Mehr als 30 Maßnahmen sollten dafür sorgen, dass sich die Lage am Hauptbahnhof zum Positiven wendet. Doch was davon ist seit dem Beschluss im Januar eigentlich umgesetzt worden und was steht noch aus? Wir haben uns einige Punkte genauer angeschaut.
Sicherheit
Zusammen mit dem Ordnungsdienst sowie der Bundespolizei setzt die Bremer Polizei gemeinsame Streifen ein und hat die Präsenz nach Angaben der Innenbehörde im Bahnhofsquartier deutlich erhöht. Die Teams sind täglich im Einsatz, mindestens einmal in der Woche setzt die Polizei Schwerpunktkontrollen zur Bekämpfung der Drogen- und Straßenkriminalität um. Im Juli gründete die Polizei zudem die sogenannte Task Force Hauptbahnhof. Zuletzt wurden die Maßnahmen gegen Drogenhändler nochmals intensiviert, heißt es aus der Behörde weiter. Auch im Nelson-Mandela-Park gebe es mehr polizeiliche Präsenz.
Eine aussagekräftige Bewertung der Kriminalitätsrate am Hauptbahnhof für 2022 sei noch nicht möglich, aber Tendenzen zeichneten sich bereits ab. Nach Polizeiinformationen lässt sich etwa im Bereich der Diebstahlsdelikte und bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung eine Zunahme beobachten. Straftaten gegen das Leben oder die persönliche Freiheit seien im Vergleich zum Vorjahr hingegen eher rückläufig.
Drogenszene und Streetwork
Der Szenetreff neben dem Intercity-Hotel hat im Rahmen des Aktionsplans die Öffnungszeiten ausgeweitet – Streetworker betreuen die Nutzer dort von 8 bis 20 Uhr an sieben Tagen in der Woche. Das Sozialressort weist darauf hin, dass der Treff ursprünglich nicht für Suchtkranke eingerichtet wurde, sondern für Wohnungslose. Vor dem Treff halten sich nun aber auch viele Drogenkranke auf. Polizei und der Ordnungsdienst sprechen derzeit die Personen vor dem Treff mehrfach täglich an und verweisen auf die bestehenden Hilfsangebote und insbesondere auf den provisorischen Drogenkonsumraum in der Friedrich-Rauers-Straße. Wie berichtet, könnte sich die Einrichtung des festen Konsumraums derweil noch bis Mitte 2024 ziehen. Die Vielzahl an Personen, die sich täglich am Szenetreff aufhält, zeigt laut Innenbehörde, wie groß der Bedarf nach einer akzeptierten Aufenthaltsfläche ist. Um Suchtkranke mit Migrationshintergrund besser zu erreichen, wurden zwei Vollzeitstellen für Streetworker mit Sprachkompetenzen geschaffen.
Zusätzlich nimmt Bremen laut Gesundheitsbehörde aktuell an einem Modellprojekt teil, bei dem Mitarbeiter geschult werden, das Wissen zum Notfallmedikament Naloxon an Drogenkonsumenten weiterzugeben. Naloxon kann innerhalb weniger Minuten die atemlähmende Wirkung von Opioiden wie Heroin, Fentanyl oder Methadon aufheben und damit bei einer Überdosierung Leben retten. Das Medikament gibt es mittlerweile als Nasenspray, das auch durch geschulte Laien eingesetzt werden kann, bis Rettungskräfte vor Ort sind.
Sauberkeit und Toiletten
Im Zusammenhang mit dem Aktionsplan hat die Bremer Stadtreinigung die Reinigungsintervalle rund um den Bahnhof verstärkt. Besonders betroffen sei der Bereich vor dem Intercity-Hotel. Die Zustände sind derart prekär, dass dort inzwischen alle 14 Tage grundgereinigt werden muss. Ähnlich problematisch sind die Bahnsteige der Überlandbusse, dort wird alle vier Wochen grundgereinigt, so die Stadtreinigung.
Um gegen das Urinieren in der Öffentlichkeit vorzugehen, wurden rund um den Bahnhof mehrere Freilufturinale in Spindelform aufgestellt. Diese sorgten mitunter für Kritik – unwürdig heißt es etwa von einigen Anrainern. Geplant sind auch zwei feste Unisex-Toiletten, die mit Trinkwasserspendern ausgestattet werden sollen. Billig sind diese Anlagen jedoch nicht: Nach Angaben der Baubehörde kosten beide Toiletten zusammen um die 400.000 Euro und sind wie Autobahntoiletten aus Vollmetall, um Vandalismus vorzubeugen. Sie sollen möglichst ab dem zweiten Quartal 2023 kostenlos nutzbar sein. Eine weitere, von Personal geführte Toilette in Bahnhofsnähe, ist vorgesehen. Eine mögliche Option im Citygate werde derzeit geprüft.
Haltestellenbereich der BSAG
Aufgrund der hohen Beschwerdelage suchen Kräfte der Polizei und des Ordnungsdienstes die Haltestellen der Bremer Straßenbahn AG (BSAG) mehrfach täglich auf. Auch Mitarbeiter der BSAG stehen als Ansprechpartner zur Verfügung. Ergänzend dazu wurden Video-Säulen aufgestellt, mit denen man per Knopfdruck sofortigen Kontakt zur Leitstelle der Polizei erhalten soll.
Platz der Deutschen Einheit
Seit Monaten setzt sich der Verein Attraktiver Bremer Bahnhof dafür ein, dass der Platz der Deutschen Einheit vor dem Überseemuseum anders als jetzt genutzt wird. Bisher konnte dort nur das Spiegelzelttheater gastieren, das auch derzeit wieder Theateraufführungen anbietet. Mit der Wirtschaftsförderung und dem Verein der Anlieger soll nun bis Ende November ein Konzept erarbeitet werden, das eine möglichst ganzjährige Auslastung des Platzes vorsieht. Problematisch bei der Planung ist jedoch unter anderem die Rasenfläche, für die nach länger andauernden Veranstaltungen eine Wiederherstellungsphase erforderlich ist. So richtig hat es mit der Grünfläche jedoch auch ohne die Belastung durch Veranstaltungen nicht geklappt – denn ein Großteil der Rasensamen fiel den dort lebenden Tauben zum Opfer.