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Offshore Terminal Bremerhaven Reaktionen und Pläne nach Aus für Spezialhafen

Auch ohne den bislang geplanten Spezialhafen soll Bremerhaven durch Alternativen vom zu erwartenden Ausbau der Windenergie auf hoher See profitieren.
03.11.2021, 19:07 Uhr
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Von Peter Hanuschke Florian Schwiegershausen

Windstrom von hoher See wird in den kommenden Jahrzehnten ein wichtiger Teil der Energiewende sein. Von diesem Boom wird das geplante Offshore Terminal Bremerhaven (OTB) als Umschlagshafen für Windenergieanlagen nicht profitieren können. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Bremen hatte den Planfeststellungsbeschluss aus dem Jahr 2015, wie berichtet, am Dienstag für unwirksam erklärt. Dennoch hat die Seestadt nicht die Hoffnung verloren, den Offshore-Boom für sich zu nutzen. Die gescheiterten Pläne für den 180 Millionen teuren OTB waren an diesem Mittwoch auch Thema im Hafenausschuss.

"Für mich geht es jetzt darum, nach vorne zu schauen und die Kompetenzen Bremerhavens im Bereich der Offshore-Windenergie zu nutzen und auszubauen",  sagte Melf Grantz (SPD) dem WESER-KURIER. "Dafür erwarte ich konkrete Vorschläge des Landes mit entsprechender Finanzierung", so der Oberbürgermeister, für den nach eigener Aussage die Entscheidung des OVG nicht überraschend gekommen war. "Wir werden uns auch weiter deutlich im Bereich von Green Economy mit Kompetenz für grünen Wasserstoff profilieren. Dazu benötigen wir auch die Unterstützung des Landes Bremen, das ich auch in der Pflicht sehe, die Häfen zu modernisieren und für schwerlastfähige Kajen zu sorgen."

"Wir wollen weiterhin Möglichkeiten in Bremerhaven schaffen, die die Region in die Lage versetzen, von den erwarteten Ausbaumengen im Offshore-Bereich zu profitieren", sagte Tim Cordßen-Ryglewski (SPD), Staatsrat im Häfenressort. Der OTB sei dabei natürlich ein wichtiger Baustein gewesen. Man werde alternative Standorte suchen und finden, die seeschifftiefes Wasser als auch Schwerlastfähigkeit beinhalten. Ganz bei null fange man da nicht an. 

Ein Grund, weshalb das Aus für den einen oder anderen nicht überraschend gekommen sein mag, wird unter anderem daran liegen, dass die einst positive Berechnung der Wirtschaftlichkeit für den OTB von der späteren Entwicklung eingeholt wurde: Sie beruhte auf die beiden einzigen in Bremerhaven ansässigen Windkraftanlagenhersteller Adwen und Senvion und auf deren künftigen Perspektiven am Markt - beide Unternehmen sind inzwischen insolvent.

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Dass die Bundesregierung die Offshore-Ausbauziele im vergangenen Jahr von 15 auf 20 Gigawatt (GW) bis 2030 und auf 40 GW bis 2040 rauf gesetzt hat, gibt der Branche insgesamt einen Schub. Doch inwieweit Bremerhaven das nutzen kann, ist offen. Was immer wieder als ein mögliches neues Geschäftsfeld genannt wird, hat nichts mit dem Auf-, sondern mit dem Abbau zu tun: Denn die technische Haltbarkeit von Offshore-Windrädern wird lediglich auf 20 bis 25 Jahre geschätzt.  Danach werden die Anlagen entweder runderneuert und verstärkt (Repowering) oder komplett zurückgebaut und entsorgt - ein Geschäft, das in Deutschland in etwa zehn Jahren in Gang kommen könnte und für das auch entsprechende Schwerlastkajen benötigt werden.

Die FDP-Fraktion machte im Hafenausschuss deutlich, dass für sie die Pläne zum Bau des OTB schon länger gescheitert waren: "Der OTB ist eine Geschichte von Pleiten, Pech und Pannen", sagte Hauke Hilz (FDP). "Man hat sich früh auf den falschen Standort festgelegt und ihn unnötig eingeschränkt allein auf Offshore." Bremerhaven tue gut daran, High-and-heavy-Cargo auch in Zukunft zu verladen. Die FDP hat zum OTB-Urteil eine Aktuelle Stunde für die nächste Bürgerschaftssitzung in zwei Wochen beantragt.

Häfensenatorin Claudia Schilling (SPD) sagte zum OTB-Urteil im Hafenausschuss: „Das Urteil des OVG hat uns irritiert. Wir haben unsere Argumente ausführlich vor Gericht vorgetragen." Man halte gerade jetzt in diesen klimapolitisch bewegten Zeiten den Bedarf für einen OTB für unbedingt gegeben. Die Koalitionäre der wahrscheinlichen neuen Bundesregierung in Berlin setzten auf einen massiven Ausbau der Windenergie. "Bremen wäre gerne mit einem OTB dabei, wenn es um den dafür benötigten Ausbau von Infrastruktur geht, ohne den dieses große ökologische Vorhaben Berlins nicht umgesetzt werden kann." Claudia Schillings Eindruck: "Das Gericht hat sich mit unseren vielfältigen Argumenten nur oberflächlich auseinandergesetzt." Wenn die schriftliche Urteilsbegründung vorliege, "werden wir danach entscheiden, ob wir Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einlegen.“

Die Fraktion Die Linke ließ mitteilen, "das der OTB schon lange tot ist, nun ist es amtlich." Neue Hafenanlagen müssten den erkennbaren und erwartbaren Bedarf der ansässigen Produktion folgen und dürften nicht rein spekulative Investitionen sein. Das habe das Gericht endgültig klargestellt und damit auch "unsere langjährige Kritik an den Planungsgrundlagen des Millionenprojekts bestätigt", sagte Fraktionsvorsitzender Nelson Janßen. "Bereits in den Koalitionsverhandlungen hatte die rot-grün-rote Regierungskoalition entschieden, dass das OTB-Projekt nicht mehr aktiv betrieben wird. Die angesparten Rücklagen sollen entsprechend für andere Projekte aufgelöst werden, die Bremerhaven und den Häfen tatsächlich nützen." Das sei eine weise Entscheidung gewesen, die auf der Linie der jetzigen Einschätzung des Gerichts liege, sagte Janßen abschließend.

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