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Made in Bremen Bremer Stahl Service: Hier sprühen die Funken

Von Maschinenbau bis Schiffbau: Der Bremer Stahl Service beliefert eine Vielzahl von Branchen. Hier wird Stahl in all seinen Formen bearbeitet – von Blechen über Rundteile bis hin zu langen und kurzen Teilen.
27.07.2025, 17:00 Uhr
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Von York Schaefer

Schon bei der Anfahrt zum Betriebsgelände des Bremer Stahl Service (BSS) werden die immensen Dimensionen des Unternehmens im Hemelinger Gewerbepark Hansalinie deutlich. Von einer T-Kreuzung an der angrenzenden Straße aus betrachtet, erstreckt sich die Werkshalle mit Verwaltungsgebäude über mehr als eine Fußballfeldgröße nach links und rechts. „Think Big“ ist im Stahlgeschäft Standard.

Das sieht auch Ralf Henkelmann so, der zusammen mit Bill Talayman die Geschäfte des Unternehmens führt. „Wir haben hier 27.500 Quadratmeter Fläche, das ist ein bisschen größer als eine Dreizimmerwohnung. Wir arbeiten mit Blechen, mit Rundteilen, mit langen und kurzen Teilen – es ist kein Knopfhandel, den wir hier machen“, sagt der Freund griffiger Kontraste zu Beginn des Rundgangs durch die riesige Halle. Man hört das Surren und Zischen von Maschinen und die dumpfen Geräusche von Stahlteilen, die abgelegt und bearbeitet werden.

Das Kerngeschäft des Bremer Stahl Service ist die sogenannte Anarbeitung von Rohstahl, eine Vorstufe der Verarbeitung. „Anarbeitung ist das Konfektionieren des Rohprodukts zum Beispiel zu einer Scheibe. Die kann man aber so nicht in ein Getriebe einbauen, die muss man erst noch drehen, abfräsen und härten. Das ist dann die Verarbeitung“, erläutert Talayman die verschiedenen Herstellungsstufen im Stahlbereich.

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Für die Anarbeitung verwendet das Unternehmen drei verschiedene Systeme der thermischen, also temperaturgeführten Bearbeitung des Materials. Autogene Brennschneider zerteilen Funken sprühend Stahlbleche in Streifen, eine Plasmaschneideanlage lässt den überwiegend aus Eisen bestehenden Werkstoff Stahl über erhitztes Gas schmelzen, Laser bohren millimetergenaue Löcher. „Die kennt man ja aus Starwars, da wird mit Licht geschnitten“, wie Henkelmann mit einem Schmunzeln grob erklärt.

Neben dem Zuschnitt von Stahlblechen, Rundstählen, Führungsschienen oder Profilen bereiten die Bremer Stahlteile vor, sie schneiden, bohren und schweißen Komponenten zusammen.

Dabei wäre es ohne Henkelmann und Talayman wahrscheinlich sehr still auf dem 60.000 Quadratmeter großen Areal des Unternehmens. Der Bremer Stahl Service gehörte ursprünglich zum Konzern Knauf Interfer mit Sitz in Duisburg. Als der Bremer Standort aus marktstrategischen Gründen und aufgrund mangelnder Profitabilität geschlossen werden sollte, haben Henkelmann und Talayman zum 1. Oktober 2019 das Geschäft als Management-Buy-out übernommen.

Beide sind seit über 40 Jahren im Stahlgeschäft, haben in Führungspositionen gearbeitet. „Wir waren überzeugt, dass wir das Unternehmen auch ohne Konzern retten und nach vorne bringen können“, berichtet Talayman über den mutigen Schritt zu Unternehmensbesitzern.

Es sei damals auch um die soziale Verantwortung für die Mitarbeiter gegangen, betont Henkelmann. Immerhin 70 der ehemals 100 Mitarbeiter behielten ihren Job. Heute sind es noch 64, was angesichts der räumlichen Größe des Unternehmens fast wenig wirkt. „An unseren Maschinen arbeitet aber eben immer nur eine Person“, erklärt Talayman.

Und auch die Automatisierung hat beim BSS Einzug gehalten. In der Werkshalle zeigen die beiden Geschäftsführer die neueste Investition: eine vollautomatische Roboterzelle. Nach dem Brennen mit bestimmten Techniken entsteht ein Grat an dem Werkstück, eine unerwünschte, manchmal auch scharfe Kante, die entfernt werden muss. „Das macht der Roboter komplett selbstständig. Er guckt von oben mit dem Magic Eye drauf, erkennt die Kontur und bearbeitet sie mit Meißel oder Flex“, erklärt Henkelmann, der die Halle des Unternehmens gerne auch als „großen Abenteuerspielplatz“ bezeichnet.

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Zu den Kernkunden beim BSS gehören Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau, aus dem Schiffbau und den Bereichen Landmaschinen und Kräne. „Heavy goods eben, alles, was ein bisschen schwerer ist“, wie es Firmenchef Henkelmann auf den Punkt bringt. 80 Prozent des Geschäfts laufen im deutschen Markt, der Rest in den Benelux-Ländern, in Skandinavien und Anrainerstaaten wie Polen und Österreich.

24 verschiedene Güten an Stahl hat man beim BSS im Lager. „Wenn der Kunde eine Scheibe mit 30 Millimetern in einer bestimmten Güte und mit einem bestimmten Durchmesser bestellt, wird das hier mit Stahlsägebändern auf die gewünschte Länge gebracht“, erklärt Talayman. Stahl in der Breite bis fünf Meter, in der Länge bis 24 Meter und Dicken bis 300 Millimeter können sie beim BSS bearbeiten.

Auch im Handelsgeschäft ist man dort im kleineren Umfang tätig. Auf dem Weg durch die Halle kommt man an mehreren fest verpackten, um die 200 Kilogramm schweren Schmiedeteilen aus China vorbei. „Allerfeinste Ware“, nennen Henkelmann und Talayman die Produkte – auch um mal eben mit immer noch gängigen Klischees über vermeintlich schlechte Produktqualität aus China aufzuräumen.

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„Das könnten Antriebswellen sein, die werden nach Kundenzeichnungen in einem Stück aus einer Gesenkschmiede hergestellt“, sagt Henkelmann. Die Teile seien für die Verwendung in einer technischen Umgebung mit hohen Belastungen, wo eine Schweißnaht nicht ausreicht.

Um was für Teile es sich genau handelt, wissen die beiden nicht – was durchaus öfter vorkommt beim BSS, aber eben auch nicht notwendig ist für die Arbeit des Unternehmens. Man müsse oft selber raten, um was für Teile es sich handeln könnte. „Vieles, was wir herstellen, geht in Maschinen, mit denen dann Alltagsgegenstände wie der Joghurtbecher, der Gummistiefel oder der Handschuh hergestellt werden“, erklärt Talayman. Ganz kleine Dinge also im Vergleich zu den sonstigen Dimensionen beim Bremer Stahl Service.

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