Es ist Hochsommer, die Zeit, in der viele ihren Urlaubsplänen nachgehen – und Gastronomen auf ein gutes Geschäft hoffen. Doch zurzeit machen die nassen Tage, von denen es im vergangenen Juli in Bremen dem Deutschen Wetterdienst (DWD) zufolge mehr als 23 gab, vor allem den Betrieben mit Außenflächen im wahrsten Sinne einen Strich durch die Rechnung.
Richtung Wochenende soll die Schlecht-Wetterphase zwar eine kleine Pause einlegen, eine echte Trendwende sehen die Wetterexperten derzeit allerdings nicht. Und auch in den vergangenen Tagen haben die oft ungeplanten Schauer so manchen Ausflug zum Abbruch gebracht. Das kann im schlimmsten Fall schnell einmal existenzgefährdend werden. Milan Mitrovic vom Wild Pearl Beach Club auf dem Stadtwerder, der auf sommerliche Sandstrandatmosphäre setzt, leidet unter den vielen Regentagen. "Dieses Jahr ist wirtschaftlich eine Katastrophe", sagt er. Einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten sich bereits umorientiert, was für ihn aber "verständlich" sei, so der Geschäftsmann. Falls es weiter regnerisch bleiben sollte, will er darüber nachdenken, die Saison bereits Ende August statt im September enden zu lassen. "Die Kosten laufen ja weiter, wir müssen den Klub pflegen", erklärt er. Existenzängste habe er nicht. "Wir machen das nicht erst seit gestern, sondern seit über 20 Jahren." Zudem habe er mit einem zweiten Standbein vorgesorgt.
Auch der Sommerstrand am Lankenauer Höft hat sich wetterbedingt dazu entschieden, den Betrieb vorerst einzustellen. Auf der Startseite des Internetauftritts der Eventlocation steht prominent: "Wegen Schmuddelwetter leider zu". Dabei verlaufe das Geschäftsjahr "normal", wie ein Sprecher mitteilt. In Norddeutschland müsse man immer mit Regen rechnen, heißt es. Die Saison früher enden zu lassen, kommt für die Betreiber jedoch nicht infrage. Man bleibe optimistisch, dass das Schmuddelwetter nicht den ganzen Sommer und Frühherbst anhält, so der Sprecher weiter. Ab 2024 stelle sich das Problem ohnehin nicht mehr, da dann bei Bedarf in das Eventgebäude ausgewichen werden könne. "Das betrifft insbesondere die Open-Air-Partys, die dann bei schlechtem Wetter nicht mehr ausfallen müssen."
Gutes Wetter für Gastronomie überlebenswichtig
Besonders viel Außengastronomie in Bremen hat die Unternehmensgruppe Gastro Consulting. Alle dazugehörigen Betriebe liegen an der Weser – wie das Restaurant Paulaners Wehrschloss, das auch einen anliegenden Biergarten besitzt. Der geschäftsführende Gesellschafter Roland Koch bezeichnet das dritte Quartal genauso wie Milan Mitrovic als "katastrophal". "Die Außengastronomie hat bislang kaum Umsätze erzielt, die Umsätze liegen in etwa bei 30 Prozent unter dem Vorjahresmonat", sagt er. Die Prognose für das laufende Quartal falle daher sehr verhalten aus. "Wir können das nur noch mit sehr starken Umsätzen in den Monaten August und September kompensieren." Voraussetzung dafür sei selbstverständlich gutes Sommerwetter. Die ersten beiden Quartale seien deutlich besser gewesen, dort lägen die Erlöse über den Pandemiejahren, so Koch.
Sollte der Sommer weiter nass ausfallen, also mit deutlich weniger Tagen für die Außengastronomie, werde sich das erheblich auf die wirtschaftliche Situation vieler Betriebe auswirken, meint Koch. Er spricht von einem "gefährlichen Kosten-Cocktail". Aufwendungen für Personal, Ware, Energie, laufende Rückzahlungen aus den KfW-Corona-Krediten sowie inflationsbedingten Mietpreiserhöhungen – das alles mache es der Gastronomie schwer. "Wenn am Ende des Jahres noch der Super-GAU eintritt und die Mehrwertsteuer auf Speisen im nächsten Jahr wieder von sieben auf 19 Prozent erhöht wird, sehe ich viele Betriebe in der Gastronomie vor dem Aus." Gegen die Folgen der Steuererhöhung sei ein verregneter Sommer vergleichsweise harmlos, warnt der Unternehmer. Im Moment überlebe die Branche mit dem Steuer-Spielraum. "Noch", fügt er nach kurzer Pause an.
Der Gastronomieexperte Thorsten Lieder, Vorstand der Bremer Gastro-Gemeinschaft, pflichtet Koch bei. Die Branche habe es aus vielerlei Gründen schwer, und der viele Regen sei da nur die Spitze des Eisbergs. "Am Wetter kann man nun einmal nichts ändern", sagt Lieder, "an anderen Parametern aber schon". Als Beispiele nennt er neben dem pandemiebedingt beschlossenen ermäßigten Steuersatz von sieben Prozent auch den Fachkräftemangel, "der wegen des demografischen Wandels anhalten wird", sowie die Zuliefererkosten, die wegen der Krisen in der Welt steigen. "Alles wird immer teurer, dabei können wir die Preise nicht endlos an die Kunden weitergeben."