und ins dritte Semester kommen“, sagt Berlin. Jedoch könne man derzeit noch keine seriöse Voraussage darüber abgeben, wie viele Lehrveranstaltungen tatsächlich vor Ort stattfinden dürfen.

Zur Sache

Impfungen ohne Termin möglich

Seit Montag, 2. August, bis Sonntag, 8. August, bietet das Impfzentrum auf der Bürgerweide allen Bremerinnen und Bremern eine Impfung ohne Termin an – diese können auch Studierende wahrnehmen. Nur der Personalausweis, die Krankenkassenkarte und, wenn vorhanden, der Impfausweis müssen mitgebracht werden.

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