- Wie merken die Tafeln die gestiegenen Verbraucherpreise?
- Gibt es weniger Lebensmittelspenden von den Supermärkten?
- Können die hohen Kosten durch Spenden gedeckt werden?
- Erwarten die Tafeln mehr Kunden?
Die Tafeln in Bremen und der Region stehen aufgrund der steigenden Verbraucherpreise zunehmend unter Druck. Die Preise sind im November gegenüber dem Vorjahr um 5,2 Prozent gestiegen, wie das Statistische Bundesamt mitteilt. Das ist der höchste Wert seit Juni 1992. Zusätzlich zu den hohen Kosten für Benzin und Strom stellen viele Supermärkte weniger Lebensmittelspenden als üblich zur Verfügung. Es fehle an frischem Obst und Gemüse, meldet die Tafel in Lilienthal; die Tafel in Oldenburg muss zurzeit Lebensmittel dazukaufen. Einige Vereine berichten, dass sich wegen der gestiegenen Preise zudem mehr Menschen an sie wendeten.
Wie merken die Tafeln die gestiegenen Verbraucherpreise?
Viele Tafeln beklagen die hohen Benzinpreise. „Bei acht Fahrzeugen sind die Mehrkosten definitiv spürbar“, sagt der Vorsitzende der Bremer Tafel, Uwe Schneider. Hinzu kommen die gestiegenen Ausgaben für Strom für den Betrieb der Kühl- und Tiefkühlzellen sowie für das Heizen der Ausgabestellen. Ähnlich sieht es bei den Tafeln in Achim, Lilienthal und Oldenburg aus. „Uns beschäftigen die erhöhten Betriebskosten, speziell bei den Fahrzeugen“, bestätigt Rainer Kunze, Vorsitzender der Achimer Tafel.
Gibt es weniger Lebensmittelspenden von den Supermärkten?
Die Lebensmittelhersteller stellten weiterhin große Spendenmengen zur Verfügung, fasst der Vorsitzende des Dachverbands Tafel Deutschland, Jochen Brühl, die Lage zusammen. „Wir können uns über das Aufkommen an Lebensmittelspenden nicht beklagen“, sagt auch Uwe Schneider. Dies könne er aber nur für Bremen sagen. Tafeln im Umland, wo es nur wenige kleinere Geschäfte gebe, seien anders betroffen. Die Tafel in Oldenburg bemerkt deutlich weniger Spenden durch die Supermärkte: „Wir müssen Lebensmittel dazu kaufen“, sagt der Vorsitzende Knut Behrends.
Der Vorsitzenden in Lilienthal, Inga von Ahsen, sind neue Strategien im Handel aufgefallen: Viele Supermarktketten setzten offenbar zunehmend auf Nachhaltigkeit und sortierten nicht so schnell aus wie zuvor. Anfang des Jahres seien in Lilienthal noch viel größere Mengen an frischem Obst und Gemüse gespendet worden: „Das hat stark abgenommen.“ Das kleinere Angebot an frischer Ware sieht Kunze hingegen auch in der Jahreszeit begründet: „Im Winter gibt es oft nur Äpfel und Orangen.“ Er kann sich zudem vorstellen, dass der Handel infolge der Inflation anders disponiere und deswegen weniger Ware übrig bleibe. Der Vorsitzende der Achimer Tafel möchte sich jedoch nicht darauf festlegen.
Können die hohen Kosten durch Spenden gedeckt werden?
Grundsätzlich reichten die Einnahmen der Tafeln nicht aus, um die Ausgaben zu decken, sagt Brühl. Die Tafeln seien zusätzlich auf Spenden und den symbolischen Beitrag der Tafelkunden angewiesen, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. So auch in Bremen: „Unsere Tafel arbeitet überwiegend spendenfinanziert. Wir sind sehr froh darüber, dass sich immer noch viele Bürgerinnen und Bürger und auch Bremer Firmen für die Unterstützung unserer Arbeit durch eine Geldspende entscheiden“, betont Uwe Schneider. In einer stabilen Situation befindet sich auch die Tafel in Achim: „Mit großzügigen Spenden von Firmen und Privatleuten sind wir in der Lage, die erhöhten Kosten im nächsten Jahr aufzufangen“, sagt der Vorsitzende Rainer Kunze. Ganz anders sieht es in Lilienthal aus. Die Spendenbereitschaft habe massiv abgenommen, so die Vorsitzende. Eine mögliche Folge der monatelangen Querelen innerhalb des Vereinsvorstands. Die Oldenburger Tafel ist noch eine der wenigen Ausgabestellen, die keinen symbolischen Beitrag nimmt. „Wie lange wir das noch fortführen können, beschäftigt uns fast jeden Tag“, sagt Behrends.
Erwarten die Tafeln mehr Kunden?
Viele Tafeln erfahren wegen der steigenden Preise mehr Zulauf, andere weniger, berichtet Jochen Brühl. Konkrete Zahlen wertet der Dachverband zurzeit aus. Die Bremer Tafel nimmt an, dass 2022 noch mehr Menschen Lebensmittel beziehen werden. „Die steigenden Verbraucherpreise werden sich vor allem im nächsten Jahr bemerkbar machen“, meint Rainer Kunze. Nachdem die Zahl der Kunden in Achim zunächst abnahm, sei sie in den vergangenen Wochen wieder gestiegen. Das sei auch in Lilienthal der Fall, so Inga von Ahsen: von 157 Haushalten im Jahr 2020 auf 191 in diesem Jahr. Vor allem bedürftige ältere Menschen würden jetzt vermehrt auf das Angebot zurückgreifen. „Hinzu kommen Menschen, die in Kurzarbeit sind oder ihre Arbeit verloren haben“, sagt von Ahsen.