In Spielzeugläden wird die Ware knapp. Inhaber aus Bremen und Niedersachsen berichten von coronabedingten Lieferschwierigkeiten der Hersteller – und bereiten sich auf ein eingeschränktes Weihnachtsgeschäft vor. „Die ganze Logistik ist im Eimer“, sagt Jürgen Münzer vom Fachgeschäft „Die Spielerei“ im Viertel. Betroffen von dem Engpass sei alles, was aus China kommt. „Und es kommt viel aus China“, so Münzer.
Der Mangel ist überall in Deutschland und auch im europäischen Ausland zu spüren. Zuletzt hatten Branchenexperten im Züricher „Tagesanzeiger“ eine anhaltende Knappheit und steigende Preise prognostiziert. Der Export dauere länger, da die großen chinesischen Häfen durch Lockdowns immer wieder ihre Kapazitäten herunterfahren würden, heißt es in dem Bericht. Schon jetzt seien viele Spielwaren bei den Herstellern nicht mehr erhältlich, sagt Münzer. Im Geschäft sei das erst bedingt spürbar.
Besonders betroffen sei Holzspielzeug, sagt Martina Mönch. Die Inhaberin des Traditionsgeschäfts Spielwaren Wichlein berichtet von Engpässen bei Puzzles, Schachspielen und Holzfiguren. Wegen der Corona-Pandemie würden weniger Container aus Asien verschifft. Mönch verweist zudem auf den generellen Holzmangel, der auch die Spielzeugindustrie unter Druck setze. „Wir hören das von allen Firmen, die Holz benötigen“, sagt die Ladeninhaberin. Noch, so Mönch, laufe das Tagesgeschäft relativ normal. Sie erwartet allerdings ein Problem in Richtung Weihnachten. „Es kann gut sein, dass nicht alle Leute das gewünschte Geschenk bekommen“, sagt Mönch.
Für die Ladeninhaber ist dieses ein in doppelter Hinsicht schwieriges Jahr. Normalerweise bestellen sie bereits im Frühling den größten Teil ihrer Waren für das Weihnachtsgeschäft. Allerdings sei während des Lockdowns nicht abzusehen gewesen, ob und wann die Läden überhaupt öffnen dürfen, sagt Imke Fleischer. Sie leitet das gleichnamige Kaufhaus in Osterholz-Scharmbeck. Fleischer hat nach eigener Aussage etwas zurückhaltender als sonst vorbestellt. Als die Geschäfte im Mai und Juni wieder geöffnet waren, seien die Lieferschwierigkeiten schon spürbar gewesen. Fleischer nennt die Lage „dramatisch“. Betroffen sei nicht nur Ware aus Asien, sondern „eigentlich rundherum alles. Das reicht von ganz simplen Kartenspielen über Actionfiguren bis hin zu ferngesteuerten Autos.“
Einige Firmen hätten besonders große Lieferprobleme. Fleischer und Mönch berichten, dass vom bekannten deutschen Spielzeughersteller Schleich aktuell kaum Ware zu bekommen sei. „Ich weiß jetzt schon, dass es in dem Bereich zu Weihnachten eine Katastrophe wird“, sagt Fleischer. Schleich selbst wollte keine Stellungnahme abgeben. Andere Hersteller halten sich Fleischer zufolge in der Krise noch relativ stabil – sie nennt hier Lego, der teilweise in China herstellen lässt. Allerdings erwartet sie auch bei dessen Produkten eine Zuspitzung der Lage. Der Konzern hatte kürzlich gegenüber dem Züricher „Tagesanzeiger“ erklärt, die Nachfrage bedienen zu können.
Auch wenn sie nicht alle gewünschten Produkten bekommen habe, seien in ihrem Geschäft die Regale aktuell noch gut gefüllt, sagt Fleischer. Größere Schwierigkeiten erwartet sie von November an. „Bei überdurchschnittlich beliebten Produkten kann es schnell zu einem Engpass kommen“, teilt der Bundesverband des Spielwaren-Einzelhandels (BVS) mit. Erste Hersteller hätten wegen der gestiegenen Frachtkosten die Preise erhöht. Fleischer spricht von 80 Prozent der Lieferanten, bei denen das zuletzt der Fall gewesen sei. Sie versichert, die gestiegenen Preise nicht an ihre Kunden weitergeben zu wollen – auch als Dank für deren Treue während des Lockdowns.
BVS-Geschäftsführer Steffen Kahnt beteuert: „Kein Kind wird an Weihnachten leer ausgehen.“ In Bremen finden sich auch Spielzeugläden, die bislang kein Problem sehen. Bei Spielwaren Toto in der Neustadt zeigt man sich überrascht. Lieferengpässe? Davon sei nichts zu spüren, sagt eine Mitarbeiterin. Auch Neubestellungen seien problemlos möglich. Das Geschäft beziehe kaum Spielzeug aus Asien.
Mönch sagt, dass man sich vielleicht zu sehr von der günstigen Produktion außerhalb Deutschlands abhängig gemacht habe. Besserung erwartet sie vorerst nicht, auch Alternativen zu den jetzt knapper werdenden Produkten seien rar gesät. „Das Problem wird uns noch mindestens bis Mitte nächsten Jahres begleiten“, prophezeit Münzer. Die Lieferknappheit kollidiert mit wachsendem Interesse an Spielzeug. Viele Kunden sind seit Corona-Beginn in Kauflaune. Die deutsche Spielwarenindustrie hatte Anfang des Jahres für 2021 ein Umsatzplus von neun Prozent prognostiziert.