Im ersten Halbjahr sind in Deutschland 238 neue Windräder aufgestellt worden. Damit die neuen Ziele der Bundesregierung bei den erneuerbaren Energien erreicht werden, wäre aber das fünffache Volumen erforderlich, rechnen der Bundesverband Windenergie (BWE) und der Maschinenbauverband VDMA vor. Mit einem gerade beschlossenen Paket von Gesetzen macht die Bundesregierung den Ländern neue Vorgaben – Bremen hat seine Ziele bereits erfüllt.
Was plant die Bundesregierung?
Bis 2030 sollen 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen kommen, so lautet das Ziel. Um das zu erreichen, sollen unter anderem spätestens 2032 zwei Prozent der Fläche Deutschlands für Windparks reserviert sein. BWE und VDMA loben die neuen Gesetze als „das ambitionierteste Paket zur Klimagesetzgebung, das es in Deutschland je gab“. Einige der neuen Regelungen seien in der Tat „bahnbrechend“ – so das erstmals gesetzlich verankerte Ziel zur Bereitstellung von Flächen. Jedoch bleibe der Gesetzgeber bei der Umsetzung seiner Ziele „deutlich hinter den gestalterischen Möglichkeiten zurück“. Die Flächen müssten „schnellstmöglich“ und nicht erst 2032 zur Verfügung stehen.
Was bedeutet das Zwei-Prozent-Ziel für die einzelnen Bundesländer?
Die zwei Prozent sind ein Durchschnittswert für das gesamte Bundesgebiet. In dem neuen Gesetz, das den Flächenbedarf für die Windenergie festlegt, wird für jedes Bundesland aufgeführt, wie hoch der Anteil sein muss. Dabei würden die „unterschiedlichen Potenziale der Bundesländer“ für die Windenergie berücksichtigt, so das Bundeswirtschaftsministerium. Für Niedersachsen mit seiner langen Küste und großen Tiefebene heißt das, dass 2,2 Prozent der Landesfläche bis 2032 für Windparks reserviert sein müssen. Küstenferne, hügelige oder gebirgige Länder wie Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen müssen 1,8 Prozent ihrer Fläche ausweisen. Die Stadtstaaten Bremen, Hamburg und Berlin sollen 0,5 Prozent ihrer Fläche für Windräder bereitstellen.
Wie weit ist Bremen auf diesem Weg?
Nach Angaben der Senatorin für Klimaschutz und Umwelt, Maike Schaefer (Grüne), hat das Land Bremen sein Soll übererfüllt: „In Bremen werden bereits circa 1,9 Prozent der Landesfläche für Windkraft genutzt“, rechnet die Senatorin vor. In der Hemelinger Marsch, am Güterverkehrszentrum, rund um die Stahlwerke, im Blockland und in Bremerhaven drehen sich 87 Windräder mit einer Gesamtleistung von gut 200 Megawatt. Im Durchschnitt erzeugen sie jährlich über 460 Millionen Kilowattstunden Strom. Das reiche rechnerisch aus, um den Strombedarf von mehr als 184.000 privaten Haushalten zu decken, so die Umweltbehörde.
Wie hat Bremen das erreicht?
Einige Bundesländer haben Mindestabstände zwischen Windrädern und Wohnbebauung festgeschrieben, was die potenziell für Windenergie geeigneten Flächen minimiert. „Unser Windenergiekonzept unterstützt den Ausbau der Windkraft, indem wir auf pauschale Abstandsregelungen verzichten“, erklärt Senatorin Schaefer. Stattdessen würden die Bedingungen für mögliche Standorte einzeln geprüft und die Gegebenheiten vor Ort berücksichtigt. „Dazu zählt natürlich auch, dass wir bei der Planung immer die Anwohner und Anwohnerinnen mit einbeziehen und versuchen, für alle eine gute Lösung zu finden“, versichert Schaefer.
Wo steht Niedersachsen?
Nach wie vor auf Platz eins, jedenfalls in absoluten Zahlen: 6100 Windenergieanlagen bringen es zusammen auf eine Leistung von knapp 11.800 Megawatt, gut ein Fünftel der gesamten Windenergieleistung auf dem deutschen Festland. Im ersten Halbjahr kamen 30 neue Anlagen dazu, acht alte wurden stillgelegt. 1,1 Prozent der Landesfläche werden bislang für die Windstromerzeugung genutzt. Das heißt: In den kommenden zehn Jahren muss diese Fläche verdoppelt werden. Niedersachsens Energie- und Klimaschutzminister Olaf Lies (SPD) weiß, was auf ihn zukommt: „Wir hängen massiv beim Ausbau der Windenergie hinterher. Mit kleinen Schritten lösen wir das Problem in Zeiten von Klima- und Wärmekrise aber nicht. Daher brauchen wir jetzt an allen Stellen eine Beschleunigung.“ Begriffe wie „Landschaftsverspargelung“ oder „Horizontverschmutzung“ will der Minister nicht mehr gelten lassen: „Jetzt muss dort gebaut werden, wo es rechtlich und technisch möglich ist.“