Europa soll bei Raumfahrtprojekten stärker seine eigenen Unternehmen zum Zuge kommen lassen als etwa Firmen aus den USA. Das hat der Geschäftsführer von Ariane-Group, Pierre Godart, am Montag auf der Weltraumkonferenz MoreSpace im Bremer Park Hotel gefordert. Die Veranstaltung wurde organisiert vom WESER-KURIER zusammen mit Airbus, OHB und Ariane-Group.
Godart sprach sich grundsätzlich gegen Protektionismus aus, meinte aber: „Wenn die USA und China bei der Raumfahrt ihren Markt abschotten, dann sollte es Europa genauso machen.“ Momentan schreiben die Europäer ihre Raumfahrtprojekte allerdings weltweit aus.
Was Godart von Europas Politik gern hätte: „Sie sollte sich zu mindestens fünf institutionellen Starts pro Jahr der Ariane 6 verpflichten.“ Das bedeutet, dass beispielsweise Forschungssatelliten mit der Ariane 6 in den Orbit gebracht werden – auch wenn es keinen kommerziellen nutzen gibt. Denn Wettbewerber weltweit würden mit immer aggressiveren Preisen in den europäischen Trägerraketenmarkt eindringen.
Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD), die auch seit 2014 die Koordinatorin der Bundesregierung für Luft- und Raumfahrt ist, sagte während der Konferenz zu dieser Art Protektionismus: „Eigentlich wollen wir das nicht. Aber es ist wohl notwendig, dass wir das auch so machen.“ Laut Zypries müsse man darüber reden, wenn Europa gleichzeitig in der Raumfahrt auch die Kompetenz für die Fertigung haben wolle.
Godart verwies darauf, dass weltweit in der Raumfahrtindustrie immer mehr Akteure bereit sind, Milliarden zu investieren. Da bestehe für Europa das Risiko, aus diesem Markt verdrängt zu werden. Grundsätzlich sollte man die eigenen Erfolge viel stärker vermarkten, als das bisher der Fall sei.
Bremen profitiert von der Ariane 6
An einer Verdrängung könne auch Bremen kein Interesse haben. Denn 500 der deutschlandweit 1200 Mitarbeiter der Ariane-Group arbeiten hier im Standort in der Hansestadt. Von der neuen Ariane 6 profitiere Bremen noch mehr. Denn Ariane-Group-Vorstandsvorsitzende Alain Charmeau sagte gleich zu Beginn der MoreSpace-Konferenz: „Der Standort Bremen wird in Zukunft zwölf statt bisher sieben Oberstufen für die Ariane bauen.“
Denn die neue Ariane 6 soll doppelt so oft fliegen wie die Ariane 5. „Durch das Ariane-Programm kann Europa selbst entscheiden, wann es seine Satelliten ins All bringt“, sagte der Franzose vor den 200 Teilnehmern der Konferenz. Bisher sind 81 Ariane-5-Trägerraketen in Folge ohne Probleme ins All gestartet. Die neue Ariane 6 soll im Juli 2020 zum ersten Mal abheben und dabei bis zu 50 Prozent günstiger sein als die derzeitige Ariane 5.
Dabei soll sie vier weitere Satelliten des europäischen Navigationssystems Galileo ins All bringen. Für die neue Trägerrakete investiert das Unternehmen derzeit 40 Millionen Euro in seinen Standort in der Hansestadt. Das Geld werde nicht nur in Gebäude gesteckt, sondern auch Forschung und Bildung. So stelle die Ariane-Group jedes Jahr in Bremen 40 Dualstudenten ein, um dort die Ausbildung zu machen.
Dabei lobte Charmeau Bremen: „Die Kombination von Großindustrie und kleinen Firmen sowie Forschung, Universität und Hochschulen für die Raumfahrt ist einzigartig.“ Er dankte Bürgermeister Carsten Sieling (SPD): „Sie haben uns immer politisch unterstützt – hier in Bremen, in Berlin, in ‚Buten-Bremen‘ und in der Welt. Das ist wichtig.“
FDP etwas weiter weg als die SPD?
Gleiche Zugänge zum Markt seien nicht nur für die Ariane lebensnotwendig, sagte Evert Dudok, Chef der Sparte Kommunikation, Aufklärung & Sicherheit bei Airbus Defence and Space: "Europa ist in der Raumfahrt Weltmarktführer. Aber wir müssen in die Zukunft schauen. Denn das Kapital, wie es US-Unternehmen wie Google haben, haben wir nicht."
Welche Rolle die Raumfahrtindustrie bei der neuen Bundesregierung spielen werde, mutmaßte Marco R. Fuchs, Vorstandschef des Bremer Raumfahrtunternehmens OHB: „Ich erwarte, dass man die Geschichte wieder neu erzählen muss, wenn es um den Nutzen geht. Ich schätze, dass die FDP da etwas weiter weg ist als zuvor die SPD innerhalb der großen Koalition. Die SPD hat immer Industriepolitik gemacht, während die FDP da eher meint, die Märkte sollen das selbst regeln.“
Bei den Grünen könne er nicht genau sagen, was einen erwarte: „Es gibt viele nützliche Dinge, die man mit Galileo machen kann, aber historisch fremdeln die Grünen eher mit der Raumfahrt.“ Grund sei, dass dieses Feld ja vor Jahrzehnten ursprünglich aus der Rüstungsindustrie entstanden sei.