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Interview zum Marshallplan "Gemeinsam können Europa und Afrika viel erreichen"

Dirk Schwenzfeier arbeitet im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und spricht im Interview über den Plan der Bundesregierung für Afrika.
20.03.2018, 21:18 Uhr
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Von Jan-Felix Jasch

Herr Schwenzfeier, die Bundesregierung hat einen Marshallplan für Afrika entwickelt. Darin bezeichnet sie den Kontinent als Partner Europas. Ist Afrika dafür bereit?

Dirk Schwenzfeier : Der Kontinent besteht aus 54 Ländern. Eines ist so verschieden wie das andere, viele davon sind größer als Deutschland. Man muss Afrika sehr differenziert betrachten. Natürlich gibt es dort Länder, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten enorme Entwicklungsfortschritte gemacht haben. Aber es gibt auch Länder, die langsamer waren. Für die meisten gibt es in den verschiedensten Bereichen Nachholbedarf. Die Bundesregierung ist mit Ghana, Tunesien und der Elfenbeinküste Reformpartnerschaften eingegangen. Unser gemeinsames Ziel ist, dass wir in für die Entwicklung zentralen Bereichen spürbare Fortschritte erreichen.

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Ist es ein Problem, dass bereits diese drei Länder sehr unterschiedlich sind?

Genau wie in Europa ist auch in Afrika jedes Land einzigartig. Manche sind landwirtschaftlich geprägt, andere haben schon erste Schritte zur Industrialisierung unternommen. Eine Lösung für alle gibt es nicht. Darum geht es aber auch gar nicht, sondern um gezielte Unterstützung jedes unserer Partnerländer. Vor allem brauchen wir afrikanische Lösungen und keine deutsche oder europäische Vormundschaft.

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Trotzdem helfen die europäischen Länder aus ihren Perspektiven. Müssen die afrikanischen Staaten nicht eigene Wege finden?

Genauso ist es. Wir sind nicht mit unseren Ideen und Geld zu den drei Reformpartnern gegangen. Die Länder haben ihre eigenen Ideen für eine gute wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Entwicklung vorgestellt, immer basierend auf den Zielen der Agenda 2063 der Afrikanischen Union. Zusammen mit unseren Angeboten und den Erwartungen zu guter Regierungsführung, Rechtsstaatlichkeit und Anti-Korruption versuchen wir, auf diesem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung gemeinsam voranzukommen.

Was sind die Kernpunkte des Marshallplans?

Der Plan hat mehrere Säulen: Es geht um gute Regierungsführung, um die Einhaltung von Menschenrechten, auch um Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Ganz wesentlich ist die wirtschaftliche Säule. Damit machen wir den Ländern, die zu echten Reformen bereit sind, ein Angebot, wie sie eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung hinbekommen. Das entscheidende Ziel dabei: Beschäftigung, Jobs – vor allem für die vielen jungen Menschen.

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Die Rede ist von 20 Millionen Jobs pro Jahr. Ist die Zahl nicht utopisch?

Sie ist gigantisch. Aber die Zahl macht auch klar, in welchen Dimensionen wir reden. Es ist ein Marshallplan und nicht irgendeine Kooperation. Es ist ein richtig großes Rad, das da gedreht werden muss. Deutschland kann das nicht alleine. Deswegen versuchen wir, unsere europäischen Partner mit ins Boot zu holen. Gemeinsam können Europa und Afrika viel erreichen.

Wie ist der Zeitplan für die Umsetzung?

Wir sprechen von einem ganz neuen Ansatz der Zusammenarbeit mit Afrika. Es geht deshalb nicht um einen kurzfristig angelegten Plan. Geleitet werden wir von der Agenda 2030, den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen. Klar ist aber, dass wir nicht endlos viel Zeit haben. Denn über allem schwebt der enorme Bevölkerungszuwachs. Die UN gehen davon aus, dass 2050 doppelt so viele Menschen in Afrika leben wie heute.

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Wenn man an Afrika denkt, kommen einem schnell Korruption, Konflikte oder Krankheiten in den Sinn. Wo setzt der Plan zuerst an?

Allen voran geht es um Jobs, um Investitionen und Zukunftsperspektiven für die Menschen vor Ort. Deshalb kümmern wir uns zunächst um die Hindernisse, die Unternehmen davon abhalten, in den Ländern zu investieren. Es gibt aber auch positive Aspekte: etwa eine sehr junge Bevölkerung. Junge Leute sind wissbegierig, wollen etwas verändern und ihr Land voranbringen. Da ist ein ungeheures Potenzial. Diesen Leuten muss man Chancen bieten. Das macht mutig für die Zukunft des Kontinents. Man muss nur die politischen Rahmenbedingungen so setzen, dass es auch funktioniert.

Die Fragen stellte Jan-Felix Jasch.

Zur Person:

Dirk Schwenzfeier arbeitet im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Der 63-Jährige ist Beauftragter für Wirtschaft und Kommunen. Der gebürtige Nordrhein-Westfale hat drei Kinder.

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