Sturmtief Ylenia hat bundesweit für Stromausfälle gesorgt. Im Kreis Borken in Nordrhein-Westfalen waren in der Nacht zu Donnerstag 54.000 Haushalte zeitweise von der Versorgung abgeschnitten. Auch die Stadtwerke Bremen (SWB) berichten von mehreren Störungen. Stromausfälle kommen in Deutschland immer wieder vor – meistens lokal begrenzt und von kurzer Dauer. Aber was passiert, wenn es überall gleichzeitig und für mehrere Tage dunkel wird? Einige Experten halten ein solches Szenario, auch Blackout genannt, für durchaus realistisch.
Blackout könnte zum gesellschaftlichen "Kollaps" führen
Ein flächendeckender Stromausfall gehört nach Einschätzung von Wolfram Geier, tätig im Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), "zu den größten Risiken für unser Land". So wird der Abteilungsleiter für Risikomanagement und internationale Angelegenheiten in einem kürzlich erschienenen Beitrag des Versicherungsverbandes GDV zitiert. Der Verband kritisiert, dass Deutschland mangelhaft vorbereitet sei. Verwiesen wird dabei auch auf eine ältere Studie des Instituts für Technikfolgenabschätzung, der zufolge bei einem länderweiten Blackout "ein Kollaps der gesamten Gesellschaft kaum zu verhindern" wäre.
Die Gefahr größerer Stromausfälle beschäftigt auch Energieversorger und politisch Verantwortliche in Bremen und Niedersachsen. Im Herbst wurde der Bremer Innenbehörde zufolge ein ressortübergreifender Arbeitskreis zum Katastrophenschutz gebildet. Eine der ersten Aufgaben sei eine Bestandsaufnahme der Anlagen gewesen, mit denen Notstrom erzeugt werden kann. Eine Auswertung finde in den nächsten Wochen statt, so Behördensprecherin Karen Stroink.
Grundsätzlich sieht das Haus von Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) eine "erhöhte Störanfälligkeit". Konstant arbeitende Großkraftwerke würden zunehmend durch leistungsschwankende Stromerzeuger wie Windkraft- und Solaranlagen ersetzt. "Das ist zweifellos sinnvoll und wichtig, aber es generiert einen erhöhten Regelungsaufwand für die Netzstabilität", so Stroink.
Verantwortlich dafür sind die SWB, die sich gut gerüstet sehen: "Bremen hat eine sehr hohe Versorgungssicherheit", erklärt Unternehmenssprecher Friedhelm Behrens. Größere Störungen seien "eher selten" – die Versorgung könne in der Regel innerhalb von zwei Stunden wiederhergestellt werden. Die Stadt sei an das europäische Verbundnetz angeschlossen, verfüge aber auch über eigene Erzeugungsanlagen. So könne man den Strombedarf für die wesentlichen Einrichtungen auch bei einer Entkoppelung vom Verbundnetz decken. Zudem gebe es einen Notfallplan, mit dem die Stromversorgung für die kritische Infrastruktur gesichert werde.
Die Stadtwerke Verden besitzen eigenen Angaben zufolge Notstromaggregate, mit denen das Verwaltungsgebäude, die Leitwarte und das Wasserwerk bei einem Blackout funktionsfähig bleiben würden – solange Treibstoff vorhanden ist. Bei einem drohenden Blackout würde man zunächst einzelne Stadtteile oder größere Verbraucher vom Netz nehmen, erklärt eine Sprecherin. Im weiteren Verlauf könnten Umspannwerke abgeschaltet werden, um einen Totalausfall zu verhindern.
Gefahr durch Hackerangriffe
Auch die Osterholzer Stadtwerke sehen sich gut aufgestellt. Durch verschiedene Einspeiseleitungen könnten Ausfälle kompensiert werden – zudem seien die fast vollständig unterirdisch verlaufenden Leitungen vor Unwettern geschützt. Auf verschiedene Szenarien bereite man sich durch regelmäßige Katastrophenübungen vor, so Unternehmenssprecherin Julia Kemker.
Welche Ausmaße ein Stromausfall annimmt, hängt auch von der Ursache ab. Albrecht Broemme, früherer Präsident des Technischen Hilfswerks, nennt im GDV-Beitrag Hackerangriffe als größte Gefahr für einen länderübergreifenden Blackout. Auch Anschläge oder Extremwettereignisse könnten die Netzstabilität gefährden. Gezielten Angriffen wirke man mit IT-Schulungen und Sicherheitstests der eigenen Systeme entgegen, heißt es von den Verdener Stadtwerken.
Private Vorsorge empfohlen
Unabhängig von den Ursachen ist klar, dass ein länger anhaltender Stromausfall alle gesellschaftlichen Bereiche betrifft. Das BBK nennt einige Beispiele: Bankautomaten und Supermarktkassen funktionieren nicht mehr, Lebensmittel verderben, Züge bleiben stehen, Heizungen fallen aus, die Kommunikation bricht zusammen. Fachleute raten deshalb zur privaten Vorsorge. Jeder Haushalt sollte sich so vorbereiten, dass er für einige Tage ohne Hilfe von außen auskommt, empfiehlt das BBK. Neben Lebensmitteln, Trinkwasser und Medikamenten sollten Bürger einen Campingkocher und ein batteriebetriebenes Radio bereithalten.