- Wie ist die Lage in Bremen?
- Wie sind die Bremer Zahlen zu bewerten?
- Welche Branchen sind von Betriebsaufgaben besonders betroffen?
- Warum gründen mehr Menschen in der Krise Unternehmen?
- Wie sind die Aussichten?
Schwaches Wirtschaftswachstum, fehlende Fachkräfte und Nachfolger, steigende Löhne, nach wie vor hohe Energiekosten und eine allgemeine Kaufzurückhaltung bei den Kunden sorgen dafür, dass in den ersten drei Quartalen dieses Jahres mehr Betriebe aufgegeben haben als im Vorjahreszeitraum. Gleichzeitig ist die Zahl der Unternehmensgründungen gestiegen. Das geht aus Daten des Bundesamtes für Statistik hervor.
Ganz konkret: 352.400 Gewerbeaufgaben bundesweit sind elf Prozent mehr als in den Monaten Januar bis September des vergangenen Jahres. 460.300 Neugründungen in diesem Zeitraum bedeuten eine Steigerung um 8,6 Prozent.

Wie ist die Lage in Bremen?
Der bundesweite Trend spiegelt sich in Bremen wider. Die Zahl der Insolvenzverfahren am Amtsgericht ist im ersten Halbjahr von 78 auf 137 gestiegen; allerdings stammen allein 58 Fälle davon aus Verfahren gegen Gesellschaften der Bremer Pflegeheim-Gruppe Convivo. Ein weiterer Indikator sind die Gewerbeabmeldungen. Bis September 2023 sind es 3437 gewesen, knapp 300 mehr als im Vorjahreszeitraum. In Niedersachsen lag die Zahl der Insolvenzen im ersten Halbjahr um 12,2 Prozent höher als zur selben Zeit 2022. Genau wie im Bundestrend sind die Gewerbeanmeldungen in Bremen gestiegen und zwar von 4611 auf 4931.
Wie sind die Bremer Zahlen zu bewerten?
„Es gibt noch keinen Grund, Panik zu machen“, sagt Peter Dahlke, Geschäftsführer bei Creditreform in Bremen, über die Geschäftsaufgaben, „wir kommen von sehr niedrigen Zahlen. Allerdings erleben wir gerade eine Trendumkehr und haben einen Anstieg auf das Vor-Corona-Niveau hinter uns.“ Es mache sich jetzt bemerkbar, dass staatliche Hilfsmaßnahmen aus der Corona-Zeit ausgelaufen seien. Von einer Pleitewelle wie zur Zeit der Finanzkrise 2007 und 2008 sei man noch entfernt. „Aber man muss die Entwicklung im Auge behalten, zumal die Krisenhäufigkeit in letzter Zeit zunimmt“, sagt Dahlke und verweist auf Pandemie, Inflation und den Ukraine-Krieg.
Von einer Trendumkehr spricht auch die Handwerkskammer, die inzwischen wieder mehr Aus- als Eintragungen in die Handwerksrolle verzeichnet. Zu den Gründen mutmaßt die Kammer: "Zum einen könnte eine Tendenz zu größeren Betrieben durch Firmenzusammenschlüsse für steigende Austragungen sorgen. Zum anderen könnte die allgemeine Verunsicherung über die wirtschaftliche Gesamtlage dazu führen, dass Handwerkerinnen und Handwerker, die in den vergangenen Jahren in die Selbstständigkeit gegangen sind, wieder in Angestelltenverhältnisse wechseln."
Welche Branchen sind von Betriebsaufgaben besonders betroffen?
Vor allem das Baugewerbe im Land Bremen (33 Insolvenzen gegenüber 14) und der Dienstleistungssektor (141 statt 82) bekommen die veränderten Rahmenbedingungen zu spüren. In der Dienstleistungsbranche treffe das steigende Lohnniveau, hervorgerufen durch den Anstieg des Mindestlohnes und höhere Tarifabschlüsse, besonders die personalintensiven Dienstleister. Relativ gleich geblieben sind die Insolvenzen im Handel, leicht gesunken sind sie beim verarbeitenden Gewerbe. Für die Gastronomie gilt laut Karsten Nowak, Geschäftsführer der Handelskammer: "Eine auffällige Zahl von Geschäftsschließungen hat sich in dieser Branche glücklicherweise nicht gezeigt, ist aber perspektivisch bei anhaltend erschwerten Bedingungen nicht auszuschließen."
Warum gründen mehr Menschen in der Krise Unternehmen?
„Besonders in schwierigen Zeiten beschäftigen sich die Menschen viel mit sich selbst und ihrem Arbeitsplatz. Sie denken über ihre Perspektiven nach und darüber, was sie selbst daran ändern oder neu aufbauen können“, sagt Ralf Stapp, Chef der Bremer Aufbau-Bank. „Krisen sind bei Unternehmen immer die Zeit der größten Innovationen.“ Nowak stimmt dem zu: „Der Mut zum Gründen steigt wieder.“
Die Aufbau-Bank berät unter anderem bei Neugründungen, bietet Seminare an, unterstützt und finanziert Vorhaben. „Wir haben mit dem dritten Quartal dieses Jahres bei den Anfragen und Beratungsgesprächen die Zahlen des gesamten Vorjahres schon erreicht. Der Trend ist steigend“, teilt die Bank mit. Bemerkenswert, so Stapp, sei die Qualität der Nachfrage. „Die Pläne und Ideen der Gründer sind sehr oft schon sehr konkret“, sagt er. Sehr gut aufgestellt sei Bremen bei Betriebsgründungen von Frauen, sie machen fast die Hälfte aller neuen Unternehmen aus.
Wie sind die Aussichten?
„Der Markt steht gerade mit Blick auf den Einzelhandel weiter unter Druck“, sagt IHK-Geschäftsführer Nowak. Der Facheinzelhandel habe mit dem Onlinehandel zu kämpfen, während gleichzeitig die Discounter ihre Sortimente ausbauten. Die Gastronomie leide nach wie vor unter dem Mangel an Arbeitskräften und der Konsumzurückhaltung der Gäste.
Besonders viel gegründet wird in Bremen im Dienstleistungssektor. „Über 40 Prozent der Gespräche bei unseren Beratungen machen diesen Bereich aus“, sagt Nowak. Bank-Chef Stapp sagt, dass sich bei Start-ups auch allgemeine Trends widerspiegeln. Beispiel: Künstliche Intelligenz. "In vielen Geschäftsmodellen spielt KI eine Rolle."