Es ist in Bremen im Winter wärmer als im Sommer. Gut, ganz grundsätzlich lässt sich diese Aussage sicher nicht treffen, denn sie wäre nicht wahr. Wenn man aber einzelne Tage miteinander vergleicht, dann ist an dem Satz zumindest ein bisschen was dran. Im Jahr 2018 lag die Tiefsttemperatur im Sommer bei 15,4 Grad, aufgestellt am 24. Juni. Im folgenden Winter, am 27. Februar 2019, wurden in Bremen 18,1 Grad gemessen.
Die Badetücher müssen nun natürlich nicht zwischen Dezember und Februar herausgekramt werden, auch nicht die Winterjacken zwischen Juni und August. Aber der Trend, dass der Winter immer wärmer wird, ist durchaus erkennbar. In den vergangenen drei Jahren lag in Bremen nur an 17 Tagen Schnee, das bedeutete etwas mehr als zwei Wochen weißen Winter.
Im Jahr 2016 lag die Durchschnittstemperatur im Winter sogar um 3,19 Grad höher als im Jahresmittel der Jahre 1961 bis 1990 – dort waren im Schnitt 1,4 Grad gemessen worden. „Der Klimawandel und der Einfluss auf das Wetter sind real“, sagt Frank Kahl vom Deutschen Wetterdienst (DWD). Die steigenden Temperaturen und die wenigen Schneetage seien dafür ein eindeutiges Indiz.

20 Zentimeter Schnee
Zum Vergleich: Im Jahr 2010 hat Bremen seinen letzten Winter erlebt, der auch als solcher bezeichnet werden darf. Minus 0,6 Grad betrug die Temperatur im Durchschnitt, an 58 Tagen und damit fast zwei Monate lang hatte Schnee gelegen. „Vor zehn Jahren gab es auch zum letzten Mal sogenannte weiße Weihnachten in Norddeutschland“, weiß Frank Kahl. In Bremen hatten an Heiligabend 20 Zentimeter Schnee gelegen, in Hannover waren es 28, in Schleswig-Holstein sogar 30 Zentimeter.
Und seither? Konnte Weihnachten eher im T-Shirt als in einer dicken Winterjacke gefeiert werden. Schon 2011 erreichte Bremen über Weihnachten Temperaturen um die zehn Grad, 2015 wurden sogar 14,4 Grad gemessen. „Es ist deshalb kein Wunder, dass sich noch viele genau an den Winter vor zehn Jahren erinnern können“, sagt Kahl.
Aus meteorologischer Sicht wäre dieser Winter aber auch nicht normal gewesen. Um zwei Grad war die Temperatur im Vergleich zum Jahresmittel von 1961 bis 1990 zu niedrig, an 31 Tagen stieg die Temperatur den gesamten Tag nicht über den Gefrierpunkt. An 68 von 90 Tagen gab es in Bremen einen Frosttag, lag die Temperatur also mindestens einmal unter null Grad. Absolute Rekordwerte, die in den Folgejahren nicht mehr erreicht wurden.
Im Gegenteil: Von 2014 bis 2019 gab es insgesamt nur 37 Eistage, also Tage, an denen die Temperatur dauerhaft unter dem Gefrierpunkt lag. Nur vereinzelt machte sich der Winter seitdem mal hier und da bemerkbar. In den Jahren 2011 und 2012 zum Beispiel, als mit minus 15,3 Grad die niedrigste Temperatur der letzten zehn Jahre gemessen wurde. Oder im Jahr 2013, als es an 32 Tagen in Bremen schneite – der höchste Wert in zehn Jahren.
Chancen noch immer gleich
„Trotz des Klimawandels und der dadurch steigenden Temperaturen hat sich die Eintrittswahrscheinlichkeit von weißen Weihnachten aber nicht verändert“, sagt Frank Kahl. Aus mathematischer Sicht stünden die Chancen auf Schnee jedenfalls noch immer gleich. Woran das genau liegt, könne sich Kahl auch nicht erklären. Ein Blick auf die Temperaturen an Weihnachten in den vergangenen Jahrzehnten könnte jedoch einen Erklärungsansatz liefern.
Denn trotz des Klimawandels sind besonders milde Weihnachtsfeste in Bremen nicht neu: An Heiligabend 1980 und am 25. Dezember 1997 wurden 11,6 Grad gemessen, an Heiligabend 1983 sogar 11,9 Grad. Einzig die Häufigkeit, mit der besonders milde Weihnachtsfeste auftreten, haben in den letzten Jahrzehnten zugenommen. Seit 2010 lag die Durchschnittstemperatur an Heiligabend in Bremen neun Mal über dem Gefrierpunkt und nur ein Mal darunter.
An milde Weihnachten und zu warme Winter müssen sich die Bremerinnen und Bremer deshalb wohl auch in Zukunft einstellen. „Der Temperaturtrend geht auf jeden Fall nach oben“, sagt Frank Kahl. Gänzlich ausschließen will er kalte Winter aber nicht: „Dazu braucht es aber eine stabile Ost-Wetterlage mit einem kräftigen Hochdruckgebiet aus Osteuropa.“
Doch auch in diesem Jahr scheint es die sibirische Kälte nicht nach Bremen zu schaffen: Wetterexperten prognostizieren bereits jetzt einen nassen und milden Winter 2020. Das diesjährige Weihnachtsfest setzte den Trend der letzten Jahre jedenfalls schon einmal fort.
