Ist eine regelmäßige Zufuhr von Eis womöglich der Schlüssel zum Glück? Laut Verband der Deutschen Markeneishersteller könnte man eine Korrelation durchaus vermuten. Europäische Spitzenreiter im Eiskonsum sind die Finnen, die im Schnitt pro Kopf und Jahr gute 14 Liter Speiseeis schlecken – ganze sechs Kilo mehr als die Deutschen. Und gleichzeitig hat Finnland laut „World Happiness Report" die glücklichste Bevölkerung der Welt. Man mag an einen Zufall glauben oder nicht – die Genussmanufaktur „Fiev Sinn" ist jedenfalls vor fünf Jahren angetreten, um Bremen ein bisschen glücklicher zu machen. Das winzige Unternehmen mit Sitz in Schwachhausen hat sich auf handgemachtes Eis am Stiel spezialisiert – und gehört damit ohnehin bundesweit zu einer sehr kleinen Branche. Doch Gründerin Daniela Pataj-Vogt hatte darüber hinaus noch eine besondere Geschäftsidee: Ihre Manufaktur produziert „Custom Ice" nach Wunsch für private und geschäftliche Anlässe.
Natürliche Zutaten
Draußen ist es gerade wolkenverhangen und grau, doch beim Eintritt durch die Ladentür an der Gevekothstraße wird die Stimmung sofort heller. Es duftet wohlig nach Kaffee und dem frisch gebackenen Kuchen, und die Eisvitrine ist gut bestückt. Das eigentliche Herz des Unternehmens befindet sich hinter dem Gastraum. In der Manufaktur ist Mitarbeiterin Elena schon längst damit beschäftigt, Nachschub zu produzieren: Stieleis der klassischen Sorten Schoko, Vanille und Pistazie, besondere Sorbet-Kreationen wie Zitrone-Rosmarin oder Zimt-Orange, die Duos mit dem cremigen Kern und der fruchtigen Hülle, und natürlich auch Rote Grütze und Erdbeer-Rhabarber – die beiden Lieblingssorten der Kundschaft. Gegen Feierabend steigt dann die Nachfrage nach den alkoholischen Varianten: Gin Tonic, Mojito oder Erdbeer-Daiquiri. Das Geheimnis der kompakten, homogenen Konsistenz ist die kurze Kühlung bei sehr niedrigen Temperaturen, erklärt die Eismacherin. In ihr Eis kommt nur, was dort auch herein muss und sollte – natürliche, frische Zutaten, am liebsten regional und saisonal. „Dem haben wir nichts hinzuzufügen" lautet der Slogan auf einem der "Fiev-Sinn"-Plakate. Konservierungs-, Farb- und Aromastoffe, Emulgatoren oder Fertigzubereitungen braucht das Stiel-Eis nicht.
Der kleinste Teil der Eiskreationen in der charakteristischen Dreiecksform wandert indes in die Vitrine. Ein festes Standbein hat sich die Genussmanufaktur mit Spezialanfertigungen für besondere Anlässe aufgebaut. Das „Custom Eis“ wird auf Bestellung in der Wunschfarbe, mit Wunschgeschmack und personalisierten Stielen hergestellt. Den Möglichkeiten und den Dimensionen sind dabei kaum Grenzen gesetzt. Im Sommer des vergangenen Jahres produzierte "Fiev Sinn" 75.000 Eisportionen in Firmenfarben für eine Großveranstaltung in Wolfsburg – eine Rekordleistung, für die sich die Auftraggeber mit einer Urkunde bedankten.
Gelernt hat Daniela Pataj-Vogt ihr Handwerk bei einem Meister seines Fachs – und über ihn stolperte sie sozusagen durch Zufall. Damals, im Sommer 2017, bummelte sie mit ihrer Familie durch die Turiner Altstadt und entdeckte die Gelateria, die nach einem eigenen Verfahren und mit speziell dafür hergestellten Maschinen ausschließlich Stieleis herstellte. Der Name „Fiev Sinn“ – die fünf Sinne – war schon geboren. Mit Anfang 40 hatte sich die Architektin dazu entschlossen, beruflich etwas ganz anderes zu machen. Das eigene kleine Ladengeschäft im Schnoor stand kurz vor der Eröffnung. Im Sortiment: sinnesanregende Produkte aus bremischer Herstellung. “Eigentlich wollte ich dazu nur guten Kaffee anbieten und kleine Erfrischungen“, erzählt Pataj-Vogt. Der Turiner Meister war aber dann spontan bereit, die Touristin aus Bremen anzulernen, der Rest der Familie setzte den Italienurlaub ohne sie fort.
Zwei Jahre lang blieb „Fiev Sinn" im Schnoor. 2019 kam dann der Umzug an den Gräfin-Emma-Platz mit viel mehr Raum für Café, Produktion und Lager. „Das Eis war immer mehr in den Vordergrund gerückt“, erklärt Pataj-Vogt. Vom externen Sortiment durften nur die bunten Kaffeebecher aus Paris bleiben, die sie selbst so liebt, die Kaffees der kleinen Oberneulander Rösterei sowie Labskaus und Knipp, die ein Schlachter aus Weyhe für "Fiev Sinn" herstellt und in Dosen verpackt. Dazu gekommen ist eine eigene Linie an vor Ort hergestellten feinen Fruchtaufstrichen – ein Produkt der Pandemie, als so viele Firmenjubiläen, Hochzeiten, Geburtstage, Feste und Messen abgesagt wurden.
Mit dem zunehmenden Appetit der Menschen auf handgemachte Produkte, die sich von der industriellen Massenware unterscheiden, sind in den vergangenen Jahren vielerorts auch neue kleine Eis-Manufakturen entstanden. „Aber Stiel-Eis-Manufakturen kann man in Deutschland an einer Hand abzählen“, weiß Pataj-Vogt. Geplant ist, den Catering-Bereich weiter auszubauen, neben Eis sind unter anderem auch Kuchen, Cake Pops und Sandwiches für festliche Buffets im Programm. Doch "Fiev Sinn" wird auch weiterhin eine kleine, feine Manufaktur bleiben, betont die Eismacherin: „So macht es total Spaß."