250 Euro wollen die Deutschen in diesem Jahr im Schnitt für Weihnachtsgeschenke ausgeben – so wenig wie seit 2014 nicht mehr. Das ist das Ergebnis einer Studie des Prüfungs- und Beratungsunternehmens EY. Vor der Pandemie im Jahr 2019 waren es noch 281 Euro. „Es ist noch deutlich zu ruhig. Wir nehmen wahr, dass die richtige Kauflaune noch nicht erreicht ist“, sagt Karsten Nowak, Geschäftsführer und Leiter des Geschäftsbereiches Einzelhandel.
Das Weihnachtsgeschäft im Einzelhandel spielt sich in den letzten beiden Monaten des Jahres ab. "Der Umsatzanteil von Spielwaren und Büchern liegt im November und Dezember bei fast einem Viertel des Jahresumsatzes", weiß Jan König. Der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Nordwest spürt bei den Verbrauchern noch viel Verunsicherung, die durch die aktuelle Weltlage entstanden sei.
Auch bei Sabine Stiehler vom Logbuchladen in Walle läuft das Weihnachtsgeschäft an – "aber es könnte besser sein." Dass sonst knapp 30 Tage vor Weihnachten mehr los ist, sei eher ein Gefühl; an Zahlen festmachen könne sie das nicht. Sie habe aber beobachtet, dass während der vielen Regentage weniger als üblich in ihrem Geschäft los gewesen sei. Grundsätzlich habe sich das Weihnachtsgeschäft bei ihr in den vergangenen Jahren deutlich in den Dezember verschoben. Stiehler zeigt sich optimistisch, dass die Kauflust der Kundinnen und Kunden noch an Schwung gewinnt – der November und Dezember seien für die Buchhandlungen überlebenswichtig.
"Bei uns ist die Stimmung gut", sagt Mirko Sanders, der die Spielzeuggeschäfte Sanders in Findorff und Wichlein im Viertel führt. Er gehe sogar davon aus, dass der Umsatz in diesem Jahr etwas höher ausfalle. Warum? "Weil das immer so ist", antwortet er. Etwas, das große Ketten oder der Online-Handel nicht leisten könnten, sei die Beratung: "Ohne vernünftiges Personal können sie nichts werden. Und wir punkten mit dem, was die Ketten nicht bieten können", sagt Sanders. Zwar steige das Besucheraufkommen in den beiden Monaten sehr, Aushilfen für die umsatzstarke Zeit müsse er aber nicht einstellen.
Kriege, Inflation oder Energiekosten könnten zu mehr Sparsamkeit führen. Er mache hingegen die gegenteilige Beobachtung: Dass Eltern in der aktuellen Weltlage versuchten, Kindern gerade jetzt eine Freude zu machen. "Auch wenn die Leute ihre Kosten senken müssen – bei den Kindern wird zuletzt gespart", sagt er. Da komme es dann eher vor, dass sich die Eltern keine Geschenke überreichen, um den Kindern Präsente zu ermöglichen. In seinen Geschäften seien zu Weihnachten Produkte von Lego oder Ravensburger sehr beliebt. Seit der Coronazeit würden aber immer mehr Menschen zu Gesellschaftsspielen greifen, sagt Sanders. Es scheine, dass Familien nach der langen Zeit der Distanz versuchten, wieder näher zusammenzurücken.
Zwar kauften auch jetzt schon Kundinnen und Kunden rechtzeitig zum Fest in seinen Läden, das richtige Weihnachtsgeschäft gehe bei ihm aber zum Monatswechsel los. Dabei werde die letzte Woche vor Weihnachten nicht nur umsatzstark, sondern auch anstrengend: „Da brennt die Luft“, sagt Mirko Sanders. Nach der Arbeit falle man auch schon um acht Uhr abends ins Bett.
Im Bremer Karstadthaus schaut Geschäftsführer Michael Noß recht sorgenfrei auf die Weihnachtszeit: "Ich bin im Moment zuversichtlich, auch weil sich der Oktober schon super entwickelt hat." Im Fokus des Weihnachtsgeschäfts stünden die Klassiker: Uhren, Schmuck oder Parfüm. "In Deutschland ist Weihnachten sehr traditionell. Das sieht man auch an den Dingen, die gekauft werden." So sei die beliebteste Kerzenfarbe nicht Champagner oder Bordeaux, sondern das klassische Rot. Trends seien bei den Produkten nicht zu erkennen, er merke aber, dass Kundinnen und Kunden gezielter einkauften: Es werde mehr auf nachhaltige und qualitativ hochwertige Produkte geachtet.
Außer den Spielwaren-Dauerbrennern Lego und Playmobil würden Barbiepuppen verstärkt nachgefragt, was offenbar an dem erfolgreichen "Barbie"-Film liege. Das zeige, wie das Geschäft auch von äußeren Einflüssen gesteuert werde. Darüber hinaus gebe zum Beispiel die Black Week bereits im November Anlass, die Wunschzettel und Einkaufslisten abzuarbeiten.
In der Weihnachtszeit würden sich mehr als doppelt so viele Kunden als sonst im Kaufhaus aufhalten, der Weihnachtsmarkt führe außerdem zu einem deutlich höheren Grundrauschen, so Noß. Außerdem bestellten die Kunden viel zum Abholen, weshalb für die Zeit Aushilfen eingestellt würden. "Ohne die würden wir es gar nicht schaffen", sagt der Geschäftsführer. Auf die Frage, wie er die Umsatztendenz bis Weihnachten einschätze, antwortet Noß: "Die Deutschen lassen sich ihr Weihnachten nicht nehmen."