Im Konjunkturbarometer der Bremer Wirtschaft zeichnet sich ein Stimmungswechsel ab. Fast ein Fünftel aller Unternehmen erwartet laut Konjunkturreport eine verschlechterte Geschäftslage. Vor allem Banken, Finanzdienstleister und die Industrie blicken getrübt in die Zukunft. Das geht aus dem aktuellen Konjunkturreport der Handelskammer hervor, der am Freitag vorgestellt wurde.
„Schlechter waren die Wirtschaftsprognosen per Saldo zuletzt während der Wirtschaft- und Finanzkrise in den Jahren 2008 und 2009“, heißt es zur Einschätzung der Untersuchung. Ähnlich sieht es in Niedersachsen aus – auch hier verzeichnet die Industrie- und Handelskammer verschlechterte Geschäftserwartungen. Gefragt hat die Handelskammer Bremen 419 Unternehmen aus dem Handel, dem produzierenden Gewerbe und dem Dienstleistungssektor. Bis zum 10. Juli konnten sich die befragten Betriebe äußern.
Ein Grund für die verschlechterte Stimmungslage sind die Konflikte im Welthandel. Viele Unternehmen erwarten, dass sich künftig die Geschäfte verschlechtern werden – vor allem, weil zuletzt immer wieder Strafzölle und Handelsschranken diskutiert wurden. Die Ergebnisse des Treffens zwischen US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker sind noch nicht in die Untersuchung eingeflossen. Die beiden hatten am Mittwoch vereinbart, dass sowohl die USA als auch die EU Zugeständnisse im Handelskonflikt machen und so Strafzölle auf Autos aus Europa vorerst abgewendet.
„Die Unsicherheit bei Unternehmen bleibt trotzdem“, sagt Matthias Fonger, Hauptgeschäftsführer der Handelskammer Bremen. „Die Sprunghaftigkeit des US-Präsidenten ist ein Risikofaktor.“ Das hängt vor allem mit der hohen Exportabhängigkeit des verarbeitenden Gewerbes in der Stadt Bremen zusammen. Nach Daten des Statistischen Landesamtes Bremen lag hier der Anteil des im Ausland erzielten Umsatzes am Gesamtumsatz im Jahr 2017 bei 67 Prozent. Allein der Handel mit Amerika macht etwa 14 Prozent des gesamten bremischen Außenhandels aus.
„Vor allem die Luft- und Raumfahrt und der Automobilbau sind in Bremen stark auf den Export ausgerichtet“, sagt Fonger. In der gesamten Industrie habe sich nun das Bild getrübt. „Bei allem Optimismus ist eine gewisse Zurückhaltung angebracht“, sagt auch Marcel Christmann, Geschäftsführer bei den Unternehmensverbänden im Lande Bremen, mit Blick auf das Treffen zwischen Trump und Juncker. Noch sei nichts in trockenen Tüchern, zunächst müssten die Verhandlungen abgewartet werden. „Es ist aber positiv, dass nun Gespräche geführt werden.“ Die Befürchtungen der Wirtschaft, die in der Umfrage zum Ausdruck kommen, nehme er ebenfalls wahr.
"Die Unternehmen sind nervös"
Auch Peter Bollhagen, Bremer Landesvorsitzender des Verbands Die Familienunternehmen, hat bei vielen Unternehmen schon von den Sorgen gehört. Von Pessimismus will er aber nicht sprechen. „Die Unternehmen sind vielmehr nervös und denken: ‚Es kann nicht immer so gut weitergehen.‘“
Der Blick auf die aktuelle Geschäftslage zeigt denn auch ein anderes Bild. 41 Prozent der Unternehmen halten ihre Situation für gut, 52 Prozent sind immerhin zufrieden. Diese Einschätzung zieht sich durch alle Branchen der bremischen Wirtschaft. Die gute Konjunktur schlägt sich auch in der Beschäftigung nieder. Allerdings sehen Unternehmen auch hier eine Gefahr: Wie schon bei den vergangenen Umfragen ist der Fachkräftemangel für viele Betriebe ein Problem.
So waren im Juni im Bezirk der Agentur für Arbeit Bremen-Bremerhaven so viele unbesetzte Stellen wie noch nie gemeldet: 7800. „Das ist einerseits erfreulich, weil es gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt bietet, andererseits sind viele der Stellen nur nicht besetzt, weil es zunehmend schwieriger wird, geeignete Fachkräfte dafür zu finden“, sagt Joachim Ossmann, Chef der Arbeitsagentur.
Was für Bremen und Niedersachsen gilt, lässt sich allerdings nicht auf Bremerhaven übertragen. Auch wenn hier der Hafen ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist, der stark vom Im- und Export abhängt, so sorgen sich die Unternehmen hier nicht um ihre Geschäfte in den kommenden Monaten. Matthias Fonger erklärt das mit der geringen Abhängigkeit vom Auslandsgeschäft der Bremerhavener Unternehmen. Der Anteil des Auslandsgeschäfts am Umsatz liegt hier bei 18,5 Prozent.