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Rettungsplan Gläubiger geben Karstadt noch eine Chance – was passiert in Bremen?

Die Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof wird vorerst weiter bestehen. Die Gläubiger haben auf den allergrößten Teil ihrer Forderungen verzichtet. Doch was passiert mit der Filiale in Bremen?
27.03.2023, 20:11 Uhr
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Gläubiger geben Karstadt noch eine Chance – was passiert in Bremen?
Von Jürgen Hinrichs

Die Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof wird vorerst weiter bestehen. Das ist das Ergebnis einer Versammlung der Gläubiger des Unternehmens am Montag in Essen. Sie haben auf den allergrößten Teil ihrer Forderungen verzichtet, um den Betrieb in den Filialen sicherzustellen. Andernfalls wären die Niederlassungen – auch in Bremen und Oldenburg – binnen Tagen geschlossen worden.

Der Standort an der Weser steht allerdings nach wie vor auf Streichliste. Bliebe es so, würden in dem Gebäude in der Obernstraße Ende Januar kommenden Jahres die Lichter ausgehen und 231 Beschäftige ihren Arbeitsplatz verlieren. Noch aber wollen die Belegschaft und der Senat nicht aufgeben. "Die Gespräche laufen weiter", erklärt Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) gegenüber dem WESER-KURIER.

Am 13. März hatte Galeria mitgeteilt, 52 seiner 129 Filialen in Deutschland dichtzumachen. Betroffen gewesen wären nach Darstellung des Unternehmens rund 4000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wenige Tage später wurde die Entscheidung leicht modifiziert: Fünf der 52 Betriebe bekommen noch eine Chance, darunter der in Oldenburg.

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Bremens Hoffnungen richteten sich auf ein Treffen zwischen Kurt Zech, dem Eigentümer der Karstadt-Immobilie in der Obernstraße, und René Benko, zu dessen Signa-Gruppe Deutschlands letzte große Warenhauskette gehört. Die beiden Unternehmer lagen während der Immobilienmesse Mipim im Hafen von Cannes mit ihren Jachten Seite an Seite. Gefruchtet hat diese Nähe nicht, jedenfalls was Karstadt Bremen angeht. Die Vorstellungen, unter welchen Konditionen Benko bei Zech Mieter bleibt, lagen zu weit auseinander. Dem Vernehmen nach will die Signa-Gruppe 40 Prozent ihrer Ladenfläche aufgeben und die Immobilie eine Zeit lang mietfrei nutzen. Einigen müssten sich die Verhandlungspartner auch in der Frage, wer den Umbau bezahlt.

Nach Auskunft der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi gab es in Bremen in der vergangenen Woche Anhörungen des Betriebsrats zu den möglichen Kündigungen. Auch soll die Arbeitgeberseite Vorschläge gemacht haben, innerhalb des Konzerns den Arbeitsplatz zu wechseln. Verdi-Sekretär Tobias Uelschen hält das – abgesehen von den Härten, die entstehen könnten, wenn damit eine sehr lange Anfahrt verbunden wäre –, für einen untauglichen Weg: "Da gerät man von einer Falle in die andere, denn in den Filialen, die nicht geschlossen werden, wird mit Sicherheit Personal abgebaut."

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Bremens Karstadt-Betriebsratsvorsitzende Sabine Dziadek bekräftigt auf Nachfrage, dass sie noch Hoffnung habe: "Das ist mein Bauchgefühl." Die Zustimmung der Gläubiger sei ein Meilenstein für das gesamte Unternehmen. Dziadek hatte angekündigt, zu kämpfen, nachdem die Schließungspläne bekanntgeworden waren. Das Bremer Haus gehöre zu den größeren im Konzern und habe gute Ergebnisse abgeliefert, betonte sie. Nach der Corona-Krise seien die Geschäfte wieder ordentlich angelaufen.

Der Insolvenzplan für Galeria, dem die Gläubiger zugestimmt haben, ist vom Sanierungsexperten Arndt Geiwitz und der Unternehmensführung ausgearbeitet worden. Geiwitz sprach davon, dass der Konzern nun beste Chancen für eine Rückkehr in die Erfolgsspur habe. Entscheidend sei, dass das Konzept vom Management und den Eigentümern zügig und konsequent umgesetzt werde.

Für die Gläubiger bedeutet der Schritt den Verzicht auf einen Großteil des Geldes, das ihnen der Warenhauskonzern schuldet. Insgesamt müssen Lieferanten, Vermieter und sonstigen Gläubiger nach Angaben von Geiwitz auf mehr als 1,3 Milliarden Euro verzichten. Sie werden nur zwei bis 3,5 Prozent ihres Geldes erhalten. Auch der Bund, der Galeria in der Corona-Pandemie mit rund 680 Millionen Euro unter die Arme gegriffen hatte, wird nach eigener Darstellung einen „Großteil der Summe“ abschreiben müssen.

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Den Gläubigern blieb trotz der hohen finanziellen Einbußen kaum eine andere Wahl, als dem Plan zuzustimmen. Bei einer Ablehnung des Insolvenzplans hätten sie wohl überhaupt nichts von ihrem Geld wiedergesehen. Bei einer Weiterführung können sie dagegen – auch dank eines Millionen-Zuschusses von René Benko – damit rechnen, zumindest einen kleinen Teil ihrer Forderungen bezahlt zu bekommen.

Galeria Karstadt Kaufhof hatte Ende vergangenen Jahres zum zweiten Mal innerhalb von drei Jahren Rettung in einem sogenannten Schutzschirmverfahren gesucht. Als Gründe nannte der Konzern die Folgen der Corona-Pandemie und des Ukrainekrieges. Das erste Schutzschirmverfahren hatte dem Unternehmen trotz der Schließung von rund 40 Filialen, dem Abbau von etwa 4000 Stellen und der Streichung von mehr als zwei Milliarden Euro Schulden nur vorübergehende Entlastung gebracht.

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