Das vergangene Jahr hat der Offshore-Industrie einen Rekord gebracht: Noch nie haben die Windparks auf See so viel Strom erzeugt wie 2017. Damit es in der Zukunft auch so bleibt, setzen Unternehmen aus der Branche auf Wachstum. Allen voran der Windparkprojektierer WPD. Laut einem Bericht sucht das Bremer Unternehmen nach Investoren, um Geld einzunehmen – von mindestens einer Milliarden US-Dollar (etwa 850 Millionen Euro) ist die Rede.
Die Nachrichtenagentur Bloomberg meldet, dass WPD verschiedene Optionen durchspielt: Demnach könnte das Unternehmen mit Sitz in der Überseestadt Anteile an einen Investor verkaufen, aber auch das gesamte Geschäft. Eine Transaktion sei aber nicht unbedingt zwingend, heißt es. Bloomberg bezieht sich auf Personen, die mit der Angelegenheit vertraut sind, aber nicht offen darüber reden dürfen. Auf Nachfrage des WESER-KURIER wollte sich das Unternehmen nicht dazu äußern.
Auch ohne das zusätzliche Geld aus dem Anteilsverkauf ist WPD schon jetzt ein wichtiger Akteur in der Branche. Das Unternehmen wurde 1996 von Gernot Blanke und Klaus Meier gegründet, beide sind noch heute für WPD aktiv, das mittlerweile ein europaweit führender Entwickler und Betreiber von Windparks ist. Diese finden sich auf Land, aber auch auf hoher See.
Dabei ist WPD nicht nur auf Deutschland oder Europa beschränkt. Projekte finden sich in vielen Teilen der Welt, dementsprechend gehören viele internationale Tochterfirmen zur Bremer Unternehmensgruppe. Erst kürzlich hat WPD einen großen Erfolg in Taiwan erzielt.
Viel Geld am Markt
Das Land ist flächenmäßig nicht größer als Baden-Württemberg, allerdings wohnen dort etwa 23,5 Millionen Einwohner. Und vor einigen Jahren hat der Inselstaat beschlossen, die Stromgewinnung auf dem Meer massiv auszubauen. WPD selbst ist mit einer Tochter auf der Insel vertreten. Vor einem Jahr betrieben die Bremer schon 17 Windparks entlang der Westküste Taiwans mit einer Gesamtleistung von knapp 380 Megawatt, weitere 520 Megawatt seien in Planung, hieß es damals. Nun hat WPD vor einem Monat auch die erste Ausschreibung für einen Offshore-Windpark gewonnen: Nach eigenen Angaben sollen sie zwei Projekte mit einer Gesamtleistung von 1000 Megawatt bauen, die bis Ende 2021 ans Netz gehen sollen. Nach Schätzungen des Fachportals Energie & Management könnte das Investitionsvolumen für beide Projekte zwischen vier und fünf Milliarden Euro liegen. In dem Bieterverfahren haben sie unter anderem Konkurrenten EnBW ausgestochen.
Durch die aktuell niedrigen Zinsen ist viel Geld am Markt. Investoren suchen immer nach Möglichkeiten, Kapital gewinnbringend anzulegen. Sollte es jedoch zur Wende kommen und die Zinsen wieder steigen, könnte sich das ändern. Der wichtigste Einfluss, den Zinssätze auf Fusionen und Übernahmen haben, ist der Preis, den ein Unternehmen zu zahlen bereit ist, um ein anderes Geschäft zu erwerben. Mit steigenden Zinsen steigen auch die Kreditpreise, um diese Geschäfte zu finanzieren. Daher ist der Zeitpunkt für Übernahmen momentan sehr günstig.
WPD entwickelt Kellogg-Areal
Warum WPD jetzt offenbar Anteile verkauft und neues Geld einsammelt, darüber kann spekuliert werden. Denkbar ist, dass das Unternehmen durch die Einnahmen sein Wachstum schneller vorantreiben möchte. Zu Beginn des Jahres hielt der Mittelständler eigene Windparks mit einer Gesamtleistung von 1600 Megawatt. Die Hälfte befindet sich in Deutschland, die andere Hälfte in anderen europäischen Ländern insbesondere Frankreich, Finnland, Kroatien sowie in Asien und Kanada.
Eine internationale Expansionsstrategie würde auch insofern passen, als sich die Rahmenbedingungen für den Windkraftausbau in Deutschland zuletzt verschlechtert haben. So wurden etwa die Ausbauziele für Strom vom Meer heruntergesetzt. Vor zwei Jahren warnte deshalb Klaus Meier im WESER-KURIER vor den Folgen: „Die Dänen machen das besser, die Holländer und die Engländer. Nur Deutschland fährt einen Zickzackkurs. Das wird sich rächen.“
Meier ist ein Pionier der Windkraft, hat sich früh auch schon für alternative Energiequellen interessiert. Vor seiner Karriere als Unternehmer und Manager hat Meier etwa gegen die Atomstandorte Brokdorf und Gorleben in den 1980er-Jahren demonstriert. Ihm ging es um regenerative Energien: Als junger Rechtsreferendar beriet er Bauern, die auf ihren Grundstücken Windräder errichten wollten.
Zuletzt hatte WPD aber nicht wegen des eigentlichen Geschäfts in Bremen auf sich aufmerksam gemacht. Das Unternehmen spielt eine entscheidende Rolle bei der Stadtentwicklung: WPD hat das Kellogg-Gelände übernommen und wird es nun weiterentwickeln. Zwei Schulen, viel Platz für Grün und unterschiedliche Wohnformen, aber auch alte Bestandsgebäude und Flächen für neue Unternehmen – das sind die Pläne, die der Windparkprojektierer mit seinen anderen Partnern für das 15 Hektar große Areal hat. WPD-Chef Meier will aus dem Gelände ein urbanes und nachhaltiges Quartier mit Vorzeigecharakter über die Region hinaus machen.