Als Marco Fuchs die achte Seite seiner Präsentation erreicht, lächelt er etwas spitzbübisch. „Jetzt kommen wir zu meiner Lieblingsfolie“, sagt er, als der Beamer vier Diagramme mit etlichen blauen Balken auf die Leinwand wirft. Betrachtet man sie von links nach rechts, werden sie immer größer. Und das ist es auch, was Fuchs so freut.
Die Balken zeigen, wie sich Umsatz und Gewinn des Bremer Raumfahrtunternehmens OHB in den vergangenen Jahren entwickelt haben. „Wir sind immer profitabler geworden“, sagt der Vorstandvorsitzende. Und auch 2017 ist in dieser Aneinanderreihung von Erfolgen keine Ausnahme. Das bekräftigt Fuchs an diesem Mittwoch noch einmal, als er die Bilanz seines Unternehmens vorstellt. „So eine Entwicklung gibt es nicht oft in Deutschland.“
Mit 860 Millionen Euro hat das Bremer Familienunternehmen im vergangenen Jahr so viel umgesetzt, wie noch nie. Im Jahr zuvor waren es noch 728 Millionen, was einen Zuwachs von 18 Prozent bedeutet. Auch der Gewinn vor Steuern stieg: von 42,7 auf 44,2 Millionen Euro. Auf den zweiten Blick zeigt sich aber auch, dass die Gewinnmargen von OHB geringer geworden sind. Fuchs erklärt das mit Investitionen, die der Konzern im vergangenen Jahr getätigt habe.
Den größten Anteil an dem guten Ergebnis hatte der Unternehmensbereich „Space Systems“. Hier liegt das Kerngeschäft von OHB: die Entwicklung und der Bau von Satelliten. So haben die Raumfahrtingenieure im vergangenen Jahr etwa den Auftrag bekommen, ein Satellitensystem zur weltweiten elektro-optischen Aufklärung für die Bundesrepublik Deutschland zu bauen. Volumen des Projekts: 400 Millionen Euro. Hinzu kommen noch Verträge für den Bau des Kommunikationssatelliten Heinrich Hertz und weitere Galileo-Satelliten für das europäische Navigationssystem. Insgesamt hatte OHB in 2017 Aufträge im Wert von 2,4 Milliarden Euro in den Büchern, im Jahr zuvor waren es 1,6 Milliarden.
„Die Welt um uns herum bleibt aber nicht stehen“, sagt Fuchs. Damit OHB bei der Konkurrenz aus den USA und China mithalten könne, müsse die Firma auch investieren. Im vergangenen Jahr ist das bereits geschehen. So sei viel Geld in die Entwicklung von Small-Geo geflossen, einer Plattform für geostationäre Satelliten, die in einer Umlaufbahn von 36 000 Kilometern Höhe die Erde umkreisen.
Diese Flughöhe wird als geostationärer Orbit bezeichnet, weil Satelliten dort stets über dem gleichen Punkt auf der Erdoberfläche bleiben. Auch in die Augsburger Tochterfirma MT Aerospace hat OHB investiert. Sie ist momentan Zulieferer für die europäische Trägerrakete Ariane 5 und auch bei der Nachfolgerin Ariane 6 beteiligt. „Hier wird es erst ab 2020 richtig spannend“, sagt Fuchs. Dann soll die Rakete zum ersten Mal abheben.
Umsatz soll weiter steigen
Auch für 2018 stellt sich OHB auf ein Rekordjahr ein. „Wir sind auf einem guten Weg, wachsen, stellen Leute ein“, sagt Fuchs. Erst Anfang März hat OHB einen Vertrag unterschrieben, der dafür sorgt, dass das Raumfahrtunternehmen auch an der zweiten Exomars-Mission maßgeblich beteiligt ist. Für 102,6 Millionen Euro bauen und entwickeln die Bremer das Trägermodul für die lange Reise zum Mars.
Auch der Umsatz soll in diesem Jahr noch einmal deutlich zulegen. Wenn alles nach Plan laufe, werde er wohl erstmals die Marke von einer Milliarde Euro überschreiten. Dazu hat sich der OHB-Chef Verstärkung geholt. Ab April werden Kurt Melching und Lutz Bertling (siehe Interview) in den Vorstand aufrücken. Melching arbeitet bereits seit längerer Zeit bei OHB und wird sich um die Finanzen kümmern, Bertling war zuletzt Präsident von Bombardier Transportation. Er übernimmt den Bereich Unternehmensentwicklung von Fritz Merkle, der im Sommer mit 68 Jahren altersbedingt aus dem Vorstand ausscheiden wird.
Dass mit Bertling ein international erfahrenen Manager OHB unterstützen wird, freut den Vorstandsvorsitzenden besonders. „Wir sind jetzt ein Milliardenladen“, sagt Fuchs. „Der wird anders gemanagt als ein Millionenladen“ und spielt damit den wachsenden Umsatz an. Mit Lutz Bertling als neuen Vorstand sei ihm ein „Königstransfer“ gelungen. „Ich hätte nie gedacht, dass er sich für eine so kleine Firma wie OHB entscheidet“, sagt Fuchs. Ein kleine Firma, die allerdings immer größer wird.