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Wegen Unterrichtsausfall durchgefallen Bremer Bauunternehmer kritisieren Bildungsbehörde

Bremens Bauunternehmer sind wütend über den Unterrichtsausfall an der Berufsschule Alwin-Lonke-Straße. Dadurch seien mehrere Azubis in der Theorie durchgefallen. Warum die Bildungsbehörde das anders sieht.
12.07.2019, 20:29 Uhr
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Bremer Bauunternehmer kritisieren Bildungsbehörde
Von Florian Schwiegershausen

Es scheint so, als ob Bremens Bauunternehmer langsam die Nase voll haben von dem, was im kleinsten Bundesland an den Berufsschulen passiert – oder vielmehr nicht passiert. Nach Angaben des Verbands der Baugewerblichen Unternehmer im Lande Bremen (VBU) sind alle drei Straßenbau-Azubis bei der theoretischen Prüfung durchgefallen. Die Abschlussprüfung zum Tiefbaufacharbeiter, die zwei Jahre dauert, haben nur drei von elf Azubis bestanden.

Die Ursache dafür sehen die Bauinnung und der VBU im hohen Unterrichtsausfall an der Berufsschule Alwin-Lonke-Straße. Jürgen Rotschies, Obermeister der Bremer Bauinnung, weist darauf hin: „Im Schuljahr 2018/2019, also dem zweiten Ausbildungsjahr, sind rund 26 Prozent des fachtheoretischen Unterrichts an der Berufsschule ausgefallen. Von 280 Stunden, die der Rahmenlehrplan vorsieht, wurden lediglich 209 Stunden erteilt.“ Dadurch wurden laut Verband einzelne Lehrfelder nicht bearbeitet, und genau diese seien dann in der Theorieprüfung drangekommen. Um die ausgefallenen Stunden zu dokumentieren, hat der VBU auf die Berichtshefte der Azubis zugegriffen.

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Obermeister Jürgen Rotschies sagt, dass es wegen dieser Situation bereits im vergangenen März einen Brief gab, den der VBU an Bremens Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD) geschickt hatte. „Auf eine Antwort der Bildungssenatorin wartet der VBU allerdings bis heute“, sagt Rotschies. Der Brief habe Lösungsvorschläge enthalten und klargestellt, dass der Verband sehe, wie groß das Engagement ist, das die Lehrerschaft zeige.

Der Straßen- und Tiefbauunternehmer Hans-Peter Heitmann ist Mitglied des Gesellenprüfungsausschusses und sagt: „Wir sind von der Behörde maßlos enttäuscht. Letztlich sorgt sie durch ihre Untätigkeit dafür, dass der Fachkräftemangel noch größer wird.“ Unter den durchgefallenen Azubis seien auch zwei Geflüchtete, die bei Heitmann arbeiten. Sie und die anderen Azubis müssen nun ein halbes Jahr warten, bis sie die Prüfung wiederholen können. In dieser Zeit hätten die Betriebe die jungen Menschen auf ihren Baustellen lieber schon als Gesellen eingesetzt.

Unterrichtsausfall laut Bildungsbehörde kein Grund für die Prüfungsergebnisse

Seitens der Bildungsbehörde sieht Vivien Barlen, die Referentin der Bildungssenatorin, keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Unterrichtsausfall davor verantwortlich gewesen sei, dass die Azubis durchgefallen sind. Dass der Unterricht im Bereich Straßenbau aber ausgefallen ist, sei der Personalknappheit an der Schule geschuldet: „Wir sind sehr bemüht, den Unterricht dieser Berufsgruppe sicherzustellen, und haben uns deshalb intensiv mit der Schulleitung gekümmert.“ Das sei im Bereich Referendarsausbildung geschehen. „Die Schule ist sehr bestrebt, ein stabiles Team an Lehrkräften für diese Lerngruppe aufzubauen“, ergänzt Barlen.

Die Referentin erwähnt auch, dass vier Referendare an der Schule ausgebildet wurden: „Zwei davon werden ab kommendem Schuljahr bei den Straßenbauern unterrichten. Die Unterrichtsversorgung wird sich dann verbessern. Zudem wird eine weitere Person ihr Referendariat ab August im Bereich Bautechnik beginnen.“ Allerdings habe die Bildungsbehörde auch mit dem derzeit herrschenden Fachkräftemangel zu tun. Daher wolle die Behörde per Seiteneinstieg zusätzliche Kräfte gewinnen und die Priorität bei der Besetzung von Referendariatsplätzen auf das Fach Bautechnik legen.

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Der VBU sieht jedoch in der Fachtheorie in vielen Punkten Schnittmengen mit allgemeinen Fächern wie Mathematik. Wenn es dort Ersatzunterricht gäbe, würde dies den Auszubildenden schon weiterhelfen, sagt Heitmann. „Dreisatz-Aufgaben kann jeder Mathelehrer unterrichten.“ Ein anderes Beispiel sei der Deutschunterricht. „Die Mehrzahl unserer Auszubildenden sind keine Muttersprachler, in den Prüfungen ist die Sprache deshalb oft eine ihrer größten Hürden“, sagt Heitmann.

Schulträger muss alles tun, um eine gute Unterrichtsversorgung zu gewährleisten

Der Hauptgeschäftsführer des Bauindus- trieverbands Niedersachsen-Bremen, Jörn P. Makko, weiß von den Mitgliedsbetrieben von der Misere an der Alwin-Lonke-Straße, weshalb man im Dialog mit der Senatorin stehe: „Auch wenn die Lehrkräfte ihr Bestes in einem widrigen Umfeld geben, so hat der Schulträger alles zu tun, um eine gute Unterrichtsversorgung zu gewährleisten.“ Es gebe Handlungsbedarf, damit sich solche Ausbildungsergebnisse nicht wiederholten.

Der Obermeister Jürgen Rotschies ergänzt, dass die Betriebe ihre Pflicht zur Ausbildung erfüllen: „Allerdings müssen auch die politisch Verantwortlichen nicht immer nur nach mehr Ausbildungsplätzen rufen, sondern ihrer Verpflichtung nachkommen und für einen verlässlichen Berufsschulunterricht sorgen.“ Unternehmer Heitmann weiß von einem anderen Betrieb: „Der hat eine Dependance in Niedersachsen und schickt deshalb seine Azubis dort zur Berufsschule.“ Aber das sei ja keine Lösung.

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