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Sparbemühungen und Passagiere-Rückgang Kurzarbeit am Bremer Airport bis Jahresende

Die Insolvenz des Flughafens Hahn zeigt: Airports können auch pleite gehen. Bereits vor der Pandemie befand sich der Bremer Airport im Sanierungsstau - wo er steht, und wo er mittelfristig wieder hin möchte.
21.10.2021, 06:00 Uhr
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Kurzarbeit am Bremer Airport bis Jahresende
Von Florian Schwiegershausen

Das erste Herbstferienwochenende ist vorbei und so mancher Passagier hob vom Bremer Airport aus in den Urlaub ab. In die ersten Tage dieser Herbstferien platzte die Nachricht aus dem Hunsrück: Der Flughafen Frankfurt-Hahn ist insolvent. Nach Paderborn/Lippstadt ist es schon die zweite Flughafen-Insolvenz in Deutschland innerhalb eines Jahres. Bei solchen Nachrichten stellt sich die Frage, wie die Situation in Bremen ist und wie es am Airport am Neuenlander Feld um die Sanierung steht.

Insolvenzgefahr bestehe nicht, sagte Sprecherin Andrea Hartmann. "Im Jahr 2022 ist der Flughafen finanziell abgesichert." Von den 360 Vollzeitstellen werden bis zu 30 Prozent bis Jahresende weiterhin in Kurzarbeit sein. Gleichzeitig bemüht sich der Bremer Airport, die Personal- und Sachkosten zu senken. Dazu hat der Flughafen ein Programm aufgelegt, bei dem Beschäftigte auf freiwilliger Basis das Unternehmen verlassen.

"Das Programm zielt darauf ab, durch einvernehmliche Regelungen mit einzelnen Kolleginnen und Kollegen einen sozialverträglichen Personalabbau zu erreichen. Diese Vorgehensweise ist mit dem Aufsichts- und Betriebsrat so abgestimmt worden", erläuterte Sprecherin Hartmann, die momentan selbst noch in Kurzarbeit ist. Laut ihren Angaben konnte der Flughafen gegenüber dem Wirtschaftsetat 2020 die Anzahl der Vollzeitstellen um mehr als 80 reduzieren.

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Zusätzlich bemüht sich Flughafenchef Elmar Kleinert um weitere Erlöse. Geldspritzen aus Berlin vom Bundesfinanzministerium gab es in diesem Jahr bereits. So erhielt Bremen im Februar neben elf weiteren deutschen Flughäfen die Zusage für einen Millionenbetrag zum Ausgleich der Pandemiekosten. Für den Bremer Airport bedeuteten das sechs Millionen Euro aus Berlin, während das Land Bremen weitere sechs Millionen Euro beisteuern wollte. Ein weiterer Förderbescheid über 3,74 Millionen Euro Corona-Hilfe für den Bremer Airport ging beim Bundesfinanzminister im Juni ein.

Weniger Passagierminus in Hannover und Hamburg

Allerdings ist Bremen von den 2,3 Millionen Fluggästen aus dem Jahr 2019 weiterhin weit entfernt, wie die Passierzahlen des Flughafenverbands ADV bis einschließlich August zeigen. Bremen kam demnach seit Jahresanfang auf 266.840 Passagiere. Verglichen mit dem Vorjahreszeitraum entspricht das laut ADV einem Minus von 45 Prozent. Bei anderen Flughäfen um Bremen herum fiel diese Zahl niedriger aus: Hamburg verzeichnete ein Minus von 31,3 Prozent, bei Hannover lag das Minus bis August bei 14,5 Prozent und in Münster/Osnabrück bei 15,8 Prozent.

Beim Blick auf die Passagierzahlen vom August legten andere Flughäfen verglichen mit Bremen mehr zu - abgesehen von Hamburg. Am Hans-Koschnick-Airport zählte man in dem Sommermonat 92.216 Passagiere, was gegenüber dem August 2020 einem Plus von 59 Prozent entsprach. Während am Helmut-Schmidt-Airport in Fuhlsbüttel bei mehr als 697.000 Passagieren die Zahl um 48,3 Prozent zulegte, gab es in Hannover ein Plus von 114,2 Prozent und in Münster/Osnabrück ein Plus von knapp 195 Prozent.

Dann ist da noch die Anzahl der Verbindungen: Am Mittwoch starteten 17 Flüge vom Neuenlander Feld, darunter ein einziger Flug der Lufthansa nach Frankfurt. Airport-Sprecherin Hartmann teilte mit, dass es ab dem Winterflugplan im November auch unter der Woche wieder drei Flüge täglich zum Drehkreuz am Main geben werden. Gleichzeitig wird Ryanair sein Angebot wie in jedem Winter reduzieren. Aus der Zeit vor der Pandemie fehlen weitere Verbindungen: Damals flog Air France mindestens zwei Mal pro Tag nach Paris, die ungarische Billigairline Wizzair flog nach Wien, Danzig und Kiew. Auch bot Swiss eine Verbindung von Bremen nach Zürich an. Laut Flughafen werden sich die 22 Flugziele aus dem Sommerplan ab November auf 17 reduzieren.

Andere Situation in Frankfurt-Hahn

"Wir hoffen, dass sich der Luftverkehr alsbald noch weiter erholt, sodass die Einnahmen am Bremen Airport wieder steigen", sagte Hartmann. Irgendwann wird es wohl wieder der Mix aus Linien-, Billig- und Ferienfliegern werden, auf den Bremen in der Vergangenheit setzte. Am Flughafen Frankfurt-Hahn war bereits vor der Pandemie die Situation eine andere: Einziger Kunde war Ryanair. Die Pleite rührt vom chinesischen Mehrheitsbesitzer HNA her, der Anfang des Jahres in Insolvenz ging. Durch das Wachstum an anderen zentraler gelegenen Flughäfen reduzierte Ryanair außerdem die Zahl der Flugverbindungen im Hunsrück. Nach Angaben des Insolvenzverwalters soll dort aber alles so weitergehen wie bisher.

Paderborn/Lippstadt konnte im Mai nach einem halben Jahr die Insolvenz in Eigenverwaltung abschließen. Die Belegschaft schrumpfte durch Auslagerung von Arbeit von 170 auf 64 Beschäftigte. Der Bremer Airport setzt auch ohne Insolvenz auf Sanierung. Dafür soll ein zweiter Geschäftsführer kommen, dessen Name noch nicht bekannt ist. Er soll alles daran setzen, dass der Hans-Koschnick-Airport nicht in die gleiche Situation wie Hahn und Paderborn/Lippstadt gerät.

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Der Sanierungsstau am Bremer Flughafen

Nach der Bürgerschaftswahl 2019 wurde bekannt, dass beim Bremer Airport ein Investitionsstau in Höhe von 80 Millionen Euro besteht. Die Hansestadt gewährte dem Flughafen damals ein Darlehen in Höhe von 12,6 Millionen Euro und übernahm die jährlichen Kosten für die Feuerwehr in Höhe von 4,2 Millionen Euro. Die Übernahme der Feuerwehrkosten ist ein Schritt, den bereits andere Kommunen mit Flughäfen gingen. Die EU-Kommission verbietet, Airports über Subventionen künstlich am Leben zu erhalten. Als Folge aus dem ersten Pandemiejahr machte der Hans-Koschnick-Airport 2020 einen Verlust in Höhe von 20 Millionen Euro.

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