Würde der Offshore-Terminal Bremerhaven nicht mehr gebaut, würde sich Bremerhaven aus der Liga der Top-Standorte für Windenergie verabschieden, meint Jens Eckhoff, Präsident der Stiftung Offshore-Windenergie, im Interview.
Hat Sie das vorläufige Urteil im Eilverfahren vor dem Bremer Verwaltungsgericht überrascht?
Jens Eckhoff: Auf der einen Seite Nein, denn in den letzten 14 Tagen zeichnete sich die Niederlage des Senats ab, sonst hätte der BUND den Kompromissvorschlag des Gerichtes akzeptiert. Auf der anderen Seite Ja. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass ein Infrastrukturprojekt mit dieser öffentlichen Bedeutung offensichtlich durch die Planungsbehörden so schlecht vorbereitet wurde, dass man in erster Instanz eine solch herbe Niederlage erleidet.
Ist der OTB noch tragbar, falls es zu weiteren erheblichen Zeitverzögerungen kommen sollte?
Die Grundsatzentscheidung muss in Bremen getroffen werden. Bis 2030 sollen in Deutschland noch circa zwölf Gigawatt installiert werden, das sind etwa 28 Windparks. Dazu kommen Vorhaben in Frankreich, Belgien, Niederlanden, Großbritannien und Dänemark. Investitionen von bis zu 75 Milliarden Euro. In den nächsten 15 Jahren in Europa. Wer einen Stück vom Kuchen abbekommen möchte, braucht einen Hafen mit direktem Zugang zum Wasser.
Falls der OTB nicht mehr gebaut werden sollte – welche Folgen hätte das für den Offshore-Standort Bremerhaven?
Bremerhaven war vor drei Jahren noch der Vorzeigestandort für Offshore-Windenergie in Europa. Mehr als 3000 Menschen waren nach den zahlreichen Krisen der 1980er- und 1990er-Jahre hier beschäftigt. Weltweit kamen Wirtschaftsförderer nach Bremerhaven und informierten sich über den richtigen Weg. Durch die bisherigen Verzögerungen hat Bremerhaven schon verloren, durch einen Verzicht würde sich Bremerhaven aus der Liga der Top-Standorte endgültig verabschieden.
Und für den Offshore-Standort Deutschland insgesamt?
Deutschlands Chancen im internationalen Wettbewerb würden sich sicherlich nicht verbessern. Standorte wie etwa das holländische Eemshaven würden sich freuen, aber das Offshore-Ausbauziel von 15 Gigawatt bis 2030 in Deutschland wäre durch die Fehlentwicklungen in Bremerhaven nicht gefährdet.
Reichen die vorhandenen Häfen an der Nordsee und Ostsee aus, um den künftigen Umschlag von Offshore-Windkraftanlagen zu gewährleisten?
Ja, aber zum Ziel der Kostenreduzierung gehört auch Wettbewerb zwischen den Standorten. Logistikkosten betragen bei einem Windpark 25 Prozent, und hier wollen wir sparen. Dazu brauchen wir auch gute Häfen mit direktem Wasserzugang.
Noch einmal zum Fall, dass der OTB nicht mehr gebaut werden sollte: Müsste dann Cuxhaven als Basis noch weiter ausgebaut werden?
Cuxhaven wurde bis vor zwei Jahren totgeredet und ist jetzt der große Gewinner aus dem Desaster in Bremerhaven. Da sieht man, dass Häfen immer langfristige Investitionen sind. Sollte Bremerhaven von der Offshore-Bildfläche verschwinden, dann muss an der deutschen Küste sicherlich noch investiert werden, damit nicht zu viel über andere europäische Länder abgewickelt wird.
Wie groß ist der Image-Schaden schon jetzt für Bremerhaven und Bremen?
Groß. Viele Marktteilnehmer fragen sich, wie kann ein Bundesland in einer Zukunftsbranche so leichtfertig seinen Vorsprung verspielen, und kann Bremen eigentlich noch große und wichtige Infrastrukturprojekte voranbringen.
Die Fragen stellte Peter Hanuschke.
Jens Eckhoff war von 2003 bis 2006 Bausenator in Bremen. Seit 2005 ist der CDU-Politiker, Jahrgang 1966, Präsident der Stiftung Offshore-Windenergie – eine Initiative des Umwelt-Ministeriums.