Herr Rose, haben Sie so eine Preisentwicklung an den Tankstellen schon mal erlebt, so lang Sie hier arbeiten?
In den 13 Jahren gab es das so noch nicht. Früher hatten die Grünen mal gesagt, dass ein Liter Sprit fünf Mark kosten soll. Davon sind wir jetzt nicht mehr weit entfernt.
Wieso kostet der Diesel jetzt mehr als Benzin?
Schauen wir einfach, wo die Lieferengpässe jetzt herkommen. Aus Russland kommt als Kraftstoff eben viel Diesel, und das ist jetzt ein schwieriges Geschäft geworden. Da haben wir momentan einen Mangel, während die anderen Produkte wie zum Beispiel Super eher aus anderen Quellen kommen. Diesel ist ein Massenprodukt und wird am meisten von allen Kraftstoffen verkauft. Wenn wir da einen Engpass haben und alle auf die Dieselmengen zugreifen, die jetzt gerade auf den Ozeanen schwimmen, dann ist klar, dass der Preis steigt, weil man den Kraftstoff ja auch haben will. Ich denke, ein weiterer Preistreiber ist außerdem die hohe Nachfrage nach Heizöl aufgrund der drohenden Verknappung. Davon kommen solche Verwerfungen.

Die Preise für Diesel und Benzin haben die Zwei-Euro-Marke überschritten.
Verkaufen Sie durch diese hohen Preise weniger Liter an Ihren Tankstellen?
Man merkt das schon, dass es unter dem Strich etwas weniger ist. Viele werden jetzt schon überflüssige Wege mit dem Auto vermeiden und gehen vielleicht auch mehr zu Fuß, statt zu fahren. Das große Ganze wird aber benötigt, denn ein Spediteur wird auch weiterhin die Ware bringen. Das kostet den Auftraggeber dann einen Dieselaufschlag, oder der Spediteur muss es ablehnen. Allerdings wird zum Jahresanfang immer weniger getankt, weil da die Reisen über Weihnachten und Silvester erst mal vorbei sind. Die großen Absätze beginnen eigentlich immer eher im März und April mit Beginn der Osterferien.
Man trifft an Tankstellen immer wieder Autofahrer, die sagen: „Ich tanke ja eh immer nur für 20 Euro.“
Vielleicht tankt der ab jetzt erstmal immer für 50 Euro.
Schwimmt der Diesel denn da auf dem Ozean jetzt etwas länger, damit die Preise noch weiter steigen?
Der Handel findet ja unterwegs statt, also während das Schiff auf dem Weg zum Zielland ist. Das Schiff schwimmt dann nicht herum, um die Preise zu erhöhen. Im Gegenteil: Umso besser, wenn es dann in den Hafen kommen kann. Derzeit soll es noch Öl aus Russland geben. Ich bin allerdings kein Großhändler.
Und in welche Richtung wird sich der Spritpreis weiter bewegen?
Wenn es wirklich ein Russland-Embargo gibt, kann es nochmals teurer werden. Ich denke aber, dass diese Hochpreisphase zeitlich befristet ist. Vielleicht kommt die Opec dann auch auf den Trichter, wieder mehr Öl zu fördern. Schließlich hat sie ja jetzt auch gut verdient.
Sie vertreiben an ihren Tankstellen auch den alternativen Diesel, der aus Gas hergestellt ist, der sogenannte GTL-Kraftstoff, also Gas-to-Liquid. Sonst kostet der ja immer etwas mehr – jetzt auch noch?
Beim GTL gibt es eine Bindung an die Preisindizes. Das können wir nicht frei handeln.
Aber damit bieten Sie ja bereits seit einigen Jahren alternative Kraftstoffe an.
Das ist der Anfang von allem. Bei GTL denke ich automatisch an E-Fuel, was die nächste Entwicklung sein wird. Da sind wir momentan strategisch unterwegs. Wir sind ja auch im Konsortium des Wasserstoff-Projekts „Hyways for future“ Gründungsmitglied, in das zum Beispiel auch die EWE involviert ist. In zwei Wochen wird die Wasserstofftankstelle in Oldenburg für den Testbetrieb ans Netz gehen. Testbetrieb heißt, dass noch etwas ausfallen könnte. Aber sie ist für alle zugänglich. Die neue Technik dort erlaubt es, dass wir in kurzer Zeit große Mengen für große Fahrzeuge abgeben können. Dort werden dann auch die Busse und Müllfahrzeuge betankt, die die Stadt Oldenburg entschieden hat, zu kaufen.
Und in Bremen?
Dort werden wir auch eine Wasserstofftankstelle bauen, weil wir hier mit der EWE auch den Elektrolyseur haben, der also den Wasserstoff produziert. Wir haben schon einen Platz im Auge. Es müssen aber noch ein paar Hürden genommen werden, weshalb ich da momentan nicht mehr zu sagen kann. Ich sage es mal so: So etwas baut man nicht in die Innenstadt.
