Es begann mit einer grünen Werkbank in einer Garage in Bremen. Joachim Armerding, damals Mitte 20, war Vertreter bei der Firma Finke, die auch noch heute Mineralöle und Schmierstoffe herstellt. Es war zu der Zeit, als die Baggerschaufeln noch per Seilzug gesteuert wurden. Das änderte sich in den 1960er-Jahren mit der Hydraulik: Nun bewegten Öl unter Druck, Kolben und Zylinder die Maschinenarme. Armerdings Kunden fragten ihn, ob er auch Hydraulikschläuche liefern könne. Er suchte einen Lieferanten für Schläuche und Anschlüsse und fand ihn auch. Die Teile setzte Armerding morgens an seiner grünen Werkbank zusammen, belieferte seine Kunden und erfüllte so ihre Wünsche.
Das war 1962, damals gründete er seine Firma „Joachim Armerding Industriebedarf“. Heute heißt das Unternehmen Hansa-Flex. Laut Geschäftsbericht hatte es im vergangenen Jahr 4082 Mitarbeiter in 42 Ländern und einen Umsatz von 442 Millionen Euro. Das Kerngeschäft ist geblieben. „Wir kaufen einen Schlauch ein, zehn Kilometer lang, schneiden diesen zurecht und konfektionieren daraus eine Leitung“, sagt Christian-Hans Bültemeier, kaufmännischer Vorstand und Finanzchef. Anschlüsse und Schläuche stelle Hansaflex nicht selbst her. „Wir sind technischer Händler und Ersatzteillieferant. Das wird oft verwechselt“, erklärt er. Allerdings sind neue Märkte und Geschäftsfelder in den knapp 60 Jahren dazugekommen.
Nach der Gründung entwickelte sich das Geschäft stetig weiter. „Ende der 60er-Jahre öffnete Günter Buschmann in Osnabrück dann die zweite Niederlassung“, sagt Thomas Armerding, Vorstandsvorsitzender für Vertrieb und Marketing und Sohn des 2015 verstorbenen Gründers. Buschmann und Armerding waren Freunde, sie kannten sich aus der Ausbildung. Es folgten weitere Niederlassungen, in den 1970er-Jahren bis Mitte der 1980er kamen immer mehr Gesellschafter dazu. „Bis dahin war das Wachstum des Unternehmens noch linear“, sagt Uwe Buschmann, Vorstand für Technik und Produktion und Sohn Günter Buschmanns. „Die Initialzündung des Unternehmens kam dann 1989 mit dem Fall der Mauer.“ Der Ostblock öffnete sich als neuer Markt.
Im gleichen Jahr wurde auch die erste Niederlassung im Ausland eröffnet, im niederländischen Elst. Es folgten weitere auf der ganzen Welt. 2010 löste das Unternehmen die alte Gesellschafterstruktur auf. Aus der GmbH wurde eine Aktiengesellschaft (AG), mit den Söhnen Thomas Armerding und Uwe Buschmann als Vorstände. Die beiden kannten sich wegen der Freundschaft ihrer Väter schon aus der Grundschulzeit. Der Erfolg von Hansa-Flex liegt auch an der Unternehmensphilosophie des 2015 verstorbenen Gründers Joachim Armerding. „Mein Vater war 365 Tage im Jahr für den Kunden da, rund um die Uhr. Die Kunden hätten ihn nachts aus dem Bett klingeln können“, sagt Thomas Armerding.
Moderne Technik ist wichtig
Auch moderne Technik war dem Firmengründer wichtig: Schon Anfang der 1980er-Jahre setzte Hansa-Flex Computer ein, um die Niederlassungen zu vernetzen. „Wir konnten den Kunden schon damals sagen, wie das Sortiment in unseren unterschiedlichen Lagern aussieht. Wenn eine Niederlassung eine bestimmte Leitung nicht hat, dann die benachbarte. So konnten wir ihm versprechen: Morgen hast du dein Ersatzteil.“
Mittlerweile können Kunden ihre Bagger in einer Datenbank von Hansa-Flex speichern lassen. Dort sind alle verbauten Hydraulikschläuche verzeichnet. Der Kunde kann sich daran erinnern lassen, wenn ein Schlauch getauscht werden muss. Das ist auch möglich, weil Hansa-Flex ein eigenes System zur Kennzeichnung der Schläuche entwickelt hat: den X-Code. „Für den Laien sehen alle Schläuche und Anschlüsse gleich aus“, erklärt Bültemeier. Früher mussten die Kunden den Schlauch noch vorlegen, damit ein passendes Ersatzteil angefertigt werden kann. Heute geben sie den X-Code am Telefon durch, und der Hansa-Flex-Techniker liefert in kürzester Zeit Ersatz.
Längst nicht nur Bagger machen das Geschäft aus. „Unsere Schläuche finden Sie in U-Booten in 250 Metern Tiefe, aber auch im Weltall in den Ariane-Raketen“, sagt Buschmann. Auch darin liege der Erfolg des Unternehmens. „Hydraulik ist überall: in der Windkraft, auf den Äckern, in der Industrie. Wir sind nicht von einer Branche abhängig“, sagt Bültemeier. Hansa-Flex macht auch mehr als nur die Schlauchleitungen. In vielen Bereichen sei man Erstausrüster – stelle Komponenten also direkt für die Maschinenbauer her. „Wir haben noch ein großes Potenzial in unseren Bestandskunden, weil viele uns nur als Konfektionär wahrnehmen.“ Aggregatebau, Sonderarmaturen. „Wir decken das ganze Gebiet der Hydraulik ab“, sagt Buschmann.
„Menschen sind uns wichtiger als Märkte“
China, Australien, Brasilien – welche Länder sollen folgen? „Wir machen keine Standortplanung am grünen Tisch“, sagt Bültemeier. Es gebe keine Truppe an Betriebswirtschaftlern und Headhuntern, die in der Chefetage überlegen, welches Land der nächste Expansionsschritt sei. „Wenn ein langjähriger Mitarbeiter zurück in seine Heimat will und er uns plausibel machen kann, dass dort Hydraulik verkaufbar ist, dann kriegt der einen Scheck in die Hand und kann für uns beispielsweise in Guatemala anfangen“, sagt Bültemeier. „Menschen sind uns wichtiger als Märkte“, sagt Armerding.
In knapp 60 Jahren ist Hansa-Flex stetig gewachsen. Doch das Unternehmen will kein Wachstum um jeden Preis. „Wir wollen definitiv keine Börsengänge, definitiv kein Risikokapital“, sagt Bültemeier. Armerding stimmt ihm zu: „Wir sind ein inhabergeführtes Unternehmen, das soll so bleiben.“ Die dritte Generation stehe in den Startlöchern, sagt Bültemeier. Es ist Armerdings Tochter, sie habe schon eine Traineeausbildung im Unternehmen gemacht. „Und die vierte Generation ist schon auf dem Weg“, sagt Armerding. Seine Tochter ist schwanger.