Seit gut fünf Jahren läuft im ZDF die Sendung "Bares für Rares" und hat inzwischen eine feste Fangemeinde. Dort wechselt Omas altes Geschirr den Besitzer, antike Gemälde oder Schmuck, deren Wert sich sonst schwer ermitteln lässt. Früher gab es dafür nur Antikläden, von denen einige ein leicht verstaubtes Image hatten. Dieses Prinzip von Kaufen und Verkaufen haben auch zwei Bremer aufgegriffen. Bei ihnen soll es alles andere als verstaubt zugehen. Sie setzen auf zwei schicke Läden, die optisch eher an Apple-Stores erinnern sollen: einen in der Nähe des Bremer Hauptbahnhofs und einen in Bremen-Nord.
Dort können die Kunden vor Ort gebrauchte Smartphones kaufen und verkaufen sowie Games, Fernseher, Tablets, Konsolen und Elektrowerkzeuge. Diese zwei Läden verbinden die die Start-Up-Gründer Simon und Benjamin Gabriel mit einem Onlineshop. So wollen sie jeweils die Vorteile miteinander vernetzen. Als Namen überlegten sie sich "My Swooop". "To swoop" ist das englische Wort für "Abstoßen". Ein drittes "O" kam noch hinzu – schließlich gehört ja als drittes noch Jan-Lucca Sielski dazu. 2011 gingen sie an den Start. Im vergangenen Jahr haben sie bereits einen Umsatz von knapp fünf Millionen Euro gemacht.
Wie haben sie das geschafft? Wer schon mal über den Online-Marktplatz Ebay oder über Ebay-Kleinanzeigen etwas verkauft hat, weiß, dass das mit Aufwand verbunden ist: Fotos machen, Preise verhandeln, sich mit dem Käufer einig werden, die Ware austauschen, und, und, und … „Es dauert einfach zu lange, Produkte bei Ebay einzustellen und einen Käufer zu finden“, sagt Simon Gabriel. Gemeinsam mit seinem Bruder Benjamin Gabriel und Jan-Lucca Sielski überlegte er, wie sie diesen Prozess einfacher gestalten können. Das war 2011 der Auftakt zu myswooop.de. Sie wollten für Kunden die Vorgänge vereinfachen, um gebrauchte Sachen zu Geld machen zu können.
Es war in Bremen-Nord, wo für die Jungunternehmer vor rund sieben Jahren alles anfing. Der Vater von Simon und Benjamin Gabriel hatte dort ein kleines Ladengeschäft erworben. Die Brüder witterten zusammen mit ihrem Schulfreund Jan-Lucca Sielski ihre Chance. Sie zogen selbst in den Shop ein, um Gebrauchtwaren anzubieten. Etwas Startkapital hatten sie. Doch das reichte nicht mehr für die Ware, weil es bereits für die Ladeneinrichtung drauf gegangen war. Zur Eröffnung stellten sie daher die eigenen Altgeräte ins Regal, damit es nicht leer wirkte.
"Es dauert einfach zu lange, Produkte bei Ebay einzustellen"
Doch irgendwann waren auch DVDs, Kameras und Smartphones in der Auslage. Denn damit lässt sich Geld verdienen. Laut einer repräsentativen Umfrage des IT-Branchenverbands Bitkom schlummern rund 124 Millionen alte Handys in den Schubladen der Deutschen. Die meisten Deutschen haben in ihren privaten Elektro-Friedhöfen sogar zwei oder mehr ungenutzte alte Handys herumliegen. Sielski sagt: „Daraus ergibt sich ein gigantisches Potenzial an gebrauchten Smartphones.“ Und da viele Kunden stets das neueste Modell kaufen, sieht der 27-Jährige darin „einen Markt, der nie ausstirbt“.
Im Gegensatz zu anderen Anbietern wollten es die Jungunternehmer besser machen. Das Herzstück des Unternehmens ist eine selbst geschriebene Software, die anhand verschiedener Datenquellen aus dem Internet die Ankaufspreise bestimmt. My Swooop kann nach nur wenigen Sekunden online und im Laden den Preis für Gebrauchtgeräte nennen. Käufer können wiederum Preise erzielen, die bis zu 70 Prozent gegenüber dem Neupreis niedriger seien.
Doch um sich im Onlinegeschäft gegen Branchenriesen wie Rebuy zu behaupten, brauchten sie selbst Wachstum. Es wurde dem Trio schnell klar, dass sie das nicht allein finanzieren können. „Ohne Wachstumskapital hätte der Umsatz nur deutlich langsamer gesteigert werden können“, so Sielski. Unterstützung kam vom Bremer Traditions-Handelsunternehmen Melchers. Das stieg 2014 mit ein und half beim Aufbau professioneller Strukturen. Bis 2016 wuchs der Umsatz um mehr als 200 Prozent. Sielski erinnert sich: „Da haben wir die Millionenmarke geknackt.“
Der Umsatz kommt nicht allein durch Ware von privat aus den eigenen Läden. Die Jungunternehmer haben auch Kooperationen mit Elektronikmärkten des Euronics-Händlernetzes. Inzwischen ist My Swooop auch Händler bei Amazon Prime und bei Ebay Wow. Ohne die Marktführer geht es also doch nicht. Bezahlt der Kunde die bestellte Ware bis 14 Uhr, wird sie noch am selben Tag verschickt. „Das verschafft uns als Händler mehr Aufmerksamkeit“, sagt Simon Gabriel.
Zusätzlich verdient das Start-Up mit Handyverträgen, Finanzierungen sowie Reparaturen und dem Verkauf von Garantien. Die eigenen Läden und die lokalen Kooperationen dienen heute vor allem als Differenzierungsmerkmal zur Konkurrenz. „Online ist unser Steckenpferd“, betont Gabriel.