Abgemachte Termine werden nicht eingehalten, und bei der Kundenhotline dauert es bis zu 20 Minuten, bis dort ein Mitarbeiter dran geht. Genau 797 Beschwerden hat die SWB-Tochter Wesernetz deshalb bezüglich der laufenden Umstellung auf H-Gas annehmen müssen. Zuvor hatten sich auch zahlreiche Leser beim WESER-KURIER darüber beschwert. Wesernetz bittet die Kunden nun um Entschuldigung für die Unannehmlichkeiten. Sprecher Friedhelm Behrens sagte: „Das ist für jeden einzelnen ärgerlich, aber auch für uns.“ Bei bisher 75.000 Hausbesuchen liege die Zahl der Beschwerden bei insgesamt 1,1 Prozent.
Seit August 2016 ist die SWB-Tochter Wesernetz in Bremen mit der Umstellung vom energieärmeren L-Gas auf das energiestärkere H-Gas beschäftigt. In insgesamt 170.000 Haushalten im kleinsten Bundesland müssen Gasthermen oder Herde umgerüstet werden. Nötig ist dies, weil die L-Gas-Vorkommen in Deutschland und den Niederlanden immer weiter zurückgehen. Das H-Gas kommt vor allem aus Norwegen, Russland und Großbritannien. Der Versorger EWE Netz will im Weser-Elbe-Gebiet Ende 2018 mit der Umstellung bei insgesamt rund 600.000 Kunden beginnen.
Zu Beschwerden in Bremen, dass Monteure nicht zum vereinbarten Termin kämen, sagte der Projekt-Koordinator Johannes Himmel von Wesernetz: „Wer uns immer wieder mal einen Strich durch die Rechnung macht, sind die Hersteller der umzustellenden Geräte.“ So seien nötige Ersatzteile teilweise nicht zum vereinbarten Termin geliefert worden. In der Kürze der Zeit habe man manche Kunde nicht mehr rechtzeitig verständigen können.
Probleme hat Wesernetz offenbar auch mit der Software für die Kundenhotline. Um gegen die Flut der Kundenanfragen und Beschwerden anzukommen, sollen sich nun zehn zusätzliche Mitarbeiter um die Hotline und weitere zehn Mitarbeiter um das Backoffice kümmern. Himmel bittet die Kunden um Verständnis: „Das kann noch einige Wochen dauern, und auch bei der Hotline kann es immer wieder mal zu Spitzen kommen, wo es länger dauert.“ Lange Wartezeiten am Kundentelefon entstünden erfahrungsgemäß am Montag als erster Werktag nach dem Wochenende. Schneller gehe es am Telefon derzeit vor allem Mittwoch bis Freitag in den Vormittagsstunden.
Komplikationen in den Wintermonaten vermeiden
Da sich Wesernetz bei der Umstellung vom Bremer Süden in den Norden vorarbeitet und 2016 in Mahndorf begonnen hatte, sind nun die bevölkerungsreicheren Stadtteile an der Reihe. Die Termine stehen fest, ab wann in welchem Stadtteil H-Gas durch die Leitungen fließen wird. Im Oktober ist Osterholz an der Reihe. Erst im März folgen weitere Stadtteile. „Wir wollen in den Wintermonaten Komplikationen vermeiden, sodass niemand in einer kalten Wohnung sitzen wird“, so Sprecher Friedhelm Behrens.
Zuerst werden die Geräte erfasst. Wenn eines davon fit gemacht werden muss für H-Gas, ist ein zweiter Termin notwendig, um es nachzurüsten. Dafür hat Wesernetzinsgesamt 60 Monteure im Einsatz, die zum Teil von Subunternehmen stammen. „Womit wir auch nicht gerechnet haben, ist die Zahl der Kundenanfragen für einen Alternativtermin“, sagte Himmel. Im ersten Kontaktschreiben schlägt Wesernetz einen konkreten Termin vor. Der Kunde muss sich dann melden, wenn er einen Alternativtermin haben möchte. Bis zu neun Mal werde ein Kunde kontaktiert. „Fünf Prozent unserer Briefe kommen zurück, weil die Adressdaten nicht stimmen“, so Himmel.
Ob ein Gerät auf H-Gas umgestellt werden kann, ermittelt Wesernetz mithilfe des Handbuchs des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW). „Auch dieses Handbuch wurde in den vergangenen Jahren nicht so gepflegt, so dass Anzahl der Typen von anfangs 16.500 auf etwa 20.000 gestiegen ist“, sagte Himmel. Bundesweit seien die Netzbetreiber in Kontakt zu den Herstellern. Dies soll Ersatzzeile ermöglichen auch für bis zu 30 Jahre alte Geräte.
Etwa 1000 Geräte in Bremen konnten bisher nicht für das H-Gas angepasst werden. Behrens: „In solchen Fällen stehen wir in Kontakt mit der Verbraucherzentrale, die berät, wie sich etwa eine neue Gastherme finanzieren lässt.“ Bei 103 Gasanlagen gab es Mängel – auch weil der Kohlenmonoxidwert zu hoch war. In einem Fall wurde der Monteur mit der Waffe bedroht. Zweimal musste der Gerichtsvollzieher anrücken, um Zutritt in die Wohnung zu ermöglichen. 120 Wesernetz-Mitarbeiter sind mit der Umstellung beschäftigt. Bis 2021 soll dies abgeschlossen sein. Das Projekt kostet rund 70 Millionen Euro.