Die Schaufenster in der Innenstadt sind weihnachtlich dekoriert und sollen Kauflaune verbreiten. Auffällig sind aber auch jene Geschäfte, in denen keine Angebote mehr angepriesen werden, in denen sich schon länger nichts mehr abspielt. Direkt neben dem Café Knigge ist ein solcher verwaister Laden zu finden. Seit dem Auszug von Kult vor ein paar Jahren steht das Geschäft leer – mitten in der Sögestraße.
Dirk Kühling ist als Abteilungsleiter im Wirtschaftsressort für den Einzelhandel zuständig. Aus seiner Sicht ist in der Stadt viel in Bewegung. Die Akteure seien heute in einem engeren Austausch miteinander. Es fänden intensive Gespräche mit Eigentümern und potenziellen Interessenten zu Flächen statt. „Da gibt es gerade über zehn Fälle, die ich Ihnen aufzählen könnte“, sagt Kühling bei einem Bummel durchs Zentrum.
„Wir begleiten solche Projekte“, sagt Kühling vor dem Schaufenster von Ulla Popken, wo es unlängst einen Wechsel gegeben hat. Auch bei diesem Leerstand sei die Wirtschaftsförderung im Hintergrund aktiv gewesen. Leerstand im Zentrum werde seitens der Stadt enger als sonst begleitet: Während der Pandemie konnten sich etwa Pop-up-Stores in bester Lage ausprobieren – und damit auch Leerstände behoben werden. Diese Formate stießen auf bundesweites Interesse. „Das Beheben von Leerständen ist ein Dauerlauf – kein Sprint. Wir haben uns dafür gut aufgestellt“, sagt Kühling. „Es sind schwierige Zeiten für die Innenstädte.“
Etwa 20 Geschäfte in Bremen stünden derzeit leer. In einigen Fällen liefen Projektentwicklungen im Hintergrund. So soll dem vorherigen Standort von C & A neues Leben eingehaucht werden. „An dieser Immobilie wird ganz konkret gearbeitet“, sagt Kühling. Natürlich gebe es auch Leerstand, der Resultat der schwierigen Zeiten sei. „Wir haben nach wie vor Umsatzverluste von etwa 25 Prozent im Vergleich zum Jahr vor der Pandemie.“ Die Frequenzen hätten sich wieder erholt, aber nicht die Kaufbereitschaft: „Die Leute halten ihr Geld zusammen.“
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Die Modekette Zara verließ die Bremer City, C&A zog in den Laden in der Obernstraße ein. Seither steht der alte C&A leer.
- Le Crobag ging aus der Pieperstraße weg, Ulla Popken kam dafür her.
- Kuscheltierhersteller Steiff verabschiedete sich am Schüsselkorb, dort sitzt nun mit Lotta & Leander wieder ein Geschäft für Kinder.

Vor Jahren zog das Modehaus Kult aus. Seither steht das Geschäft neben dem Café Knigge in der Sögestraße leer.
Was kann eine Stadt gegen Leerstand auf längere Zeit tun, wenn ein Eigentümer partout nichts unternimmt? Die Hürden sind hier hoch. „Man hat natürlich über das Baurecht Möglichkeiten“, sagt der Abteilungsleiter aus dem Wirtschaftsressort. „Dafür müssen aber wirklich Missstände vorherrschen – wie bei Schrottimmobilien. Außerdem ist das ein sehr scharfes Schwert.“ Das Ressort setze auf Gespräche. Damit habe man gute Erfahrungen gemacht.
Die Leerstandsquote in Bremen falle mit fünf Prozent niedriger aus als in anderen deutschen Metropolen mit 7,5 Prozent im Schnitt (Stand Mai). „Trotzdem macht uns das natürlich nicht glücklich.“ Längere Leerstände in der Sögestraße oder Obernstraße täten „besonders weh“. Die Situation in Bremen werde ständig erfasst – künftig digital. Bremen ist neben weiteren Städten Teil eines vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projekts: „Stadtlabore“. Es geht um die Entwicklung einer digitalen Plattform. Immobilieneigentümer sollen auf potenzielle Mieter stoßen – und umgekehrt. „Wir wollen im Grunde einen Hochzeitsmarkt organisieren“, sagt Kühling.
Was denken Experten aus der Immobilienwirtschaft? „Leerstand ist ein Problem“, sagt Jens Lütjen, der Chef des Unternehmens Robert C. Spies. Die Pandemie sei für Händler und Eigentümer eine „sehr harte Probe“ gewesen. Die Miethöhe und die -laufzeiten hätten sich in der Folge verändert. „Wir haben schon eine deutliche Flexibilisierung auf dem Markt gesehen“, sagt Lütjen. Einige Vermieter hofften jedoch, in bestehenden Strukturen bleiben zu können, was zu Leerstand führen könne.
In jüngster Zeit hätten mehrere Veränderungen dafür gesorgt, dass es für die Innenstadt eine Perspektive gebe, meint Lütjen. Er denkt unter anderem an die Pläne für den Domshof, an einen Standort der Universität im Zentrum, an das Balgequartier. „Die Politik bekennt sich mehr denn je zur City“, sagt Lütjen. „Es fehlen aber noch ein paar Puzzlesteine. Die Sicherheit und Sauberkeit in der Stadt muss sich verbessern. Es darf keine Angsträume geben. Sonst bleibt der Bremer in seinem Stadtteil.“

Das alte Zuhause von C&A in Bremen – ein prominenter Leerstand in der Stadt. "An dieser Immobilie wird ganz konkret gearbeitet", sagt der Abteilungsleiter des Bremer Wirtschaftsressorts Dirk Kühling jedoch zuversichtlich.
Kühling hält es für notwendig, dass die Stadt den Einzelhandel weiter unterstützt, um neue Konzepte auszuprobieren. Im Moment belasteten die Energiekosten. Zugleich seien die Baukosten gestiegen. Das alles mache nicht gerade Mut, etwas Neues anzufangen. Hier müsse gegengesteuert werden – und auch der Bestand dürfe nicht vergessen werden. „Wir wollen ihnen helfen, gut durch die Krise zu kommen. Damit erst gar keine Leerstände entstehen.“
Einen gewissen Leerstand findet er allerdings notwendig, weil der Raum für neue Formate und Geschäfte eröffne: „Wir brauchen den Aufbruch.“ Eine Quote von drei Prozent sei „ein gesunder Leerstand“.