Der Finanzinvestor KKR geht mit seinem Übernahmeangebot für den Bremer Satellitenbauer OHB in die Verlängerung. Innerhalb der regulären Annahmefrist, die in der Nacht zu Mittwoch endete, hatte gut die Hälfte der freien Aktionäre dem Verkauf ihrer Anteile zugestimmt. Es gelte jetzt eine "weitere Annahmefrist" bis zum 3. November, teilte KKR mit. Diese sei gesetzlich vorgeschrieben und ein "Standardprozess".
Insgesamt hätten Aktionäre, die gut 2,5 Millionen OHB-Anteile halten, das Übernahmeangebot angenommen, heißt es in einer Mitteilung. Einschließlich der von KKR bereits am Markt erworbenen Aktien entspreche dies einem Anteil von 55,6 Prozent aller frei gehandelten OHB-Aktien.
Familie Fuchs behält die Mehrheit
Den Großteil der Anteile an dem Raumfahrtunternehmen – gut 70 Prozent – hält die Eigentümerfamilie Fuchs. Diese will ihre Aktien behalten. Zur Finanzierung seines Wachstumskurses will OHB-Chef Marco Fuchs sich jedoch einen finanzstarken Investor ins Boot holen. Der Plan sieht vor, dass der US-Investmentfonds KKR über eine Tochtergesellschaft sämtliche Aktien der freien Aktionäre aufkauft – also knapp 30 Prozent – und das Unternehmen von der Börse geht. KKR hatte dafür 44 Euro pro Aktie angeboten; zum Zeitpunkt des Angebots lag der Kurs bei gut 30 Euro.
Der OHB-Chef zeigt sich trotz der notwendigen Verlängerung des Verfahrens zufrieden mit dem Zwischenergebnis. "Wir nähern uns dem Ziel an und sind im Plan", sagt er im Gespräch mit dem WESER-KURIER. Einige Aktionäre würden abwarten, weil sie wüssten, dass es eine zweite Frist gibt. Andere, die sich nicht täglich mit ihrem Depotkonto befassten, hätten möglicherweise von dem Übernahmeangebot noch gar nichts mitbekommen. KKR startete am Freitag eine Werbekampagne, die das ändern soll.
Der OHB-Chef hofft, dass noch mehr Aktionäre dem Verkauf zustimmen. "Das Angebot ist sehr gut, sowohl für die Aktionäre als auch für die Firma", so Fuchs. 44 Euro seien ein historisch sehr hoher Preis für OHB. "Ansonsten freut es mich ja, wenn die Leute ihre Aktien behalten wollen", räumt der Raumfahrtunternehmer ein. "Wenn alle sie sofort aus ihrem Depot schmeißen, wäre das ja kein gutes Zeichen."
Der Börsengang vor gut 20 Jahren hat dem Unternehmen auf Dauer nicht den erhofften Kapitalzufluss gebracht; den soll jetzt ein großer Investor sicherstellen. Die Raumfahrt steckt in einem Wandlungsprozess: Zu den staatlichen Auftraggebern und Institutionen kommen immer mehr private Anbieter – von kleinen Start-ups bis zu Multimilliardären wie Elon Musk, der mit seinem Unternehmen Space X inzwischen den Markt für kommerzielle Raketenstarts dominiert. Der Konkurrenzdruck im All wächst.
"Auch wir als OHB können da nicht weitermachen wie bisher", sagt Fuchs. "Wir müssen wettbewerbsfähiger werden." Durch den Einstieg eines gewinnorientierten Investors wie KKR erhofft er sich einen "Kulturwandel" im Unternehmen: "Wir müssen auch mal ans Geldverdienen denken", so seine Forderung. Produktion und Vertrieb sollen wachsen, die Verwaltungskosten sinken. Fuchs betont jedoch: "Ich will hier nicht Kasse machen, wir wollen ein Bremer Familienunternehmen bleiben."
Der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel meint, über die Motive für die Nichtannahme des Angebots ließen sich derzeit nur Vermutungen anstellen: "Offensichtlich reicht der angebotene, vergleichsweise hohe Kurs von 44 Euro pro Aktie trotz der über Jahre nicht beziehungsweise nur gering ausgeschütteten Dividende nicht aus, die Aktien in Bargeld umzutauschen." Das Unternehmen habe sich durch seinen Erfolg diese starke Aktionärsbindung selbst verdient. "Generell nimmt beim Aktienerwerb das Motiv zu, statt schnelle Kursgewinne und hohe Dividenden einzustreichen, auch gute Qualität im Portfolio zu platzieren", so Hickel.
OHB und der Investor KKR wollen abwarten, wie viele Aktionäre dem Übernahmeangebot in der zweiten Runde zustimmen. Eine Mindestannahmequote für das Zustandekommen des Deals gibt es nicht. Denkbar sei also auch, heißt es seitens der Beteiligten, dass am Ende die Familie Fuchs und KKR zusammen über mehr als 90 Prozent der Aktien verfügen und das Unternehmen von der Börse genommen wird, obwohl nicht alle Aktionäre ihre Anteile verkauft haben. Der fünfköpfige Aufsichtsrat soll bestehen bleiben; KKR wird künftig einen Vertreter dorthin entsenden.