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Debatte über Dissens von Rot-Grün-Rot Kritik am Koalitionskurs zur Außenweser

SPD, Linke und Grüne sind uneins, geht es um die geplante Beschleunigung von Infrastrukturprojekten – wie der Außenweservertiefung. Die Opposition fordert eine klare Linie und spricht von einem „Eiertanz“.
29.01.2020, 19:30 Uhr
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Kritik am Koalitionskurs zur Außenweser
Von Lisa Schröder

Die Opposition reibt sich heftig am Vorgehen der Regierung in Sachen Außenweservertiefung. Am Mittwoch debattierte nun die Bürgerschaft über die Differenzen von Rot-Grün-Rot in Bezug auf die geplante Beschleunigung von Verkehrsinfrastrukturprojekten auf Bundesebene. Die Christdemokraten werfen der Regierung einen „Eiertanz“ vor und brachten das Thema in die Aktuelle Stunde ein. Bremens Enthaltung im Bundesrat – aufgrund des Dissenses – sieht die Opposition als schlechtes Signal.

Für Susanne Grobien (CDU) zeigt der Fall, dass SPD, Grüne und Linke sich eben doch nicht einig sind. Zwischen Häfen- und Umweltressort gebe es einen tief sitzenden Streit. „Die maritime Wirtschaft in Bremen und Bremerhaven hätte sich ein einmütiges Bekenntnis zur schnellen Projektumsetzung sehr gewünscht.“ Zugleich verwies die hafenpolitische Sprecherin der Fraktion auf die Konkurrenz in Rotterdam und Antwerpen.

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Seit zig Jahren werde das Projekt Außenweservertiefung nun geplant. Die erste Machbarkeitsstudie habe es vor zwanzig Jahren gegeben. Doch auch in Zukunft sei mit Einwänden und Klagen zu rechnen. „So kommen wir bei einem so umfangreichen Infrastrukturprojekt nicht voran.“ Im Senat gibt es in der Tat Uneinigkeit über das Verfahren. Die Große Koalition in Berlin plant ein Gesetz, um große Verkehrsinfrastrukturprojekte im Einzelfall schneller auf den Weg zu bringen – und nicht wie bisher in einem Verwaltungsverfahren.

Denn diese dauern nicht selten Jahre. Während sich die SPD für mehr Tempo ausspricht, gibt es bei Linken und Grünen Bedenken. Die Außenweservertiefung steht auf der Liste der vorgesehenen Projekte. In einem Brief an Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sprach sich Häfensenatorin Claudia Schilling (SPD) für das Projekt und dessen Aufnahme in das sogenannte Maßnahmengesetz aus.

Susanne Grobien kritisierte in der Debatte das Ansinnen der Grünen, das Vorhaben wieder von der Liste streichen zu wollen: „Das ist neben dem Streit um eine gemeinsame Linie im Senat der eigentliche Skandal.“ Außerdem warf sie der Partei vor, die Anpassung der Weser „im Grunde ihres Herzens“ nicht zu wollen. So ging es in der Debatte auch um die Grundsatzfrage: Steht die Koalition hinter dem Vorhaben?

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In seiner Replik machte Robert Bücking, wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen, keinen Hehl aus der Zerrissenheit: Die Außenweservertiefung sei notwendig, zugleich seien Eingriffe in den Mündungsbereich ökologisch außerordentlich schädlich. „Beide Aussagen stehen im Koalitionsvertrag.“ Doch die Grünen akzeptierten die Außenweservertiefung. Bücking sprach sich allerdings erneut gegen das Gesetz aus. Sehr wohl sehe man das Dilemma, dass große Projekte „quälend lange“ dauerten. Doch es sei nicht klug, Vorhaben auf Kosten von Rechtssicherheit zu beschleunigen. Zudem seien Einwände der EU gegen das Gesetz sehr wahrscheinlich.

Jörg Zager (SPD), Sprecher für Häfen und Schifffahrt, widersprach der CDU. Es werde kontinuierlich am Vorhaben gearbeitet: „Ich kann keinen Eiertanz erkennen.“ Das Projekt sei nicht nur für Bremen, sondern auch für Niedersachsen von Bedeutung. Sein Parteikollege Volker Stahmann sagte, die Koalition stehe zur Außenweservertiefung. „Das ist unumstritten.“ Die SPD wolle generell eine Beschleunigung von Verfahren, doch nicht um jeden Preis: Bedenken hätten ihre Berechtigung. „Das ist nicht die Spaltung der Koalition. Das ist demokratische Vielfalt in der Koalition.“

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„Die Außenweservertiefung tragen wir im Sinne der Hafenwirtschaft und der Arbeitsplätze in Bremerhaven mit“, sagte auch Nelson Janßen (Linke) eingangs. Grundsätzlich müsse aber der Trend, immer wieder die Natur den Anforderungen der Wirtschaft anzupassen, irgendwann ein Ende finden. Seine Partei habe sich gegen das Gesetz ausgesprochen. Eine Beschleunigung sei nicht verkehrt, allerdings nicht, Einwände von Umweltverbänden oder Anwohnern zu beschränken. Klagen müssten jedoch dann vor dem Bundesverfassungsgericht eingereicht werden.

Das beschäftige sich nicht mit Details: „Hier zu sagen: Macht euch keine Sorgen, die Rechte werden trotzdem anständig vertreten – das ist eine Illusion.“ Thomas Röwekamp, Fraktionsvorsitzender der CDU, plädierte dagegen für die Beschleunigung. Die bedeute nicht, dass es keine Umweltverträglichkeitsprüfungen, Stellungnahmen oder Anhörungen mehr gebe. Zum Kurs der Koalition hatte sich Hauke Hilz, Fraktionsvize der FDP, bereits kritisch geäußert. Am Mittwoch berichtete er von Verwunderung in Berlin, was in Bremen eigentlich los sei.

„Gerade in so einer Frage der Erreichbarkeit der Häfen muss man vom Senat erwarten, dass er mit einer Stimme klar spricht.“ Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) machte das für das Projekt nochmals deutlich: „Wir stehen geschlossen als Koalition und als Senat zur Vertiefung der Außenweser.“ Nur über den Weg, dieses Ziel zu erreichen, gebe es unterschiedliche Auffassungen und darum die Enthaltung im Bundesrat. Am Ende entscheide der Bundestag über das Gesetz.

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