Das Schwert steckt in der Erde. Verloren? Vergessen? Auf jeden Fall liegen gelassen. Ein Spielzeug für Kinder, schön gearbeitet, da haben sich Vater oder Mutter viel Mühe gegeben. Das Schwert ist aus Holz. Natürlich, denn was ist hier nicht aus Holz? Ein kleiner Wald fast, der im Ellener Hof verbaut wurde und immer noch verbaut wird.
In einem der Wohnhäuser liegt der Holz-Anteil bei 97 Prozent. Enorm. Das ist nachhaltig, klimafreundlich und sieht auch noch gut aus. Das ist aber auch: teuer, sehr teuer. Die Preise für Holz sind in den vergangenen Jahren zeitweise durch die Decke gegangen. Die Preise fürs Bauen insgesamt auch. Nicht lustig, wenn die Kalkulation dermaßen ins Rutschen gerät.
So mancher Traum wird in dem zehn Hektar großen Quartier begraben worden sein, andere aber haben sich trotz aller Probleme erfüllt. Der Ellener Hof ist gut herangewachsen, fertig ist das von der Bremer Heimstiftung initiierte soziale und ökologische Modellprojekt aber noch lange nicht.
Rund 500 Wohnungen werden auf dem Ellener Hof entstehen
Rundgang mit André Vater, Chef der Heimstiftung. Er beginnt am Kastanienhof, einer edlen Adresse am Eingang des Quartiers. Dort steht ein schlicht-schönes Mehrfamilienhaus, das 18 Wohneinheiten versammelt. Wer oben wohnt und zur richtigen Seite hinaus, blickt in die Krone eines alten und sehr mächtigen Kastanienbaums. Bestlage, exponiert und trotzdem ruhig. "Die Wohnungen waren natürlich sofort weg", sagt Vater. Zu welchem Mietzins weiß er nicht, nur so viel: "Wir haben auf dem Ellener Hof eine Spanne von 6,80 Euro bei sozial geförderten Projekten bis zu 15 Euro, wenn die Wohnungen frei finanziert wurden."
Rund 500 Stück werden es auf den 15 Baufeldern am Ende sein. Allen gemeinsam ist, dass die Grundstücke nach Erbbaurecht vergeben werden. Der Boden, heißt das, bleibt im Eigentum der Stiftung. Wer baut, bezahlt nur das Gebäude und nicht die Fläche, auf der es steht. Das spart zunächst Geld, hat aber den Nachteil, dass ein monatlicher Erbbauzins fällig wird. Vertraglich geregelt ist außerdem, dass die Konstruktion des jeweiligen Hauses einen Holzanteil von mindestens 70 Prozent haben muss.
Früh ist zum Beispiel ein Studierendenwohnhaus entstanden, das mit sieben Geschossen höchste Holzgebäude in Bremen. "Wir waren gespannt, ob das funktioniert - junge Leute und so weit raus aus der Stadt. Kommen die überhaupt, haben wir uns gefragt", erzählt Vater. Sie kamen. Keines der 66 Appartements blieb unbelegt. "Bis zum Campus sind es mit Bus oder Bahn 35 Minuten, und zum Einkaufen muss man vom Ellener Hof nur über die Straße", zählt der Stiftungs-Chef die Vorteile auf.
Junge und Alte, Wohngemeinschaften, Singles, Familien und Baugemeinschaften - eine bunte Mischung im Quartier, die sich in verschiedenen Wohnformen widerspiegelt. Alles aus Holz, aber nichts von der Stange. Etwas ganz Besonderes sind die Reihenhäuser. Der Klassiker des "Bremer Hauses", nur neu erfunden. Einige sind bereits bezogen, andere in Bau, Weitere in der Planung. Zur Wahl stehen sieben Entwürfe von sieben Architekturbüros. Vater schaut auf eine Reihe, die so gut wie vollendet ist: "Erinnert mich an die Hummerbuden auf Helgoland."

Alter Baumbestand in einem der Hinterhöfe, die für alle Menschen im Quartier zugänglich bleiben.
Da war die Kastanie am Eingang, und da sind die vielen anderen Bäume auf dem Gelände. Der Vorteil, rund um die Häuser Grün nicht nur zu schaffen, sondern es auch zu erhalten. Wer hat schon einen Garten hinterm neuen Haus, in dem dicke Eichen stehen? Möglich geworden ist das durch eine Planung, die den Naturbestand in weiten Teilen als unverhandelbar betrachtet. "Um die Bäume drumherum", lautet die Losung. Das prägt, gibt dem Baugebiet im Wortsinne etwas Gewachsenes. "Auch etwas, das in den Erbpachtverträgen steht: Die Bäume und das andere Grün müssen von den Pächtern gepflegt werden", sagt Vater.
Die Heimstiftung vergibt die Grundstücke, sie baut aber auch. Drei große Gebäude zum Beispiel, die gemeinsam im 1. Obergeschoss einen attraktiven Innenhof umschließen, der mit viel Grün, einem Spielplatz und Sitzbänken ausgestattet ist. Eines der Häuser ist ein Wohn- und Geschäftshaus mit Arztpraxen, einem Hebammenzentrum, Büros, einer AOK-Filiale, anderen Dienstleistern und 14 Wohnungen. Die anderen beiden sind reine Wohngebäude mit insgesamt 38 Einheiten, darunter viele kleinere, die sozial gefördert sind, und vier rollstuhlgerechte Wohnungen. Neben der Heimstiftung bauen auf dem Ellener Hof auch Gewoba und Brebau. Es gibt auf dem Areal zwei Kindertagesstätten - und als sehr bunten Tupfer ein Hindu-Tempel.
Sozial und ökologisch soll es in dem Quartier zugehen. Konkret heißt das: Kooperation und Vielfalt auf der einen Seite, der bunte Mix, zusammengeschweißt zum Beispiel durch gemeinschaftliches Gärtnern auf einer großen Fläche, die den Bewohnerinnen und Bewohner von der Heimstiftung überlassen wurde. Auf der anderen Seite der Umweltgedanke in Form von Klimaschutz, Grünplanung und Fahrradquartier. Pakete, die ankommen, werden an einer zentralen Station gesammelt und mit Lastenräder zur Endadresse transportiert. Gut fürs Klima - so wie das Energiekonzept mit einer Kombination von Sonnenenergie und Nahwärme.
Der Straßenbelag wird am Ende hell sein und nicht dunkel. "Das macht einen Temperaturunterschied von drei Grad aus", weiß Vater, "auf diese Weise entstehen keine Wärmeinseln." Der Belag lässt noch auf sich warten, er wird das Zeichen dafür sein, wie weit der Ellener Hof gediehen ist. Vater und die anderen Akteure in dem Entwicklungsprozess haben sich festgelegt: "Zuerst müssen 80 Prozent aller Bauten fertig sein."