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Die Kiosk-Kolumne Wenn im Kiosk die Kaffeemaschine ausfällt

Der Chefreporter im Kiosk in der Bremer Scharnhorststraße: Heute schreibt er über einen Mann, der früher zwei Verkaufsbuden in Huchting und Findorff hatte, und über den Mega-Gau: Die Kaffeemaschine ist kaputt.
23.11.2021, 16:00 Uhr
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Wenn im Kiosk die Kaffeemaschine ausfällt
Von Jürgen Hinrichs

Fachsimpeln unter Kollegen: Horst Laue hat 15 Jahre Kioske betrieben. Lange her, aber er kennt sich noch aus. Robert, der Budenbesitzer in der Scharnhorststraße, schmeißt den Laden nun schon seit 18 Jahren. Und seine Aushilfe, der Reporter vom Weser-Kurier, hat als Schüler und Student in mehreren Kiosken an der friesischen Küste gejobbt. Jede Menge Erfahrung also, die sich an diesem Tag versammelt.

Bei Laue waren es die Hamburger, wegen der Hamburger ist er zum selbstständigen Kaufmann geworden. "Ich habe fast 30 Jahre beim Norddeutschen Lloyd gearbeitet, bis das Unternehmen durch die Übernahme an die Elbe ging", erzählt der 85-Jährige. Er wurde als Mittvierziger arbeitslos, bekam aber immerhin eine Abfindung. Das war der Grundstock, um ins Kioskgeschäft einzusteigen, zuerst in Huchting, später zusätzlich noch mit einer Bude in Findorff. Laue sagt, worauf es in dem Gewerbe ankommt: "Man muss freundlich sein und gut zuhören können." Auch so manchen Schlag wegstecken: "Bei mir ist acht mal eingebrochen worden."

Laue hatte Lotto im Angebot, er verkaufte Presseartikel und das, was fälschlicherweise oft als Rauchwaren bezeichnet wird: Zigaretten, Zigarren und Tabak. Lauter Zeugs zum Rauchen, aber eben keine Rauchwaren, denn das sind nun mal Pelze. Später, nachdem er seine beiden Kioske verkauft hatte, führte Laue den Bundesverband der Toto- und Lotto-Verkaufsstellen. Einen Kiosk würde er heute nicht mehr haben wollen: "Das Geschäft ist schwierig geworden, da bleibt kaum noch etwas übrig." Außerdem musste er immer so früh aufstehen, um viertel vor sechs gingen bei ihm die Rollläden hoch.

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Auch Robert steigt jeden Morgen um kurz nach fünf in die Hosen. Seine Aushilfe kennt diese unchristliche Arbeitszeit vom Kiosk an der Küste, die Camper kamen schlaftrunken, noch in Schlappen: Sechs Brötchen, eine Bild. Drei Brötchen, eine Bild. Acht Brötchen, eine Bild. Immer war eine Bild dabei und wehe, die Lieferung fiel aus, was durchaus vorkam – dann standen die Leute ratlos da: Was tun mit diesem verkorksten Tag?

Ja, was tun? "Mega-Gau", sagt Robert, "die Kaffeemaschine ist kaputt." Sieben Jahre hat sie ihm treue Dienste geleistet, und nun: Vorbei, nichts mehr zu retten. Der Kundendienst des Herstellers sieht keine Chance zur Reparatur. Blöd für Robert, der am Tag locker einen Liter trinkt. Schade für seine Aushilfe, die ihre Schicht gerne mit einem Becher Heißes beginnt. Wirklich schlimm aber fürs Geschäft, denn der Kaffee verkauft sich gut, und es bleibt bei so geringem Materialeinsatz ordentlich was hängen. Sofort wird deshalb Ersatz bestellt, wieder Melitta, eine Filtermaschine für Isolierkannen, 170 MT, Edelstahl-Schwarz. Keine Experimente! Die mag Robert nicht.

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Vier Wochen lang arbeitet WK-Chefreporter Jürgen Hinrichs jeden Nachmittag als Verkäufer im Kiosk in der Scharnhorststraße. Von dort schreibt er seine Geschichten. Sie erscheinen von Dienstag bis Sonnabend.

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