Klaus Platz strahlt - ihm gehe es sehr gut und er sei aktiv wie eh und je. Der 84-Jährige, der die Bremer Logistikszene über sechs Jahrzehnte unter anderem als geschäftsführender Gesellschafter beim international tätigen Unternehmen Ipsen Logistics mitprägte, hätte vor zwei Jahren genau das Gegenteil gesagt: Ein Herzinfarkt setzte ihn von jetzt auf gleich außer Gefecht: "Ich war morgens schwimmen und abends im Krankenhaus Links der Weser bekam ich ein Bypass gelegt."
Anschließend habe es Komplikationen gegeben. "Ich musste auf der Intensivstation beatmet werden, ich bin dem Tod quasi von der Schippe gesprungen." Er könne im Nachhinein nur froh sein, dass das vor Corona passiert sei. "Wer weiß, ob ich heute einen Platz auf der Intensivstation bekommen hätte." Deshalb müsse einem Engpass auf Intensivstationen durch schwere Corona-Krankheitsverläufe auf jeden Fall entgegengewirkt werden. "Und das kann nur durch ein umfassendes Impfen der Bevölkerung erreicht werden."
Einsatz für SOS Humanity
"Mir sind schöne Jahre geschenkt worden", sagt Platz rückblickend auf die Zeit seit dem Krankenhausaufenthalt. "Und in der Zeit, die mir noch bleibt, will ich mich weiter für die Gemeinschaft einsetzen." Das hatte er auch schon vor seinem Herzinfarkt getan, aber seit ein paar Monaten kann er sich wieder mit voller Kraft für die zivile Seenotrettungsorganisation SOS Méditerranée Deutschland einsetzen, die sich seit Anfang dieses Jahres in SOS Humanity umbenannt und vom internationalen Verbund abgetrennt hat.
Nach der Gründung 2016 - Platz gehörte dem Vorstand an - sorgte er mit dafür, dass SOS Méditerranée zusammen mit den gleichnamigen Organisationen in Frankreich und Italien mit der "Aquarius" ihr eigenes Schiff für Rettungseinsätze im Mittelmeer chartern konnte.
2016 war Platz als Beobachter für drei Wochen auf der "Aquarius" bei Rettungseinsätzen. "Ich habe viel Leid gesehen und erlebt, wie dicht der Tod Begleiter von Flüchtlingen ist." Das Erlebte berühre ihn nach wie vor sehr emotional. Man sollte sich auch immer vor Augen führen, dass sich kein Mensch auf eine solche Flucht begeben würde, wenn er dafür nicht elementare Gründe habe.
Sich für Flüchtlinge zu engagieren, das hatte bei Klaus Platz 2015 begonnen, als über eine Million Flüchtlinge, Migranten und andere Schutzsuchende nach Europa gekommen waren. "Da gab es beispielsweise ein Zeltlager für junge Flüchtlinge in Oberneuland, und mit Freunden, Bekannten und Unterstützern haben wir diese jungen Menschen regelmäßig in den Lür-Kropp-Hof zum Essen, Spielen und Kennenlernen eingeladen."
So etwas zu organisieren, das liege ihm, so Platz. Sicherlich komme ihm da seine jahrelange Berufserfahrung zugute. "Als Logistiker muss man vorausschauend planen, spontan auf Veränderungen reagieren können und ein funktionierendes Netzwerk haben." Und man müsse auch immer Spaß an der Arbeit haben: "Ich habe sie nie als Last, sondern als Glück empfunden." Das gelte auch für sein soziales Engagement.
Sein berufliche Karriere hatte Platz 1954 mit der Ausbildung zum Seehafenspediteur bei Ipsen gestartet. Durch seine spätere Vorstandsfunktionen kam er zusätzlich ehrenamtlich auch in den Vorstand der Bremischen Hafenvertretung (BHV), die sich für die Interessen der maritimen Wirtschaft in Bremerhaven und Bremen einsetzt. Parallel zu seiner Tätigkeit bei Ipsen war er 31 Jahre im Aufsichtsrat der DBH Logistics IT AG - davon 20 Jahre lang als Aufsichtsratsvorsitzender in dem Bremer Unternehmen.
Mit 68 Jahren hatte Platz bei Ipsen 2007 aufgehört, bei der DBH Logistics IT AG gab er 2017 seinen Posten ab - mit Logistik hat er aber weitergemacht: Er war unter anderem jahrelang BHV-Geschäftsführer. "Das war auch eine schöne Zeit, wir haben der Vertretung in der Außendarstellung wieder mehr Gehör verschafft. Schön war es auch, in diesem Zusammenhang den Kapitänstag zu organisieren. Wir hatten immer interessante Festredner - etwa 2019 Sea-Watch-Aktivistin Carola Rackete." Durch die Krankheit fand sein Engagement bei der BHV ein plötzliches und unspektakuläres Ende.
Mit dem Organisieren und Planen ging es nach überstandener Krankheit aber weiter: Platz engagiert sich nicht nur für SOS Humanity, sondern er setzt sich auch weiterhin für Flüchtlinge vor Ort ein. "Am Montag, 20. Juni, ist Weltflüchtlingstag und meine Freunde und ich planen für den Sonnabend und Sonntag davor eine große Veranstaltung rund um das Thema Flucht mit einem umfassenden Rahmenprogramm für alle Besucher bei der Kirchengemeinde Arsten.
Es gibt an diesen Tagen unter anderem ein Jugend-Fußballturnier mit Migranten und Vereinsmannschaften, einen Spenden-Lauf, Musik, Lesungen und einen Food Court." Die Kirchengemeinde Arsten sei für diese Veranstaltung ideal - nicht nur, weil sie dafür ihre Infrastruktur zur Verfügung stelle, sondern auch, "weil sie meines Wissens hier in der Region die einzige Gemeinde ist, die einen Gedenkstein für Menschen hat, die auf der Flucht nach Europa umgekommen sind."
Ganz den Kontakt zur Logistik hat Klaus Platz auch nicht verloren: "Ich verfolge natürlich die aktuellen Entwicklungen und mein angemietetes Büro habe ich in der Martinistraße 47 - dem Sitz von DBH Logistics."