Ein braun gebrannter Fensterputzer, leicht verschwitzt von der Arbeit in der strahlenden Sonne, ein Bild von einem Mann. In der Hand hält er eine Flasche Coca-Cola, weiß, mit dem roten Schriftzug dennoch unverkennbar. Er trinkt, leert die Flasche, reißt sie dann locker auf, glättet das Blatt Papier, zieht einen Stift aus der hinteren Hosentasche und malt ein Herz darauf... Diese Szene ist zwar nur Fiktion, aber eine mit Realitätsanker. Vor einigen Monaten hat Coca-Cola den Prototypen einer Papierflasche vorgestellt, in diesem Sommer will das Unternehmen ihn in Ungarn testen. Noch gehe es nicht ohne Plastikverschluss und eine dünne Plastikschicht im Inneren, doch man arbeite weiter daran, verspricht Stijn Franssen, Innovationsmanager Verpackung bei Coca-Cola.
Nicht nur der Getränkekonzern, der im Jahr 88 Milliarden Kunststoffflaschen herstellt und damit laut dem Bündnis "Break Free From Plastic" als größter Plastikverschmutzer der Welt gilt, sucht nach neuen Verpackungslösungen. Von Bambus über biologisch abbaubare Kunststoffe bis hin zu neuen Mehrwegverpackungen gibt es viele Materialien und Ansätze, doch die seien in der Bewertung oft zweischneidig zu sehen, erläutert Sonja Pannenbecker von der Bremer Verbraucherzentrale.
Joghurtbecher müssen komplett getrennt werden
Die Verbraucherschützerin nennt zwei Beispiele. Immer häufiger sind Joghurtbecher im Handel, die aus einem dünnen Plastikbecher, umhüllt von einem Pappmantel, verschlossen mit einem Aluminiumdeckel, bestehen. Pappe gehört ins Altpapier, der Rest in den Gelben Sack - aber einzeln. Werden Becher und Deckel nicht getrennt, kann es Pannenbecker zufolge passieren, dass nicht recycelt wird, weil die Anlage die Wertstoffe nicht korrekt sortieren kann. Je nachdem, wie sehr die Menschen dies beherzigen, sind die neuen Becher also ein Gewinn für die Nachhaltigkeit - oder eben nicht.
Ein anderes Problem sind Giftstoffe, die in manchen als ökologisch beworbenen Verpackungen stecken. Fluorchemikalien machen Materialien wie Papier oder Pappe wasser- und fettabweisend, bleiben aber als „ewige Gifte“ dauerhaft in der Umwelt. Sie gelten teilweise als gesundheitsschädlich, einen EU-Grenzwert gibt es nicht. Zwei europaweite Studien haben laut der Verbraucherzentrale in Verpackungen und Einweggeschirr aus Papier, Pappe, Zuckerrohr, Weizen oder anderen pflanzlichen Fasern Fluorchemikalien nachgewiesen. Es habe sich dabei um Papierstrohhalme sowie um Verpackungen von Fast Food-Ketten wie McDonald's, KFC, Subway, Dunkin' Donuts oder Nordsee gehandelt, heißt es.
Papierverpackung: Der Schein kann trügen
Bei der Verbindung von Papier mit anderen Materialien kann auch die Recyclingfähigkeit sinken, wie eine vor Kurzem veröffentlichte Studie der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung zeigt. Denn verwendet werden oft sogenannte Papierverbünde, also Verpackungen, die aus Papier sowie einem oder mehreren weiteren Materialien bestehen und nicht von Hand getrennt werden können. Ein Beispiel: Gewürznachfüllbeutel. Vollständig recycelbar ist laut Studie der Kunststoffbeutel aus Polyethylen. Die Verpackung der Bio-Variante desselben Konzerns, die größtenteils aus Papier zu bestehen scheint, allerdings innen mit Folie verkleidet ist, kann lediglich zu 60 Prozent wiederverwertet werden.
In einem Test hat auch die Verbraucherzentrale NRW Verpackungen untersucht, die auf den ersten Blick besonders nachhaltig erscheinen, zum Beispiel Bio-Milchkartons mit brauner Färbung. „Bei solchen Produkten vermuteten die Verbraucher, dass die Verpackung anschließend ins Altpapier gehöre. Dabei handelt es sich bei Getränkekartons um Verbundstoffe, die im Gelben Sack entsorgt werden müssen“, sagt Verbraucherschützer Philip Heldt. In manchen Fällen gebe es auch überflüssige Verpackungen, etwa bei einer Zahnpastatube, die von einem Karton umhüllt wird.
Der ökologische Eindruck ist wichtig, wenn man verkaufen will. 62 Prozent der Deutschen haben sich laut einer Befragung von "Pro Carton" schon einmal für eine andere Marke entschieden, weil sie Bedenken wegen der Verpackung hatten. Bei den 22- bis 28-Jährigen waren es fast 80 Prozent. Ein Fünftel der europaweit Befragten hält mehr Recycling für eine gute Möglichkeit, den Klimawandel zu bekämpfen. Und mehr als drei Viertel der europaweit Befragten sind bereit, einen Aufpreis von bis zu 20 Prozent für nachhaltigere Verpackungen zu zahlen.
Übrigens: Die Pflicht, Verpackungen zu recyceln, besteht in Deutschland schon seit Jahren. Seit Januar müssen laut Gesetz 90 Prozent der Verpackungen aus Glas, Aluminium und Metall sowie Papier, Pappe und Karton wiederverwertet werden. Dies gilt außerdem für 80 Prozent der Getränkekartons und 63 Prozent der Kunststoffverpackungen. Wer also mit recyclingfähigen Flaschen oder Behältern wirbt, verweist im Zweifelsfall lediglich auf die Erfüllung seiner rechtlichen Pflicht.