60 Euro Guthaben, nutzbar für verschiedene Freizeitaktivitäten – das verspricht die Freikarte, die in den vergangenen Tagen fast alle Kinder und Jugendlichen in Bremen erhalten haben. Vor allem in Bremerhaven kommt es wegen falscher Adressdaten noch zu Verzögerungen. Seit Montag gilt die Karte, unter anderem auch auf dem Bremer Freimarkt. Während die einen sich über das Geschenk freuen, finden andere das Angebot ungerecht – vor allem deshalb, weil nicht alle Kinder und Jugendlichen darauf zugreifen können. Der Senat bestätigt auf Nachfrage, dass die Karten auf Basis der Daten des Einwohnermeldeamtes verschickt wurden. Nicht berücksichtigt wurden demnach alle Minderjährigen, die aus verschiedenen Gründen nicht im Melderegister gelistet sind.
Gundula Oerter vom Flüchtlingsrat Bremen sieht die Nicht-Berücksichtigung bestimmter Kinder und Jugendlicher als Ausdruck eines grundsätzlichen Problems. Sie spricht von "strukturellem Rassismus". Oerter zufolge sind zwei Gruppen besonders betroffen: Zum einen seien es Kinder und Jugendliche ohne Aufenthaltstitel oder Duldung, die regulär beschult würden, aber aufgrund ihres Status keinen Eintrag im Melderegister hätten. Sie wisse von etwa 40 bis 50 Betroffenen, für die der Ausschluss von der Freikarte nachhaltig negative Folgen haben könnte. Es gehe nicht nur darum, dass die Kinder gegenüber ihren Mitschülern das Nachsehen hätten – sie würden bei Gesprächen auf den Schulhöfen darüber hinaus als "Papierlose" geoutet. Eine zweite Gruppe seien Neugeborene, die ihre Geburtsurkunde aufgrund ihres Aufenthaltsstatus nur verzögert bekämen – und somit keinen Eingang in die Melderegister fänden. Oerter bezeichnet das Verhalten der Meldestellen als "äußerst fragwürdig".
Auch Kinder und Jugendliche, für die eine sogenannte Auskunftssperre gilt, haben die Karte nicht automatisch erhalten. Auskunftssperren betreffen laut Senatssprecher Karl-Henry Lahmann zum Beispiel Kinder in Heimen. Diese Daten habe die Behörde nicht an den Produzenten der Freikarte, einen privaten Dienstleister, weitergeben dürfen. Mittlerweile gebe es für die Betroffenen aber die Option, die Karte zu beantragen. "Diese Möglichkeit wurde kurzfristig rechtlich abgesichert entwickelt, nachdem sich einzelne Betroffene beim Projektteam gemeldet haben", so Lahmann. Geflüchtete in den Gemeinschaftsunterkünften besitzen nach Angaben des Sozialressorts eine Meldeadresse – sie müssten also berücksichtigt worden sein. Wer die Karte tatsächlich erhalten hat, hängt allerdings auch davon ab, wie aktuell die verwendeten Meldedaten gewesen sind. "Das Projektbüro erhält monatliche Updates der Meldeämter Bremen und Bremerhaven. In denen sind nicht nur die Geburten aufgelistet, sondern auch Neuanmeldungen von Bezugsberechtigten", erklärt Lahmann.
Guthaben gilt auch für Begleitpersonen
Zu Irritationen war es zwischenzeitlich auch bei der Nutzung der Karte selbst gekommen. Ein Leser berichtete dem WESER-KURIER, dass Begleitpersonen von Kindern die Freikarte nicht nutzen könnten, wenn die Kinder selbst regulär keinen Eintritt einzahlen müssten. So habe es ihm das Überseemuseum mitgeteilt, wo Kinder bis fünf Jahre kostenlos Zugang erhalten. Das Überseemuseum erklärt, mittlerweile alle Unstimmigkeiten ausgeräumt zu haben. Das Guthaben könne auch für den Eintritt der erwachsenen Begleitperson genutzt werden, so eine Sprecherin. Sofern der Besuch der teilnehmenden Einrichtung ohne Begleitung nicht möglich sei, könne die Begleitung ihren Eintritt mit der Freikarte bezahlen, stellt der Senat klar.