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"Sustain"-Konferenz des WESER-KURIER Eine europäische Idee

Der Vorsitzende der Europäischen Stabilitätsinitiative Gerald Knaus spricht auf der "Sustain"-Konferenz des WESER-KURIER über Flüchtlinge und zeichnet ein düsteres Bild.
20.03.2018, 21:20 Uhr
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Eine europäische Idee
Von Jan-Felix Jasch

Gerald Knaus spricht energisch. Er gestikuliert. Die Fakten, die er auf der "Sustain"-Konferenz des WESER-KURIER präsentiert, sind erschütternd. "Das Mittelmeer ist die tödlichste Grenze der Welt“, sagt er. Der Vorsitzende der Europäischen Stabilitätsinitiative spricht auf der Konferenz des WESER-KURIER über Flüchtlinge und zeichnet ein düsteres Bild.

Er redet über die Menschen, die in den vergangenen Jahren aus Afrika nach Italien geflüchtet sind. Ihr Schicksal sei eine "humanitäre Katastrophe". Ein deutlicher Anstieg ist sichtbar: „Zwischen 2014 und 2017 sind mehr als eine halbe Million Menschen nach Südeuropa aufgebrochen. In den Jahren davor waren es selten mehr als 10.000 pro Jahr.“

Das ist jedoch noch nicht die dramatischste Zahl: In den drei vergangenen Jahren sind mehr als 15.000 Menschen im Mittelmeer ertrunken, das sind 1000 Menschen mehr als in dem Zeitraum zwischen 1988 und 2013. Das seien Zahlen wie im Krieg, sagt Knaus. Viermal so viele Opfer wie im Nordirlandkonflikt oder mehr Tote als im Ukraine-Konflikt. Die Flüchtlinge kommen vor allem aus westafrikanischen Ländern wie Nigeria, Gambia und der Elfenbeinküste, aber auch aus Eritrea.

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Der Österreicher Knaus hat bereits Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Flüchtlingsfragen beraten. Er hat sich den sogenannten Merkel-Plan ausgedacht. Er sieht vor, jeden Flüchtling, der in Griechenland an Land geht, in einem geordneten Verfahren zurück in die Türkei zu schicken. Im Gegenzug soll die EU der Türkei syrische Flüchtlinge abnehmen. Auf der WESER-KURIER-Konferenz in der Bremischen Bürgerschaft bleibt Knaus bei dem Thema.

Er fragt, warum es den europäischen Staaten nicht gelinge, die Flüchtlingsfrage zu lösen. Eine Antwort hat er nicht – aber Ideen. Den Forderungen von Populisten, das Asylrecht und die Flüchtlingskonvention auszusetzen, setzt er menschlichere Alternativen entgegen: Ziel sollte es nicht sein, mehr Geflüchtete in ihre Heimatländer zurückzuschicken, sondern den Zustrom einzudämmen und legale Migration zu ermöglichen.

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Er schlägt vor, den Dialog mit afrikanischen Länder zu suchen. „Wir brauchen eine wirkliche Partnerschaft mit Afrika“, sagt Knaus. Dabei nimmt er Bezug auf den französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der sich in einer Rede vor Studenten ähnlich äußerte. Eine Möglichkeit könne eine regulierte Migration in festgelegten Kontingenten sein. Knaus schlägt vor, etwa Stipendien zu vergeben. „Es ist momentan praktisch unmöglich, legal nach Italien zu kommen“, sagt er.

Denkbar sei, sich mit den Herkunftsländern auf einen Tag der Rückführung von Flüchtlingen zu einigen. Gleichzeitig appelliert Knaus an einen moralischen Realismus: „Es wird niemals gelingen, alle Flüchtlinge zurückzuschicken. Die meisten werden bleiben.“ Gleichzeitig müssten jedoch die Verhältnisse in den Ländern verbessert werden.

Das könne jedoch nicht in Form von Entwicklungshilfe geschehen. Europa brauche vielmehr eine andere Politik und müsse mit den Herkunftsländern kooperieren. Weiterhin fordert Knaus schnellere Asylverfahren nach dem Vorbild der Niederlande. Hier würden die Verfahren durchschnittlich innerhalb von sechs Wochen abgewickelt, während sie in Italien 2017 im Schnitt vier bis fünf Jahre dauerten.

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