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Photovoltaik auf dem Schütting Bremer Handelskammer setzt auf Sonnenenergie – mit eigener Solaranlage

Eine Solaranlage ist keine bauliche Zierde – schon gar nicht auf einem denkmalgeschützten Gebäude. Die Bremer Handelskammer hat es trotzdem versucht.
21.12.2023, 05:00 Uhr
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Bremer Handelskammer setzt auf Sonnenenergie – mit eigener Solaranlage
Von Christoph Barth

Der Schütting ist der ganze Stolz der Bremer Kaufleute. Die prunkvolle Fassade des Handelskammer-Gebäudes am Marktplatz steht dem gegenüberliegenden Rathaus in nichts nach. Doch wie bewahrt man all die Pracht, wenn der 500 Jahre alte Renaissance-Bau auf den neuesten Stand der Energietechnik gebracht werden soll – einschließlich Solaranlage auf dem Dach? Dass das geht, hat die Handelskammer jetzt bewiesen – wenn auch mit ein paar Abstrichen.

Fast eine Dreiviertelmillion Euro investiert die Kammer gerade in die Sanierung ihrer Gebäude in Bremen und Bremerhaven. Das Ziel: Verglichen mit dem letzten Vor-Corona-Jahr 2019 sollen gut 70 Prozent CO2 eingespart werden. Dafür werden Fenster ausgetauscht oder repariert, LED-Lampen eingebaut – sogar in Kronleuchter – und die Lüftung saniert. Aus den Steckdosen kommt Ökostrom, zum Teil selbst produziert auf dem eigenen Dach. Doch während Solaranlagen auf Reihenhausdächern, Schulen und Industriehallen inzwischen gang und gäbe sind, wird es auf historischen Gebäuden schwierig. Blau schimmernde Fotovoltaik-Paneele auf alten Kupferdächern? Da machen die Denkmalschützer nicht mit. 

Eine Vorreiterrolle für Bremen

"Grundsätzlich sind die Dachflächen des Schütting für Solaranlagen geeignet, zum Beispiel von der Ausrichtung her", versichert Matthias Fonger, Hauptgeschäftsführer der Handelskammer. Eine Solaranlage auf dem eigenen Dach – das ist für ihn mehr als eine technische Anlage zur Stromerzeugung. "Wir müssen die wirtschaftlichen Chancen ergreifen, die im Klimaschutz gerade für uns im Nordwesten Deutschlands stecken", fordert er. Bremen könne hier eine Vorreiterrolle übernehmen. Eine Solaranlage auf dem Dach der Handelskammer wäre also ein starkes Zeichen.

Nur: Das starke Zeichen darf nicht zu sehen sein. Jedenfalls nicht von außen. Das war die Bedingung der Denkmalpfleger. Wer die neue Anlage in Augenschein nehmen will, muss über etliche Treppen und eine knarrende Holzstiege bis in den Dachstuhl des Schütting steigen und unter Lüftungsrohren hindurch in einen engen Lichthof treten. Zu sehen ist von hier außer grauem Himmel und den Turmspitzen des Doms nicht viel – das steile Kupferdach rundum versperrt die Sicht. Und das ist in diesem Fall ein echter Standortvorteil: Eine Solaranlage auf der Rückseite des Daches ist weder vom Marktplatz noch aus einer der engen Altstadtgassen zu sehen.

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"Die Dachlandschaft ist ein prägendes Element der Bremer Altstadt", erklärt Marianne Ricci, Gebietsreferentin Mitte beim Landesamt für Denkmalpflege. Spitze Giebel, steile Dächer, Kamine und Gauben aus Ziegel und Kupfer – chaotisch verschachtelt: Diesen Anblick gelte es zu erhalten. Also hat sie sich den Schütting von allen Seiten angesehen, vom Marktplatz und von der Böttcherstraße, von oben und von unten. Die Planer der Solaranlage auf dem Handelskammer-Gebäude hatten ursprünglich noch weitergehende Pläne: Drei der vier Dächer rund um den Lichthof sollten Solarpaneele erhalten. Zwei Standorte jedoch wären aus bestimmten Blickwinkeln zu sehen gewesen, also wurden sie gestrichen.

3,7 Tonnen weniger CO2 im Jahr

Übrig blieb die Rückseite des Daches über der Marktplatzfront – der Schauseite des Schütting. Zu den wenig dekorativen Lüftern, die das Dach verbirgt, gesellen sich dort nun 25 Module mit Solarzellen, insgesamt 60 Quadratmeter Fläche. Das reicht für eine Spitzenleistung von gut zehn Kilowatt. Zu wenig, um das ganze Gebäude mit Strom zu versorgen, aber immerhin ein Beitrag zum Klimaschutz: 3,7 Tonnen CO2 sollen mit Hilfe des Solarstroms vom Dach jährlich eingespart werden.

Auch auf dem modernen Nebengebäude Hinter dem Schütting soll im kommenden Jahr eine Solaranlage installiert werden. Für Handelskammer-Chef Fonger steht damit fest: "Es ist möglich, auch in einem historischen Gebäudebestand mit Solarenergie zu arbeiten." Tobias Döpkens, Geschäftsführer der Bremer Firma Adler Solar, die die Anlage auf dem Schütting montiert hat, sieht darin eine gute Nachricht – erhöht sie doch das Potenzial für die Sonnenenergie. "Es wird sehr viel geforscht, etwa an Dünnschichtmodulen", erklärt er. Die sollen sich weniger auffällig platzieren lassen und so die Akzeptanz für Fotovoltaik-Anlagen erhöhen. "Aber das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis bieten nun einmal nach wie vor die Standardmodule", räumt er ein.

Weitere Projekte auf historischen Gebäuden sind bereits geplant, etwa auf dem Hauptbahnhof und dem Überseemuseum. Auch das Dach der Bürgerschaft ist für Landesdenkmalpfleger Georg Skalecki keine Tabuzone: Ich sehe da durchaus Möglichkeiten, über die wir mit der Bürgerschaft auch schon gesprochen haben", sagt er. Beim Prunkstück des Altbremer Ensembles allerdings – da sind sich alle Beteiligten einig – kommt keine Solaranlage aufs Dach, auch nicht auf der Rückseite versteckt: Das Rathaus bleibt Weltkulturerbe – und zwar so, wie es ist.

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