Gelbe Rundumleuchten blitzen über das Vorfeld des Bremer Flughafens, als sich der Konvoi mit dem ESM-2-Modul um kurz vor Mitternacht der Antonow-Frachtmaschine nähert. "Die sind aber früh dran", stellt Flughafensprecherin Andrea Hartmann fest. Der Schwertransport und weitere mit technischer Ausrüstung beladene Lastwagen halten genau vor der Antonow 124-100, für die die komplette Südseite des Vorfeldes abgesperrt wurde. Bei einer Spannweite von 70 Metern sei das auch nötig, sagt Christian Knuschke, Betriebsleiter des Flughafens.
Sicherheitsmitarbeiter achten penibel darauf, dass niemand Unbefugtes in die Bannmeile um die Maschine hineintritt. Umgekehrt gilt: Niemand, der sich in diesem Bereich aufhalten darf, soll ihn verlassen. "Die gelbe Linie dürfen wir nicht übertreten, dahinter ist ein anderer Sicherheitsbereich", erklärt Knuschke und deutet auf die Markierung auf dem Boden.
Beim Anblick des ESM-Moduls, auf dessen Frachtcontainer groß das Logo der Orion-Raumfahrtmission prangt, sagt Knuschke: "Einen Flug zum Mond zu unterstützen ist für uns als Flughafen schon etwas Besonderes." Mit der Verladung würden Raumfahrt und Luftfahrt zusammengeführt. "Da bin ich Aviator durch und durch", sagt der Luft- und Raumfahrtingenieur. Die Antonow, erklärt Knuschke, sei als sowjetischer Truppentransporter konzipiert worden: "Damit wird alles transportiert, was besonders sperrig ist."
Und sperrig ist das ESM-Modul: Mit vier mal vier Metern passt es nicht in ein normales Flugzeug. "Das Modul an sich wiegt etwa dreieinhalb Tonnen, mit dem Transportsystemen sind es allerdings insgesamt 14 Tonnen", sagt Rachid Amekrane, Integrationsmanager bei Airbus. Das Modul werde gefedert gelagert. Der Container ist mit Temperatur- und Schocksensor, die jede Erschütterung und Temperaturschwankung aufzeichnen, ausgerüstet. Außerdem werde das Modul in einer eigenen Temperaturatmosphäre von konstant 20 Grad gehalten.
Pünktlich um Mitternacht öffnet die russische Crew der Antonow die riesige Bugklappe. "Bei geöffneter Klappe senkt die Maschine den Bug ab und fährt eine Laderampe aus", sagt Knuschke. Außerdem befände sich am Heck eine zusätzliche Ladeöffnung.
"Über die Bugklappe wird das Modul in die Maschine geladen, über die Heckklappe folgt dann die technische Ausrüstung", erklärt der Betriebsleiter. Währenddessen beginnt die russische Flugbesatzung, zusätzliche Ladeschinen aufzubauen. Mitarbeiter von Airbus und der Kranfirma, die das tonnenschwere Modul auf die Ladeschinen heben sollen, wuseln um die Antonow herum und bereiten das Verladen der Raumschiffbauteils vor. Für einiges Schmunzeln sorgt ein Mitglied der Flugbesatzung. Er schreitet den weißen Frachtcontainer der Länge nach ab, um dann die Maße der Laderampen entsprechend anzupassen. "Airbus und die Nasa werden denen mit Sicherheit die millimetergenauen Maße mitgeteilt haben", meint Knuschke und muss selbst ein wenig lachen.
Die Verladung des Moduls vom Tieflader auf die Laderampen des Flugzeuges verzögert sich allerdings erheblich. Um fünf Minuten nach drei Uhr senkt sich angespannte Stille über das Flughafenvorfeld. Das Modul ist von den "lebenserhaltenden Maschinen", wie der Betriebsleiter des Flughafens, Christian Knuschke, es nennt abgekoppelt und endlich am Kran befestigt. Ganz sachte schwebt es vom Lastwagen zur Laderampe. Hier beginnt für die Ladecrew nun die Millimeterarbeit. Nur wenige Zentimeter Luft bleiben zwischen dem weißen Container und der Kabinenwand. "Das Modul muss exakt auf die Schienen gesetzt werden, damit das hinterher auf das Verladesystem im Flugzeug passt", sagt Knuschke. Dieser Prozess könne mehrere Stunden dauern.
Das ESM-Modul tritt seine Reise zum Kennedy Space Center in Florida in Etappen an. Nach dem Start in Bremen geht es zunächst nach Hamburg zum Volltanken. "Der Flughafen ist mit seiner Startbahn ein wenig begrenzt, deswegen muss die Maschine mit weniger Sprit starten und dann in Hamburg auftanken", erklärt Rachid Amekrane.
Danach gehe es für die Antonow über den Atlantik. Ihr Ziel: Cape Canaveral. "Die Antonow landet auf derselben Landebahn wie früher die Spaceshuttles", bemerkt Amekrane. Am frühen Mittwochmorgen ist es dann geschafft: Das Modul ist sicher im Bauch der Antonow verpackt. Um 10 Uhr hebt die Maschine ab und nimmt Kurs auf Hamburg.