Mehrere Millionen Deutsche verlieren zumindest vorläufig ihren Impf- oder Boosterstatus. Grund dafür ist eine Neuregelung des Bundes, die den Impfstoff des Herstellers Johnson & Johnson betrifft. Wie das Bundesgesundheitsministerium am Montag mitteilte, wird das Vakzin nicht mehr als ausreichend wirksamer Einmalimpfstoff anerkannt. Heißt: Ab sofort gilt man mit einer Dosis nicht mehr als vollständig geimpft, nach zwei nicht mehr als geboostert.
Wer ist betroffen?
Dem Robert Koch-Institut (RKI) zufolge haben im Land Bremen 47.859 Personen bei ihrer Erstimpfung das Vakzin von Johnson & Johnson erhalten. In Niedersachsen waren es 431.619 – deutschlandweit sind etwa 3,6 Millionen Menschen betroffen. Aus den RKI-Zahlen geht nicht hervor, wie viele Personen sich nach ihrer Erstimpfung einer Auffrischung unterzogen haben. Auch die Bremer Gesundheitsbehörde erhebt diese Zahlen nach eigener Aussage nicht. Man könne allerdings davon ausgehen, dass ein wesentlicher Teil der Betroffenen ihre Impfung einmalig aufgefrischt habe – das werde seit Monaten empfohlen und auch angeboten, sagt Lukas Fuhrmann, Sprecher des Gesundheitsressorts.
Was bedeutet die Regeländerung?
Weil es sich um eine Ausnahmeverordnung handele, müsse die Regel zwangsläufig sofort in allen Bundesländern umgesetzt werden, erklärt Fuhrmann. Wer laut Corona-Verordnung nicht vollständig geimpft oder genesen ist, kann in Bremen und Niedersachsen kaum am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Die 2G- oder 2G-plus-Regel gilt in fast allen Bereichen – zum Beispiel in der Gastronomie, beim Sport und bei Kulturveranstaltungen. Johnson & Johnson-Geimpfte, die mit einer Auffrischung bislang als geboostert galten, müssen zusätzlich ein negatives Testergebnis vorlegen, wenn 2G plus gilt.
Sind Ausnahmen möglich?
In der Praxis ergeben sich Ausnahmen – abhängig vom Bundesland – durch andere Bestimmungen. Wer mit Johnson & Johnson erstgeimpft ist und kürzlich eine Auffrischung bekommen hat, gilt nicht als geboostert. Da die zweite Impfung in diesem Fall aber weniger als drei Monate zurückliegt, wird der- oder diejenige in Bremen laut aktueller Verordnung mit geboosterten Personen gleichgesetzt. Beide Gruppen müssen also keinen Testnachweis erbringen, wenn die 2G-plus-Regel gilt. In Niedersachsen wiederum gilt diese Ausnahme ausschließlich für Drittgeimpfte.
Wie wird die Anpassung begründet?
Das Expertengremium der Ständigen Impfkommission (Stiko) bewertet den Impfschutz durch die Johnson & Johnson-Einmalimpfung als ungenügend. In einer vor Weihnachten veröffentlichten Empfehlung bezieht die Impfkommission sich allerdings vor allem auf die Delta-Variante des Virus – eine einzelne Dosis könne die Wahrscheinlichkeit eines schweren Verlaufs lediglich um 70 Prozent reduzieren. Außerdem liege die Zahl der Impfdurchbrüche höher als bei allen anderen Impfstoffen. Wie gut der Einmalimpfstoff gegen die mittlerweile deutlich dominierende Omikron-Variante schützt, ist der Stiko zufolge noch unbekannt.
Was sagen andere Experten?
Der Bremer Virologe Andreas Dotzauer findet es nach eigener Aussage sinnvoll, dass mit Johnson & Johnson Geimpfte ihre Immunisierung auffrischen lassen. Das gelte in der aktuellen Situation besonders. Es habe sich gezeigt, dass bei der Einmalimpfung relativ wenig Antikörper gebildet würden. Die Omikron-Variante, so Dotzauer, „unterläuft die Immunantwort insgesamt“. Das heiße: Eine möglichst hohe Anzahl von Antikörpern sei wichtig. Das könne mit einer Auffrischungsimpfung auf mRNA-Basis, also den Impfstoffen von Biontech oder Moderna, gewährleistet werden.
Was sollten Betroffene machen?
Die Stiko empfiehlt allen Volljährigen eine Auffrischung vier Wochen nach der Johnson & Johnson-Impfung. Weitere drei Monate danach soll die dritte Impfung erfolgen. Bei beiden Auffrischungen kommen Impfstoffe von Biontech oder Moderna zum Einsatz. Niedersachsens Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD) appelliert an die Bürger, dieser Empfehlung zu folgen. Es stehe ausreichend Impfstoff zur Verfügung; vielerorts gebe es kurzfristig freie Termine oder Impfaktionen ohne Termin.