Mit deutlicher Kritik an den beteiligten diakonischen Einrichtungen hat sich jetzt die Mitarbeitervertretung des insolventen Pflegeheims am Kirchweg zu Wort gemeldet. In einem sarkastischen Schreiben bedankt sie sich unter anderem bei Arbeitgebern, "die uns immer von christlicher Nächstenliebe erzählten, nur um uns dann bei erster Gelegenheit fallen zu lassen und dann im nächsten Schritt weiter zu verschachern und uns alleine die Verantwortung für die nun obdachlosen Bewohner zuzuweisen", wie es in dem Schreiben heißt.
Die Pflegeeinrichtung Haus am Kirchweg in der Bremer Neustadt war seit Anfang November im vorläufigen Insolvenzverfahren. Die Bemühungen, einen neuen Träger zu finden, waren überraschend gescheitert, als die zu Bethel gehörende Stiftung Lobetal kurz vor Weihnachten ein Übernahmeangebot kurzfristig zurückzog. Betreiber des Hauses ist seit April 2021 der Diakonieverein Berlin-Zehlendorf. Rund 90 Bewohner müssen nun bis Ende Februar ausziehen.
Haus am Kirchweg: Mitarbeiter sehen Führungsversagen
Die Mitarbeitervertretung macht den Betreiber für eine "inkompetente Leitungsebene" verantwortlich, die nur Chaos verursacht habe, menschlich für diese Funktion nicht geeignet gewesen sei und sich für die anfallenden Leitungsaufgaben nicht zuständig fühlte. Unter anderem "bedanken wir uns für nicht funktionierende Fahrstühle, verstopfte Abwasserleitungen, einer bei Minusgraden defekten Heizung und einer regelmäßig ausfallenden Klingelanlage, sowie für all die anderen baulichen Widrigkeiten, die nie ausgebessert wurden", formuliert es die Mitarbeitervertretung.
Die Beschäftigten werfen der Stiftung Lobetal werfen vor, sie zunächst in Sicherheit gewogen zu haben, bevor die Stiftung dem Haus "den Todesstoß" versetzte. Die Kritik bezieht sich auf den Umstand, dass sich die Stiftung in der Adventszeit auf einer Mitarbeiterversammlung bereits als neuer Betreiber vorgestellt hat, bevor nach den Worten des Insolvenzverwalters Joachim Voigt-Salus "völlig unvorhersehbar" eine Absage erfolgte.
Laut Wolfgang Kern, Pressesprecher der Stiftung, habe man den Rückzieher machen müssen, weil man erst nach der Mitarbeiterversammlung erfahren habe, dass eine rückwirkende Übertragung zum 1. Januar nicht möglich sei, wovon man zuvor immer ausgegangen war. Bis zum 31. Dezember sei es aber nicht organisierbar gewesen, alle Entscheidungsgremien der von Bodelschwinghschen Stiftungen in Lobetal und Bielefeld zu beteiligen.
Diese Darstellung weist Voigt-Salus jetzt zurück. Er habe schon vor der Mitarbeiterversammlung darauf hingewiesen, dass ein Kaufvertrag unmittelbar nach Eröffnung des eigentlichen Insolvenzverfahrens am 1. Januar 2023 unterzeichnet werden müsse. Dass die Entscheidung dafür unter einem Gremienvorbehalt stehe, habe der Geschäftsführer der Stiftung Lobetal dagegen zum ersten Mal nach der Mitarbeiterversammlung mitgeteilt.
Der Insolvenzverwalter verweist auf das schriftliche Übernahmeangebot der Stiftung vom 30. November. Darin ist von einem Gremienvorbehalt keine Rede. Im Gegenteil: Das Angebot sei "nach gründlicher Prüfung der Unterlagen" ergangen, wie es in dem Dokument heißt, dass von der Geschäftsführung unterschrieben wurde.