Im November hat sich BMÖ mit Pfennings in Nordrhein-Westfalen zusammengetan. Welche Rolle spielen Sie da?
Auch da kümmere ich mich darum, die alternativen Kraftstoffe voranzubringen. Wir haben in Nordrhein-Westfalen im Kreis Düren zwei Tankstellen, auch mit Elektrolyseur, für die wir jetzt die Förderanträge gestellt haben. In diesem Jahr wird es wohl die Bescheide geben, und dann wird da etwas passieren. Dann kommt man da auch auf eine schwarze Null. Ziel ist es, dass wir zehn Prozent unserer Tankstellen mit Wasserstoff ausstatten. Es müssen eben Standorte sein, an denen es auch die Nachfrage nach Wasserstoff gibt.
Und was ist mit E-Ladesäulen an Ihren Tankstellen?
In Brinkum gegenüber vom Outlet-Center hat Tesla zwölf Super-Ladesäulen hingebaut und wir nochmal zwei 300-Kilowatt-Ladesäulen. Mehr geht da nicht. Das hat dann von der Infrastruktur her seine Grenzen, von den Leitungen her. Dadurch wird die Tankstelle vor allem an Wochenenden stark frequentiert. Aber vielleicht bauen wir auch da eine Wasserstofftankstelle hin, sofern es genehmigt wird.
Was muss da genehmigt werden?
Sie haben als Auflage den gleichen Explosionsschutz wie bei einer herkömmlichen Tankstelle mit Otto-Kraftstoffen. Wir müssen den Wasserstoff hoch verdichten, und das kann zu Lärmbelästigungen führen. Das ist also auch relevant für die Genehmigung, ebenso wie der Abstand zu Gebäuden.
Damit führen Sie die Tankstelle in die Zukunft. Ansonsten muss man sich ja fragen, wer heutzutage noch eine Tankstelle pachtet.
Für mich ist eine Tankstelle heutzutage ein Nahversorger. Und wir reden über Warenströme, die wir umweltfreundlich abbilden wollen. Nach der Energiewende wird es die Hoftankstelle beim Spediteur nicht mehr geben. Es braucht dann auch Parkmöglichkeiten als Alternativen zum Wildparken, außerdem müssen die Fahrer versorgt werden. Wenn wir einen solchen Mobility Hub planen heutzutage, reden wir über alles bis hin zum Hotel.
Über was für Dimensionen reden Sie da?
Früher hat man einen Autohof auf zwei Hektar gebaut, heute ist man da schnell mal bei fünf oder sieben Hektar, damit dort Platz für alles ist. Und natürlich werden wir dort auch E-Fuels anbieten. Denn wir merken, dass die Mischung der Antriebe erfolgversprechender ist als alles nur auf eine Karte zu setzen. Irgendwann haben wir vielleicht auch Benziner, die nur einen oder zwei Liter auf 100 Kilometern benötigen. Man muss aufhören, zu meinen, man weiß schon alles. Auf der anderen Seite muss ich damit rechnen, dass ich in fünf Jahren weniger Kraftstoff verkaufe.
Wie wollen Sie das kompensieren?
Am Ende bin ich Händler, und ich handle das, was der Kunde möchte. Wenn wir also das Öl nicht mehr verkaufen, schauen wir, was wir stattdessen verkaufen können.
Wie leicht ist es denn, noch Pächter für eine Tankstelle zu finden?
Durch das Joint Venture mit Pfennings betreiben wir sehr viel mehr selbst die Tankstellen. Wenn in Bremen jetzt ein Pächter aussteigt, gibt es keinen Grund, einen neuen zu suchen. Die sind auch selten geworden. Sie dürfen nicht vergessen: Als Pächter haben sie Arbeitszeiten, die viele Menschen so nicht wollen. Unsere Pächter sind noch sehr glücklich. Ich habe ja auch den Kontakt zu Pächtern anderer Firmen, und die wären froh, wenn sie bei uns wären. Am Ende müssen Sie das schon aus Überzeugung machen.
Das ist nachvollziehbar.
Aber wer mal an der Tankstelle gearbeitet hat, weiß, dass das auch Spaß macht. Das ist sehr kommunikativ, man lernt viele Menschen kennen, aber es ist eine Arbeit, die nicht übermäßig bezahlt wird. Wir versuchen das Beste für sie. Aber sie sind es, die dann von allen die Frage gestellt bekommen: „Warum ist der Sprit so teuer?“. Da ist aber gleichzeitig jemand, der gute Arbeit macht und trotzdem die Frage gestellt bekommt, warum der Sprit so teuer ist. Bei Apple stellen die Menschen die Frage auch nicht. Sie sehen also, dass die Wertschätzung für das Produkt Tankstelle nicht so groß ist und gern größer sein könnte.