Nach den Strom- und Gaspreisschocks des vergangenen Jahres hat sich die Lage für Haushaltskunden wieder verbessert. Verbraucherinnen und Verbraucher können inzwischen wieder zu Anbietern wechseln, deren Preise teilweise deutlich unterhalb der Energiepreisbremsen für Strom (40 Cent je Kilowattstunde) und Gas (12 Cent je Kilowattstunde) liegen. Ein Überblick.
Was kostet Strom zurzeit in Deutschland?
„Die Haushaltsstrompreise für Neukunden sind seit Dezember 2022 kontinuierlich gefallen“, sagt Strommarktexperte Mirko Schlossarczyk vom Beratungsunternehmen Enervis. Aktuelle Angebote lägen unter 30 Cent je Kilowattstunde. „Für Bestandskunden und in der Grundversorgung ist das Preisniveau allerdings noch spürbar höher und liegt momentan bei etwas über 40 Cent.“ Diese Preise seien in den vergangenen Monaten nur geringfügig gesunken. Beim Bremer Energieversorger SWB zahlen Kunden zurzeit 34,84 Cent pro Kilowattstunde Strom.
Warum gehen die Strompreise zurück?
Hauptgrund sind laut Schlossarczyk deutlich gesunkene Großhandelspreise an den Strombörsen. „Wesentlicher Treiber dafür ist der enorme Rückgang des Gaspreises am Spotmarkt, der mittlerweile bei etwa 25 bis 30 Euro je Megawattstunde und damit unter Vorkriegsniveau notiert.“ Eine weitere Ursache sieht der Experte in dem witterungsbedingt kräftig gestiegenen Anteil von kostengünstiger Stromeinspeisung aus Windenergie und Solaranlagen in den vergangenen Monaten.
Warum unterscheiden sich die Preise so stark?
Das liege an der Beschaffungsstrategie der Energieversorger, erklärt der Experte. So deckten sich die Versorger in der Regel langfristig an den Börsen ein, um Preisschwankungen auszugleichen. „Diese Absicherungsstrategie hat allerdings zur Folge, dass viele Versorger die inzwischen gefallenen Börsenstrompreise erst verspätet an ihre Bestandskunden weitergeben können“, so Schlossarczyk. Er geht aber auch bei Bestandskunden und in der Grundversorgung von spürbaren Preisabschlägen und damit einer Annäherung der Preisniveaus aus.
Wie sieht es bei den Gaspreisen aus?
Auch bei Gas sinken laut dem Vergleichsportal Verivox die Preise. In der Grundversorgung hat das Portal für Juni, Juli und August bislang 75 Preissenkungen um durchschnittlich 17 Prozent registriert. Neun Versorger haben Erhöhungen angekündigt. Check24 hat seit Januar bereits 106 Gaspreissenkungen in der Grundversorgung registriert. Trotz dieser Senkungen lägen in der Grundversorgung noch 90 Prozent der Gastarife über der Gaspreisbremse, berichtet das Unternehmen. Im Durchschnitt zahlten Verbraucher dort 13,3 Cent je Kilowattstunde Erdgas. Im Gegensatz dazu seien in der Alternativversorgung bereits 80 Prozent der Tarife günstiger als die Preisbremse. Check24 gibt den Schnitt mit 9,4 Cent an. SWB senkt zum 1. Juli den Preis auf 10,3 Cent/kwh. Zum Vergleich: Vor der Energiekrise lag der Gaspreis im Schnitt bei sechs Cent.
Jetzt wechseln – was raten Verbraucherschützer?
„Wir empfehlen den Anbieterwechsel“, sagt die Energieexpertin der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, Christina Wallraf. Die Preise für Neukunden seien „schon wieder ganz annehmbar“. Nicht nur Discounter kämen derzeit mit günstigen Preisen um die Ecke: Fast jeder Grundversorger habe Sondertarife, die in der Regel günstiger seien als der Grundversorgungstarif. Wer wechseln wolle, solle den bestehenden Vertrag kritisch prüfen. Wichtig sei dabei, die Restlaufzeit und Kündigungsfrist herauszusuchen. „Ist man aktuell in der Grundversorgung, lässt sich der Vertrag jederzeit, unter Berücksichtigung der gesetzlichen zweiwöchigen Frist, kündigen“, so Wallraf.
Sind die Kunden auch in Bremen schon wieder auf dem Sprung?
Mit der Zunahme der Aktivitäten der Wettbewerber habe das Wechselverhalten wieder zugenommen, beobachtet man bei SWB. "Wir haben aber durch unser reaktiviertes Angebot auch weiterhin bewusste, aktive Zugänge erfahren", versichert Sprecherin Angela Dittmer. "Das Kommen und Gehen ist weiterhin sichtbar, vielleicht auf einem gestiegenen Level." Trotz der negativen Erfahrungen aus den vergangenen Jahren wechselten die Kunden auch wieder zu Billiganbietern. Auf dem Höhepunkt der Preissteigerungswelle hatten einige von denen die Belieferung ihrer Kunden eingestellt, weil ihr Geschäftsmodell nicht mehr funktionierte.
Was ist bei Tarifvergleichen über Vergleichsportale zu beachten?
Bevor man einen Tarifvergleich vornimmt, sollte der Filter „direkte Wechselmöglichkeit über das Portal“ ausgestellt sein, um möglichst viele Tarife angezeigt zu bekommen, rät die Verbraucherzentrale. Außerdem sei darauf zu achten, dass vertraglich zugesicherte Preisgarantien enthalten sind, falls es im kommenden Winter erneut zu steigenden Preisen kommen sollte. Mit Hilfe einer kurzen Internetrecherche sollten Wechselwillige außerdem überprüfen, ob der Anbieter in der Vergangenheit negativ aufgefallen ist.