Die Grünen haben es versucht, sich aber nicht durchgesetzt: Der geplante Offshore Terminal Bremerhaven (OTB) ist auch nach den Koalitionsgesprächen in dieser Woche nicht endgültig vom Tisch. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Partei das vermeintliche OTB-Budget in Absprache mit den möglichen Koalitionspartnern SPD und Linke für andere Strukturmaßnahmen in Bremerhaven verwenden will. SPD, Grüne und Linke haben sich lediglich darauf verständigt, dass sie das Projekt OTB in dieser Legislaturperiode nicht weiter „forcieren“. Zugleich haben sie vereinbart, dass das gerichtliche Verfahren, ob der OTB gebaut werden kann oder nicht, unabhängig davon weiterläuft.
So oder so ließe sich die Umsetzung des OTB in dieser Legislaturperiode gar nicht beschleunigen. Denn die Gerichtsverfahren werden mindestens diesen Zeitraum benötigen – alles andere wäre eine Überraschung. Käme das Gericht irgendwann zu einem positiven Ergebnis für den OTB, dann müssten 180 Millionen Euro in die Hand genommen werden – vorausgesetzt, es gäbe dann den politischen Willen für die Umsetzung dieses Projekts. Das wäre ein Thema für diejenigen, die dann in der Regierungsverantwortung stehen.
Damit wollen sich die drei voraussichtlichen Koalitionspartner in den nächsten vier Jahren nicht beschäftigen. Vielmehr wollen sie das „OTB-Geld“ für zahlreiche andere Vorhaben in Bremerhaven ausgeben.
„Die aktuell für die Realisierung des OTB gebildete, noch verfügbaren Rücklage im Sondervermögen Hafen werden wir für Wirtschaftsstrukturprojekte in Bremerhaven mit dem Schwerpunkt im Bereich der Energiewende, Green Economy und Lebensmitteltechnologie, und damit im Zusammenhang stehender Infrastrukturen im Bereich Hafen und Logistik und wissenschaftlicher Einrichtungen nutzen“, heißt die Sprachregelung der drei Koalitionskandidaten.
Außerdem wollen SPD, Grüne und Linke die Westkaje im Fischereihafen und gebenenfalls den Containerterminal CT1 ertüchtigen, um eine kurzfristige Alternative zur schnellen Verschiffung von Offshorekomponenten zu ermöglichen. Gerade im Fall der Westkaje, die an das künftige Gewerbegebiet Luneplate grenzt, das im Zusammenhang mit dem OTB erschlossen wird, könnte das eine teure Angelegenheit werden.
Denn die Westkaje sei gar keine wirkliche Kaje, sondern vielmehr eine weiche Kante aus Erde mit einer Grasnarbe darauf, heißt es aus dem Umfeld der Hafengesellschaft Bremenports. Wenn daraus eine schwerlastfähige Kaje werden solle, dann müsse dafür ein dreistelliger Millionenbetrag investiert werden.
Damit wären die derzeit verfügbaren liquiden Mittel aus dem Hafen-OTB-Sondervermögen schon zum Großteil aufgebraucht. Die liegen laut Vorlage der Wirtschafts- und Häfendeputation bei 120 Millionen Euro. Dass das Geld überhaupt angespart wurde und der OTB nicht über einen Kredit finanziert werden soll, darauf hatten sich vor sieben Jahren Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) und Wirtschafts- und Häfensenator Martin Günthner (SPD) verständigt.
Es hätte auch durchaus mehr sein können als die 120 Millionen Euro. Die jetzt in den Koalitionsgesprächen vereinbarte Verwendung des Geldes für andere Projekte hat es zuvor in der Praxis häufiger schon gegeben – etwa beim 30 Millionen Euro teuren Bau der Ausrüstungskaje für die Lloyd-Werft im Kaiserhafen. Allerdings sind bei diesen Ausgaben auch immer Rückführungsperspektiven für den OTB-Topf vereinbart worden, auch für den Fall, dass er tatsächlich gebaut wird.
Beobachter halten es für fraglich, ob die angekündigten Strukturvorhaben mit dem OTB-Geld am Ende überhaupt sinnvoll finanziell ausgestattet werden können. Der neue Senat muss sich also entschieden, wo er letztlich seine Prioritäten setzen will – alles Angekündigte umsetzen zu wollen, scheint politisches Wunschdenken zu sein.
Klar ist aber, dass der OTB weiterhin die Gerichte beschäftigen wird: Sowohl der Umweltverband BUND als auch Bremen hatten Berufung gegen das Urteil des Bremer Verwaltungsgerichts vom Februar eingelegt, das den Planfeststellungsbeschluss für den Bau des OTB als rechtswidrig erklärt hatte.
Der BUND, weil das Urteil zwar seinen Bedenken gegen den geplanten Hafen in weiten Teilen Rechnung trägt, aber nur so der weitere Prozessverlauf aktiv gestaltet werden könne. Bremen hatte die Berufung damit begründet, dass das Land durchaus Chancen sehe, noch zu einem positiven Ergebnis in Sachen OTB zu kommen. Denn aufgehoben wurde der Beschluss vom Verwaltungsgericht nicht, sodass Bremen in der Planung nacharbeiten könnte.
Es hieß lediglich, dass das zwingende öffentliche Interesse am Hafen nicht hinreichend untermauert worden sei. Dies sei aber notwendig, um den Eingriff in die Natur zu rechtfertigen. Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) betonte nach den OTB-Gesprächen, dass die Parteien einen Koalitionsvertrag erarbeiten, der sich nur auf diese Legislaturperiode beziehe.
Konferenz in Bremerhaven
Danach werde man sehen, wie weit die Gerichtsverfahren fortgeschritten seien und wie die gesamte Offshore-Wind-Situation beurteilt werden müsse. „Und das bedeutet dann, neues Spiel, neues Glück.“ Verändert haben könnte sich der Markt bis dahin allemal – vorausgesetzt, die Deckelung beim Ausbau der Offshore-Windenergie wird aufgehoben.
In diese Richtung hatten sich am Mittwoch die Wirtschaftsminister der Länder auf ihrer Konferenz in Bremerhaven geäußert und einen Ausbau von 120 Gigawatt gefordert, um in den nächsten zwei Jahrzehnten den Kohleausstieg zu ermöglichen. Derzeit geplant sind 15 Gigawatt bis zum Jahr 2030.